Detailseite
Projekt Druckansicht

Neue nanostrukturierte Materialien durch Defactants

Fachliche Zuordnung Herstellung und Eigenschaften von Funktionsmaterialien
Förderung Förderung von 2009 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 115547210
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen des Projektes wurde ein neu entwickeltes materialwissenschaftliches Konzept durch gezielte Experimente verifiziert. In dem Konzept wird die Energie ermittelt, die nötig ist, um die periodisch Anordnung der Atome im Kristallgitter des Materials zu unterbrechen. Das neue Konzept ist aus einer Verallgemeinerung eines bekannten thermodynamischen Gesetzes entstanden. In diesem stellt die Oberfläche eines Materials eine Diskontinuität dar und so wird z.B. eine dortige Anreicherung von Tensid-Molekülen die Bildungsenergie neuer Oberflächen herabsetzen, was auch als Absenkung der Oberflächenspannung bezeichnet wird. Diese spezielle Gesetzmäßigkeit ist allgemein bekannt und wird z.B. beim Waschen genutzt oder hilft beim Atmen die mit einem wässrigen Film bedeckte Oberfläche der Lungenbläschen mit geringem Energieaufwand zu vergrößern. In modernen Werkstoffen sind die Atome von vielen beteiligten Elementen oftmals in komplexer Weise angeordnet. Dabei können Abweichungen von einer idealen Gitteranordnung die Materialeigenschaften sowohl negativ als auch positiv beeinflussen. Diese Abweichungen werden - trotz eines möglichen positiven Einflusses - Defekte genannt. Solche Defekte - oder besser Diskontinuitäten genannt - entstehen z.B. wenn ein Atom aus dem Gitter entfernt wird und eine Leerstelle gebildet wurde. Weitere Diskontinuitäten sind Korngrenzen, das sind flächenförmige Defekte, an denen die Richtung der kristallinen Anordnung der Atome abrupt geändert wird. Will man nun solche positiv wirkenden Diskontinuitäten in einem Material gezielt oder verstärkt erzeugen, so bildet das oben genannte Konzept dafür die geeignete Grundlage. Danach erhöhen Legierungsbestandteile, die sich an den Defekten anreichern, die Bildungsrate der Defekte und behindern ihr Ausheilen. Beides führt zu einer größeren Defekt-Konzentration und der angestrebten Eigenschaftsverbesserung. Eine Erhöhung der Festigkeit kann z.B. durch eine höhere Konzentration an Korngrenzen erzielt werden. Inwieweit das auf alle Diskontinuitäten verallgemeinerte Konzept gültig ist und etwa bei der Entwicklung von Legierungen eingesetzt werden kann, wurde für verschieden Defekte untersucht. Dabei spielt z.B. die Erhöhung der Festigkeit von Materialien oder eine effizienten Wasserstoffspeicherung in Materialien eine zentrale Rolle. Das neue allgemeinere Konzept ermöglicht weiterhin, ein tieferes Verständnis für die Wechselwirkung von Legierungsatomen mit Defekten in der Materialstruktur zu erlangen. So konnte für das altbekannte Phänomen der Versprödung von Stählen durch Wasserstoff eine neue Betrachtungsweise angeboten werden, die viele experimentell ermittelte Zusammenhänge auf eine wissenschaftlich fundierte Grundlage stellen kann und deshalb auch zunehmend von der Fachwelt akzeptiert wird. Intensiv wurden auch linienförmige Defekte, wie die Stufenversetzungen, die die Grenzlinie einer in das kristalline Gitter eingeschobenen Halbebene bilden, untersucht. Die erwarteten positiven Festigkeitssteigerungen wurden im Projekt beispielhaft an nanokristallinen Eisen-Kohlenstofflegierungen und an stark verformten Palladium-Wasserstofflegierungen untersucht. Im ersten Fall werden durch Kohlenstoff sehr viele Korngrenzen erzeugt, so dass die kristallinen Bereiche zwischen den Grenzen nur wenig Nanometer groß sind. Dadurch wird die Bewegung von Versetzungen eingeschränkt und die Legierung gehärtet. Im zweiten Fall begünstigt der Wasserstoff die Bildung der Versetzungen und härtet so das Palladium. Das neue Konzept der Defektbildung durch Legierungsbestandteile lässt aber auch verstehen, warum sich Versetzungen in Gegenwart von Wasserstoff schneller bewegen und so das Voranschreiten eines Risses beschleunigen können. Dieser Effekt wird für die Wasserstoffversprödung von Metallen und den damit verbundenen Ausfall von Lagern großer Windkraftanlagen verantwortlich gemacht. Ein im Projekt angestrebtes grundlegendes Verständnis der atomaren Mechanismen könnte hier bei der Vermeidung der Wasserstoffversprödung hilfreich sein.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Revisiting hydrogen embrittlement models and hydrogen induced homogeneous nucleation of dislocations, Scripta Mater. 62 (2010) 67-70
    Kirchheim, R
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.scriptamat.2009.09.037)
  • Solid solution softening and hardening by mobile solute atoms with special focus on hydrogen, Scripta Mater.67 (2012) 767-770
    R. Kirchheim
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.scriptamat.2012.07.022)
  • Influence of hydrogen on the deformation morphology of vanadium (100) micropillars in the α-phase of the vanadium–hydrogen system, Scripta Mater. 68 (2013) 71-74
    Martin Deutges, Inga Knorr, Christine Borchers, Cynthia A. Volkert and Reiner Kirchheim
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.scriptamat.2012.09.020)
  • Nanocrystalline Fe–C alloys produced by ball milling of iron and graphite, Acta Materialia, 61 (2013) 3172-3185
    Y.Z. Chen, A. Herz, Y.J. Li, C. Borchers, P. Choi, D. Raabe, R. Kirchheim
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.actamat.2013.02.006)
  • Vacancy-carbon complexes in bcc iron: Correlation between carbon content, vacancy concentration and diffusion coefficient Scripta Mater. 69 (2013) 690-693
    T. Kresse, C. Borchers, R. Kirchheim
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.scriptamat.2013.08.001)
  • Hydrogen in Metals, in Physical Metallurgy 2014, Laughlin, D.E., Hono, K. (Eds.) pp. 2597–2705
    R. Kirchheim und A. Pundt
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/B978-0-444-53770-6.00025-3)
  • Segregation Stabilizes Nanocrystalline Bulk Steel with Near Theoretical Strength, PRL 113, 106104 (2014)
    Yujiao Li, Dierk Raabe, Michael Herbig, Pyuck-Pa Choi, Shoji Goto, Aleksander Kostka, Hiroshi Yarita, Christine Borchers, and Reiner Kirchheim
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.113.106104)
  • Chemomechanical Effects on the Separation of Interfaces Occuring during Fracture with Emphasison the Hydrogen-Iron and hydrogen-Nickel System. Acta Materialia 99 (2015) 87–98
    Kirchheim, R., Somerday, P.B., Sofronis, P.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.actamat.2015.07.057)
  • Hardening effects in plastically deformed Pd with the addition of H, Scripta Materialia 98 (2015) 48-51
    Y.Z. Chen, PhD; X.Y. Ma; X.H. Shi; T. Suo; C. Borchers; K.H. Zhang; F. Liu; R. Kirchheim
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.scriptamat.2014.11.012)
  • Hydrogen diffusivities as a measure of relative dislocation densities in palladium and increase of the density by plastic deformation in the presence of dissolved hydrogen, Acta Materialia 82 (2015) 266–274
    Martin Deutges, Hans Peter Barth, Yuzeng Chen, Christine Borchers and Reiner Kirchheim
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.actamat.2014.09.013)
  • Mechanisms of subgrain coarsening and its effect on the mechanical properties of carbon-supersaturated nanocrystalline hypereutectoid steel, Acta Materialia 84 (2015) 110-123
    Y.J. Li, A. Kostka, P. Choi, S. Goto, D. Ponge, R. Kirchheim, D. Raabe
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.actamat.2014.10.027)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung