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"Das Paradies ist anderswo". Deutsche Zukunftsvorstellungen in der "Dritten Welt" am Beispiel der sandinistischen Revolution in Nicaragua (1979-1990)
Antragsteller
Professor Dr. Martin Sabrow
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung von 2008 bis 2010
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 115548145
Das Projekt führt die im März 2008 begonnene Arbeit fort und untersucht in einer Fallstudie zu Nicaragua und beiden deutschen Staaten den Ideentransfer zwischen Europa und der „Dritten Welt" in der letzten Dekade des Ost-West-Konflikts. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung stehen gesellschaftspolitische Zukunftsvorstellungen und Utopien sowie die Leitfrage nach der wechselseitigen Beeinflussung, die aus dem Zusammentreffen von Idealen aus der sogenannten „Ersten" mit der „Dritten Welt" resultierte.Konkret fragt die Studie, inwieweit die Zukunftskonzepte der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront (FSLN) die Visionen und Ideale der so genannten Basisgruppen veränderten, die sich in der DDR und der Bundesrepublik unabhängig von der staatlich organisierten Hilfe (für die DDR gilt das mit Einschränkungen) zur Unterstützung der sandinistischen Revolution (1979-1990) gegründet hatten und inwieweit umgekehrt Vorstellungen dieser Gruppen Eingang in die nicaraguanischen Konzepte von einer „idealen" Gesellschaft (auf Erden) fanden.Die Untersuchung erfolgt für beide deutsche Staaten in vergleichender Perspektive. Einerseits soll so der Einfluss unterschiedlicher Sozialisations- und Systemerfahrungen auf die Herausbildung von Zukunftsvorstellungen sichtbar gemacht und andererseits systemübergreifende Schnittstellen verdeutlicht werden, die nicht zuletzt mit Blick auf die deutsche Geschichte nach 1989/90 von Interesse sind.Eine wichtige Kategorie des deutschen und nicaraguanischen Zukunftsdiskurses war Gewalt, denn die Gewaltexpansion im Verlauf der 1980er Jahre in Nicaragua selbst (Contra-Krieg, Miskito-Konflikt, Repression gegen Opposition) sowie in ganz Mittelamerika (u.a. Guerillabewegung in El Salvador, Guatemala) zwang die Akteure zu einer grundsätzlichen Positionsbestimmung. Die Studie untersucht, inwieweit politische Gewalt als Mittel zur Realisierung ideologischer Fernziele und Zukunftsvorstellungen (emanzipatorischer, humanistischer, demokratischer, sozialistischer, etc.) von den deutschen Basisgruppen legitimiert, hingenommen oder auch abgelehnt wurde. Die Arbeit argumentiert, dass sie bis 1990 ihre Überzeugung, gesellschaftspolitische Utopien überhaupt noch realisieren zu können - wenn nötig mit Gewalt - dauerhaft in die außereuropäische, namentlich die „Dritte" Welt verlagerten. Diese Projektfokussierung schließt an die aktuelle zeitgeschichtliche Forschungsagenda an, mit Utopien und Gewalt zwei Kategorien empirisch zu überprüfen, die sich für die Untersuchung des gesamten 20. Jahrhunderts eignen würden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen