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Erklärung von Geschlechtsunterschieden bei der Angabe von physischen und psychischen Symptomatiken

Fachliche Zuordnung Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie
Förderung Förderung von 2009 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 118926642
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen dieses Projektes wurde die Entwicklung von Geschlechtsunterschieden in den physischen und psychischen Symptomberichten im Übergang von der Kindheit zur Adoleszenz untersucht. Dafür wurde ein sehr breites Spektrum an möglichen Einflussfaktoren einbezogen. Neben der Schmerzsensitivität und dem Bewältigungsverhalten in stress- bzw. schmerzauslösenden Situationen bezogen sich diese auch auf Selbstbildaspekte wie die Selbstwirksamkeitserwartungen, das Geschlechtsrollenselbstkonzept sowie auf den Einfluss geschlechtstypischer Erwartungen. Dazu wurden in der Hauptstichprobe 1112 Kinder und Jugendliche von der vierten bis zur zehnten Klasse im Klassenverbund mit Fragebögen sowie in Einzeltestungen hinsichtlich ihrer Schmerzsensitivität untersucht. Die Untersuchungen wurden wie geplant zweimalig in einem Abstand von einem Jahr an 22 Schulen aller gängigen Schulformen durchgeführt. Zudem wurden nochmals 550 weitere Schüler der Klassenstufen 5, 7 und 9 bezüglich der spezifischen Fragestellung zu den Einflüssen geschlechtstypischer Erwartungen befragt. Weitere 412 Schüler der gleichen Klassenstufen wurden darüberhinaus in Vorstudien ebenfalls in Einzeltestungen zu spezifischen Fragenstellungen hinsichtlich der Schmerzsensitivität untersucht. Das Projekt konnte demnach weitestgehend wie geplant realisiert werden. Wenn man die Ergebnisse zusammenfasst, lässt sich konstatieren, dass insbesondere Coping-Variablen bei der Angabe von physischen und psychischen Symptomatiken eine bedeutsame Rolle spielen. Hervorzuheben sind hier Katastrophisierungstendenzen und eine ärgerbezogene Emotionsregulation. Die längsschnittliche Betrachtung verdeutlicht dabei, dass insbesondere von der Katastrophisierungstendenz eine Prädiktionskraft für nachfolgend erhöhte Symptomangaben ausgeht. Obwohl sich bei verschiedenen Bewältigungsstrategien Geschlechtsunterschiede nachwiesen ließen (wie beim kognitiven Problemlösen, beim Rückzug und bei der Suche nach sozialer Unterstützung), konnte der Einbezug dieser Copingvariablen jedoch nicht wesentlich zur Erklärung der Geschlechtsunterschiede in den Symptomangaben beitragen. Aus der Bedeutsamkeit von Katastrophisierungstendenzen und der ärgerbezogenen Emotionsregulation lassen sich Präventionsansätze für den Umgang mit physischen und psychischen Symptomatiken gewinnen. Das Geschlechtsrollen-Selbstkonzept konnte in der Hauptstichprobe zunächst nicht wesentlich zur Erklärung der Geschlechtsunterschiede beitragen. Die Ergebnisse der zusätzlichen Untersuchungen unterstreichen jedoch die Bedeutsamkeit von Gender-Aspekten in diesem Bereich. Es konnte nachgewiesen werden, dass hinsichtlich des Auftretens von Symptomatiken und des Bewältigungsverhaltens Geschlechtsstereotype bestehen, die sogar deutlicher als die tatsächlichen Geschlechtsunterschiede ausfallen, und die eigenen Angaben signifikant beeinflussen. Die Zusammenhänge zeigen sich bei der konstruktnahen Erfassung von Stereotypen, nicht jedoch bei der Erfassung von Stereotypen auf einer allgemeinen Ebene. Im Rahmen des Projektes konnten zudem wesentliche Erkenntnisse zur Entstehung von Geschlechtsunterschieden in der Schmerzwahrnehmung und möglicher Einflussfaktoren gewonnen werden. Während die bisherige Studienlage auf deutliche Geschlechtsunterscheide in der Schmerzwahrnehmung bei Erwachsenen hinwies, waren die Befunde im Kindes- und Jugendalter uneindeutig. Mit der experimentellen Erfassung der Schmerzwahrnehmung mittels der CPT an einer Stichprobengröße, wie sie bisher auch international noch nicht publiziert wurde, konnte nachgewiesen werden, dass sich ein Geschlechtsunterschied während der Pubertät entwickelt, der offenbar auf ein Absinken der Schmerzschwelle bei Mädchen zurückzuführen ist. Im Schmerzdurchhaltevermögen zeigt sich kein signifikanter Geschlechtsunterschied, obwohl sich eine Tendenz zugunsten der Jungen abzeichnete. Es konnten psychosoziale Einflussfaktoren (der Schmerzbewältigung und Selbstwirksamkeitserwartung) auf das Schmerzdurchhaltevermögen nachgewiesen werden, die möglicherweise zu dem Verschwinden von Geschlechtsunterschiede in dieser Phase beitragen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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