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Entstehungsmechanismen nicht-rekurrenter NF1 Deletionen

Fachliche Zuordnung Humangenetik
Förderung Förderung von 2009 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 123290546
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Mit diesem Projekt haben wir die mechanistischen Ursachen von atypischen großen NF1 Deletionen untersucht, die nicht-rekurrente Bruchpunkte aufweisen und nicht durch NAHR (nicht-allelische homologe Rekombination) verursacht werden. Solche nicht-rekurrenten genomischen Rearrangements vergleichbar den atypischen NF1 Deletionen kommen auch in anderen Genombereichen des Menschen vor, assoziiert mit verschiedenen Erkrankungen. Die aus unseren Studien an den NF1 Deletionen erhaltenen Ergebnisse sind auch für die Analyse möglicher Entstehungsmechanismen dieser Rearrangements von Bedeutung. Atypische NF1 Deletionen sind ein gutes Modell, um das Spektrum der mutagenen Mechanismen zu charakterisieren, die nicht-rekurrente Kopienzahl-Veränderungen im Genom hervorrufen können. Trotz der Seltenheit von atypischen NF1 Deletionen (etwa 1: 70 000) ist es uns gelungen, 19 dieser Deletionen untersuchen zu können. Unsere Analysen zeigten, dass diese sowohl durch Reparaturmechanismen von DNA Doppelstrangbrüchen, wie non-homologous end-joining (NHEJ), aber auch durch fehlerhafte DNA-Replikation bzw. Störungen bei der Replikation entstehen können. Letzteres schlossen wir aufgrund von kurzen Insertionen und Sequenzwiederholungen an den Bruchpunkten wie auch aus einzelnen Nukleotid-Veränderungen in Bruchpunkt-flankierenden Bereichen, die sehr wahrscheinlich durch Polymerase-Fehler entstanden sind. Obwohl die Mechanismen, die die atypischen NF1 Deletionen verursachen, heterogen sind, konnten wir eine Akkumulation von proximalen Deletions-Bruchpunkten in einer bestimmten, 45-kb umfassenden Region in 17q11.2 beobachten, dem Pseudogen SUZ12P. Die Instabilität in diesem Genombereich wird auch dadurch unterstrichen, dass wir zwei unabhängig voneinander entstandene Insertionen von SINE/VNTR/Alu (SVA) Retrotransposons an den Deletions-Bruchpunkten zweier nicht-verwandter Patienten mit atypischen NF1 Deletionen nachweisen konnten. Unsere Analysen belegen, dass diese SVA Insertionen zeitgleich mit den großen NF1 Deletionen von 1-Mb bzw. 870-kb entstanden sein müssen, während der frühen Embryonalentwicklung der Patienten. Die SVA Insertions-assoziierte Entstehung großer genomischer Deletionen ist ein neuer, bislang unbekannter Mechanismus, den wir mit unseren Arbeiten zu diesem Projekt zum ersten Mal beschreiben konnten. Wir haben hierzu ein Modell entwickelt, wie die SVA Insertions-assoziierte Entstehung großer Deletionen ablaufen könnte, auf der Basis der Target-Primed Reverse Transcription (TPRT), die durch die LINE 1 (L1) Protein-Maschinerie vermittelt wird. Bislang war bekannt, dass Retrotransposon Insertionen in das Genom des Menschen als solches mutagen sein können. Unsere Befunde zeigten, dass assoziiert mit der Insertion solcher Retrotransposons, wie den SVA Elementen, auch große genomische Deletionen entstehen können, die mehrere 100-Kb umfassen. Unsere Befunde legen es nahe anzunehmen, dass die SVA Insertions-assoziierte Deletions-Entstehung als ursächlicher Mechanismus auch für die Entstehung anderer genomischer Erkrankungen verantwortlich ist. Dies gilt sowohl für postzygotisch, wie auch meiotisch entstandene Deletionen. Atypische NF1 Deletionen haben sich somit also als sehr gutes Modell-System erwiesen, um die heterogenen Mechanismen nicht-rekurrenter Genom-Rearrangments zu charakterisieren.

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