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Charakterisierung von Photorezeptoren und nachgeschalteten Interneuronen des Polarisationssehsystems der Wüstenheuschrecke Schistocerca gregaria

Fachliche Zuordnung Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung Förderung von 2009 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 124027731
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Wüstenheuschrecken können wie andere Insekten auch das Polarisationsmuster des blauen Himmels wahrnehmen und nutzen es wahrscheinlich zusätzlich zum direkten Sonnenlicht zur Himmelskompass-Orientierung bei jahresperiodischen Wanderungen. Da es bisher nur unzureichende Kenntnisse zur Physiologie und Morphologie der beteiligten Sehzellen gab, wurden im vorliegenden Projekt die Photorezeptoren der vermuteten polarisationsempfindlichen dorsalen Randregion des Auges, sowie des übrigen Auges hinsichtlich Polarisationsempfindlichkeit, spektraler Empfindlichkeit und Sehwinkel untersucht. Zusätzlich wurde durch intrazelluläre Ableitungen die Signalverarbeitung in unmittelbar nachgeschalteten Interneuronen des 2. optischen Neuropils, der Medulla untersucht. Die Daten bestätigten die bisherigen Vermutungen, dass die dorsale Randregion des Auges ausschließlich Sehzellen mit hoher Polarisationsempfindlichkeit und Empfindlichkeitsmaximum im Blaulichtbereich besitzt. Damit wird in diesem Augenbereich auf Farbkodierung vollständig verzichtet. Überraschende Ergebnisse erbrachten die Vergleichsuntersuchungen zum übrigen Auge. Es gelang durch eine Kooperation mit einer japanischen Arbeitsgruppe, ein Opsin-Gen (UV Opsin) neu zu klonieren und die Verteilung der drei Opsine zu untersuchen. Zusammen mit den physiologischen Daten zeigten die Arbeiten, dass von den 8 Sehzellen jedes Ommatidiums (Facette) 5 Sehzellen zwei Opsine enthalten (Blau und Grün-Opsin), was überaus ungewöhnlich ist. Entsprechend zeigten diese Zellen breite Lichtabsorptionskurven und haben damit vermutlich eine besonders hohe Lichtausbeute, die bei solitären, nachtaktiven Tieren dazu geeignet sein könnte, ein Dämmerungssehen noch bei sehr geringen Lichtintensitäten zu ermöglichen. Die restlichen 3 Photorezeptoren enthalten Grün Opsin (2 Zellen) und – in verschiedenen Ommatidien stochastisch verteilt – UV und Blau-Opsin. Diese Sehzellen stellen vermutlich das Farbsehsystem der Heuschrecke dar. Die Untersuchungen an nachgeschalteten Interneuronen der Medulla lassen darauf schließen, dass diese bereits die Signale des Himmelspolmusters mit direkter Positionsinformation zum Sonnenstand integrieren und damit bereits auf sehr peripherer Ebene ein Himmelskompass-Signal erzeugen. Insgesamt haben die Arbeiten einen erheblichen Fortschritt zum Verständnis der Augenorganisation der Heuschrecke und peripherer visueller Verarbeitungsschritte zur Himmelkompass-Orientierung erbracht, die wesentlich dazu beitragen werden, den Grundbauplan des Appositionsauges von Insekten zu verstehen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2011) A distinct layer of the medulla integrates sky compass signals in the brain of an insect. PLoS one 6:27855
    el Jundi B, Pfeiffer K, Homberg U
  • (2011) A distinct layer of the medulla integrates sky compass signals in the brain of an insect. Proceedings, 9th Göttingen meeting of the German Neuroscience Society, Abstract T14-2A
    el Jundi B, Homberg U
  • (2013) Polarization vision in arthropods. In: Werner JS, Chalupa LM (eds) The new visual neurosciences. MIT Press, Cambridge, MA, pp 1207-1218
    Homberg U, el Jundi B
  • (2014) Integration of polarization and chromatic cues in the insect sky compass. J Comp Physiol A
    el Jundi B, Pfeiffer K, Heinze S, Homberg U
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00359-014-0890-6)
 
 

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