Adaptronische, hybridgelagerte Motorspindel zur prozessicheren und ratterfreien HPC-Fräsbearbeitung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Bei Hochgeschwindigkeitsfräsmaschinen ist heute nicht die Leistungsfähigkeit der Antriebe sondern die dynamische Stabilität des Prozesses bei vielen Fräsoperationen leistungsbegrenzend. Insbesondere bei der Volumenzerspanung (z.B. Integralbauteile im Flugzeugbau) stellen Ratterschwingungen in Folge instabiler Prozesszustände die Grenze der Steigerung der Produktivität dar. Die Grundlage für die Weiterentwicklung der Zerspantechnologie bilden zukünftig adaptronische Maschinenkomponenten. Mit diesen adaptronischen Systemen werden verschiedenartige Störeinflüsse, die sich negativ auf die Genauigkeit und die Produktivität der Werkzeugmaschine auswirken, neutralisiert. Dadurch wird es möglich werden, die stabil erreichbaren Bearbeitungsgrenzen durch aktive Maßnahmen zu höheren Bereichen hin zu verschieben. Im Rahmen der ersten Förderperiode wurde eine adaptronische, hybridgelagerte Motorspindel entwickelt. Die an dieser Spindel implementierten Identifikationsmethoden erlauben die Schätzung der Spindeldynamik und eine Rattererkennung während der Bearbeitung. Außerdem wurde für ausgewählte Betriebspunkte nachgewiesen, dass es mit Hilfe des integrierten Aktors möglich ist, Rattern zu unterdrücken und so den stabilen Betriebsbereich der Spindel hin zu größeren Schnitttiefen zu verschieben. Das grundsätzliche Ziel des Forschungsvorhabens war es eine herkömmliche Motorspindel mit klassischer Wälzlagerung um eine elektromagnetische Lagerung zu erweitern. Damit wurde das Ziel verfolgt, die Vorteile beider Systeme zu kombinieren und die Nachteile beider Lagerungsarten zu reduzieren. Die Vorteile der aktiven elektromagnetischen Lagerung liegen vor allem in der berührungslosen und daher reibungslosen Krafteinleitung. Weiterhin ist es durch die aktive Regelung des elektromagnetischen Aktors möglich, in begrenztem Rahmen beliebige Steifigkeits- und Dämpfungseigenschaften zu realisieren. Die Vorteile der Wälzlagerung bzw. der in Spindel verwendeten Schrägkugellager liegen in der hohen Steifigkeit und Präzision bei hoher Lebensdauer und Robustheit. Im Vergleich der Steifigkeiten zwischen Magnetlagern und Wälzlagern ist vor allem entscheidend, dass die mechanischen Wälzlager kein zeitlich verzögertes Verhalten (Bandbegrenzung) haben. Diese Bandbegrenzung liegt beim verwendeten Magnetlager bei ca. 1 kHz. Bei der zerspanenden Bearbeitung ist ein vorherrschendes Problem das Auftreten von unerwünschten großen Schwingungsamplituden oder grenzstabilem Prozessverhalten. Diese Betriebszustände sind zu vermeiden, da hier ein erhöhter Verschleiß und eine Reduzierung der Lebensdauer der Spindelkomponenten – allen voran der Lagerung – letztlich die Konsequenz ist. Durch den hier im Forschungsvorhaben verfolgten Ansatz, die Lagerungsarten zu kombinieren, wurde die Möglichkeit geschaffen, den Bereich stabiler Prozessparameter zu erweitern und mittels der inhärenten Sensorikfunktionalität des elektromagnetischen Aktors die Prozesssicherheit durch Überwachungsmaßnahmen zu erhöhen. Der Stand der Forschung und des Wissens zum Zeitpunkt der Antragstellung beschreibt zahlreiche Vorhaben, die sich mit der Vermeidung oder aktiven Dämpfung von unerwünschten Schwingungen, sogenanntes Rattern, bei der spanenden Bearbeitung beschäftigen. Bisher wurde allerdings noch nie der Ansatz verfolgt, Wälzlager und elektromagnetische Lager in einer Motorspindel mit den genannten Zielen zu kombinieren. Innerhalb des Forschungsprojekts wurde zunächst ein Demonstrator einer solchen hybrid gelagerten Spindel aufgebaut um daran erste Erkenntnisse zu sammeln. Bereits an diesem Demonstrator konnte die aktive Dämpfung des Zerspanungprozesses gezeigt werden, die eine Seite 6 Steigerung des Zeitspanvolumens um 40% ermöglichte. Aufbauend auf diesen Ergebnissen und Erfahrungen wurde eine Prototyp-Spindel gebaut, in die der zusätzliche elektromagnetische Aktor vollständig integriert war. An diesem System wurden dann die wesentlichen Inhalte Regelung des Aktors und Entwicklung von Diagnosefunktionalitäten im Betrieb realisiert und weiter optimiert. Die Herausforderung der Regelung des Aktors lag vor allem darin, dass die zu regelnde Strecke sich im Betrieb ändert. Maßgebliche Abhängigkeiten waren die Drehzahl, Temperatur und die Zustelltiefe im Bearbeitungsprozess. Um diese Probleme zu lösen, wurden Ansätze zur robusten Auslegung der Regelung verwendet und erprobt. Weiterhin wurden Regelungsstrategien entwickelt, die durch eine Art gemeinsame Nutzung mehrerer Regler für unterschiedliche Betriebspunkte auch große Änderungen des Streckenverhaltens berücksichtigen konnten. Um die Prozesssicherheit der Bearbeitung zu steigern wurden die Möglichkeiten genutzt, die der zusätzliche elektromagnetische Aktor bietet. Er wurde zur breitbandigen Erregung eingesetzt, um das dynamische Verhalten der Spindel während der Bearbeitung zu ermitteln. Basierend auf den inhärent vorhandenen Sensoren zur Messung der Wellenverlagerung wurden Berechungsverfahren entwickelt, die eine Abschätzung der Steifigkeiten aller Wälzlager in der Spindel erlauben. Diese Informationen dienen einer Überwachung der Lager. Darauf aufbauend können Maßnahmen getroffen werden, um eine Schädigung der Lagerung zu vermeiden. Am Ende des Forschungsvorhabens steht ein Prototyp einer hybrid gelagert Motorspindel zur Verfügung, an der die beschriebenen Funktionalitäten realisiert wurden. Als die zentrale Komponente einer modernen Werkzeugmaschine beeinflusst die Motorspindel sowohl das dynamische Systemverhalten, und somit die erreichbaren Fertigungsqualitäten, als auch den Verschleiß der Spindelkomponenten und Werkzeuge maßgeblich. Daher besteht ein großes wirtschaftliches Interesse, unerwünschte Schwingungen und Unsicherheiten während der Bearbeitung mit Motorspindeln zu vermeiden. Der entwickelte Prototyp einer hybridgelagerten Motorspindel bietet das Potenzial, die Wirtschaftlichkeit der zerspanenden Fertigung deutlich zu erhöhen. Gleichzeitig ist der Bedarf an einer zustandsbasierten Instandhaltung und vorausschauenden Wartung der zentralen Komponente Motorspindel einer modernen Werkzeugmaschine von großer Bedeutung. Hier können die erzielten Ergebnisse und Verfahren zur Erkennung von instabilen Prozessen und erhöhter Lagerbelastung einen Beitrag leisten, um Ausfälle und Kosten zu reduzieren. Die entwickelten Verfahren zum Betrieb der hybridgelagerten Motorspindel können in weiteren seriennahen Prototypen von Maschinen- und Motorspindelherstellern verwendet werden. Dafür wurden die Ergebnisse begleitend zu diesem Projekt auch in dem Industriearbeitskreis „Motorspindeln“ vorgestellt. Kritikpunkt am realisierten Konzept ist die Position des elektromagnetischen Aktors, die eine Verlängerung der Auskraglänge zwischen Werkzeugschnittelle und vorderstem Wälzlager bedingt. Dies resultiert in einer reduzierten Steifigkeit der hybrid gelagerten Spindel gegenüber einer vergleichbaren Spindel mit konventioneller Lagerung. Dieser Nachteil wird allerdings durch die aktive Steigerung der Dämpfung kompensiert. Für zukünftige Realisierungen einer hybrid gelagerten Spindel sollte die Position des Aktors nochmals überdacht werden. Die entwickelten Methoden und gemachten Erfahrungen zur aktiven Dämpfung lassen sich jedoch davon unabhängig direkt übertragen und nutzen. Ein ähnliches Konzept einer solchen Spindel wird derzeit am IWU Chemnitz in Zusammenarbeit mit der Industrie realisiert. Erfahrungen aus diesem Forschungsvorhaben wurden bereits weitergegeben.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Aktive Motorspindel stabilisiert den Prozess - Werkstatt und Betrieb, Hanser Verlag, November 2005, S. 22 ff.
Spieß, A.; Abele, E.; Nordmann, R.; Ehmann, C.; Roth, M.
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(2006), 'Electromagnetic Actuator for in Process Non- Contact Identification of Spindle-Tool Frequency Response Functions', Production Engineering : WGP, Springer Verlag, Heidelberg
Abele, E.; Kreis, M. & Roth, M.
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(2006), 'Vorteile durch kombinierte Wälz-Magnet-Lager', Produktion (33/34)
Abele, E. & Schiffler, A.
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Active Damping of Chatter Vibrations in High Speed Milling Using an Integrated Active Magnetic Bearing, Adaptronic Congress 2006; Conference Proceedings, Göttingen, 03.-04. Mai, 2006
Kern, S.; Roth, M.; Abele, E., Nordmann, R.
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Active Damping of Chatter Vibrations with an Active Magnetic Bearing in a Motor Spindle Using µ-Synthesis and an Adaptive Filter, The 8th International Conference on Motion and Vibration Control MOVIC, Daejeon, 27-30 August, 2006
Kern, S., Ehmann, C., Nordmann, R., Roth, M., Schiffler, A., Abele, E.
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(2007), 'Kombinierte Magnet-Wälz-Lager in Motorspindeln - Methoden und Vorteile durch den zusätzlichen Einsatz eines aktiven Magnetlagers', Werkstattstechnik online : wt, Springer VDI Verlag, Düsseldorf 97, 73-78
Abele, E.; Schiffler, A. & Rothenbücher, S.
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(2007), 'System identification during milling via active magnetic bearing', Production Engineering : WGP, Springer Verlag, Heidelberg
Abele, E.; Schiffler, A. & Rothenbücher, S.
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(2007), Online Diagnosis and Identification of High Accuracy HSC Machining Center, in 'Sixth International Conference on High Speed Machining'
Abele, E.; Kreis, M. & Schiffler, A.
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Adaptronische hybridgelagerte Motorspindel zur ratterfreien HSC-Bearbeitung, VDI Tagung Mechatronik, VDI-Berichte Nr. 1971, S. 307- 320, Wiesloch, 23.-24. Mai 2007
Kern, S., Schiffler, A., Nordmann, R. Abele, E.
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(2008), 'Modellbildung von Motorspindeln unter Betriebsbedingungen', Werkstattstechnik online : wt, Springer VDI Verlag, Düsseldorf 98, 15-23
Abele, E.; Kreis, M. & Schiffler, A.
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Gain-Scheduling Approaches for Active Damping of a Milling Spindle with Speed-Dependent Dynamics, The 9th International Conference on Motion and Vibration Control MOVIC, München, 15.-18. Sept. 2008
Kern, S., Schwung, A., Nordmann, R.
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Modelling and Active Damping of a Motor Spindle with Speed-Dependent Dynamics, 9th International Conference on Vibrations in Rotating Machinery, 08-10 Sept. 2008, The University of Execter
Kern, S., Schiffler, A., Abele, E., Nordmann, R.
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Variation of Eigenvalues of a HPC Motor Spindle due to Changing Axial Depth of Cut, in Proceedings of International Conference MATAR. Prague, 2008
Späh, B.; Kern, S. und Nordmann, R.
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Erhöhung der Prozessstabilität durch aktive Dämpfung von Frässpindeln mittels elektromagnetischer Aktoren, Dissertation TU Darmstadt, Shaker Verlag, Aachen, 2009
Kern, S.