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Taphonomische Untersuchungen von Rentiergeweihen in Westgrönland

Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2009 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 126158648
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Untersuchungen an rezentem westgrönländischen Rengeweihmaterial konnten grundlegende Erkenntnisse zur Taphonomie liefern: 1) Die durch die intravitale Nutzung des Geweihs entstandenen Brüche, Aussplitterungen und Kratzer lassen sich detailliert charakterisieren. Dadurch ist eine Unterscheidung zwischen natürlichen und anthropogenen Veränderungen an einer Geweihstange aus archäologischem Kontext möglich. Die (selten beobachteten) Brüche an im Gewässermilieu lagernden Geweihen sind vom Erscheinungsbild mit intravitalen Brüchen identisch und können nur mit Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten von diesen unterschieden werden. Dies hat für fluviatil beeinflusste archäologische Geweihkonzentrationen besondere Relevanz. 2) Der regelmäßig auftretende und regelhaft lokalisierte Verbiss an Geweihstangen ist deutlich als solcher erkennbar. Ähnlichkeit mit anderen Modifikationen besteht nicht. 3) Hinsichtlich der Oberflächenveränderung eines Geweihs in Folge von Verwitterung ist es möglich, diese mit den für Knochen erarbeiteten Stufen zu korrelieren. Geweih weist dieselben Stadien von Schuppen- und Rissbildung bis hin zum longitudinalen Zerfall auf. Das heißt, Geweihe und postkraniale Knochen verwittern gleich oder ähnlich. Keine Aussagen können darüber gemacht werden, wie lange derartige Verwitterungsprozesse dauern; hier muss je nach Lagerungsbedingungen des Einzelstücks mit erheblichen Schwankungen gerechnet werden. 4) Dank der durch die DFG geförderten Geländearbeiten steht nun ein Modell zur Beschreibung der Taphonomie von Rengeweihen in kontinentalem arktischen Milieu zur Verfügung. Dieses Modell wird nun im Rahmen der oben genannten Promotion auf andere archäologische Fundstellen, die Rengeweihe führen, angewendet. 5) Die vorgestellten Beobachtungen beziehen sich auf die speziellen naturräumlichen Verhältnisse des westgrönländischen Inlands. Um herauszufinden, ob sie sich verallgemeinern lassen, sind weitere Studien in anderen Gebieten wünschenswert, z. B. in der hocharktischen Klimazone mit extremeren Witterungsbedingungen und großen Karnivoren wie Wolf, Eisbär und Vielfraß, die Geweihe wesentlich stärker verbeißen können.

 
 

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