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Synergetisches Scaffolding zur Förderung mathematischer Argumentationskompetenz: Sequenzierung und Integration von heuristischen Lösungsbeispielen und Kooperationsskripts

Fachliche Zuordnung Allgemeines und fachbezogenes Lehren und Lernen
Förderung Förderung von 2009 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 127754019
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Am Übergang von der Schule zur Hochschule werden künftige Studierende der Mathematik vor große Herausforderungen gestellt, denn Mathematik an der Hochschule ist durch eine substanziell andere Arbeitsweise gekennzeichnet, die vielen Lernenden Probleme bereitet. Dazu gehört vor allem das Argumentieren und Beweisen. Es stellt an der Hochschule eine zentrale Tätigkeit dar, wird jedoch in der Schule nur wenig vorbereitet. Das Projekt ELK-Math untersuchte Möglichkeiten, mathematische Argumentationskompetenz zu Beginn des Studiums zu fördern. Die Ergebnisse des Projekts zeigen, dass mathematische Argumentationskompetenz mindestens aus einer individuell-kognitive Komponente, die sich etwa auf den Umgang mit konkreten mathematischen Inhalten bezieht, und einer sozial-diskursiven Komponente besteht, die nötig ist, um die konkreten mathematischen Inhalte gemeinsam erfolgreich zu strukturieren, zu kommunizieren und zu evaluieren. Zur Förderung beider Komponenten mathematischer Argumentationskompetenz wurden die Effekte von zwei Unterstützungsmaßnahmen untersucht. Heuristische Lösungsbeispiele zeigen Lernenden einen Lösungsweg eines fiktiven Lernenden. Dabei wird insbesondere die strategische Herangehensweise an das mathematische Problem geschildert und die individuell-kognitive Komponente mathematischer Argumentationskompetenz adressiert. So soll sichergestellt werden, dass Lernende den Lösungsweg auch auf unbekannte Probleme übertragen können. Die Förderung der sozial-diskursiven Komponente wurde durch Kooperationsskripts angestrebt. Dabei wird der Argumentationsprozess zwischen den Lernenden so strukturiert, dass etwa gezielt das Aufstellen von Behauptungen, das Sammeln und das Evaluieren der Argumente angeregt wird. Die beiden Unterstützungsmaßnahmen wurden in realistischen Feldstudien in einem kooperativen Lernsetting mit jeweils zwei Lernenden eingesetzt. In allen Studien wurden vor und nach der Intervention beide Komponenten mathematischer Argumentationskompetenz gemessen. Darüber hinaus wurden zahlreiche individuelle Voraussetzungen sowie Prozessdaten erfasst. Über die insgesamt sechs empirischen Studien zeigten sich zunächst die erwarteten positiven Effekte der beiden Unterstützungsmaßnahmen nur für Lernende mit vergleichsweise günstigen Lernvoraussetzungen (Vorwissen, Arbeitsgedächtniskapazität). Hintergrund dafür könnten die vielfältigen Anforderungen an den eigenen Lernprozess im Kontext des Übergangs in einen neuen Bildungskontext sein, die es insbesondere Lernenden mit ungünstigen Lernvoraussetzungen erschwert, Unterstützungsmaßnahmen produktiv zu nutzen. Die Studien zeigen weiter, dass ein positiver Effekt der Kombination der beiden Unterstützungsmaßnahmen nicht pauschal erfolgt. Synergetische Scaffoldingeffekte konnten bei einer gleichzeitigen Präsentation der beiden Unterstützungsmaßnahmen kaum gefunden werden. Ähnliches zeigte sich für verschiedene Varianten einer zeitversetzten Kombination, wobei deren Effektivität zumindest für den Erwerb von bestimmten Teilkompetenzen und bei Vorliegen spezifischer Lernvoraussetzungen (insb. Shifting-Fähigkeit) demonstriert werden konnte. Dass adaptierbare Unterstützungsmaßnahmen vergleichbare Effekte wie kontinuierlich verfügbare Maßnahmen erzielen, erscheint insofern als bedeutsam, als dass eine allzu strikte Vorgabe von Unterstützungsmaßnahmen offenbar nicht immer nötig zu sein scheint. Mit anderen Worten scheinen Lernende von der Möglichkeit einer selbstgesteuerten Anpassung zumindest nicht beeinträchtigt zu werden; Lernende mit spezifischen Lernvoraussetzungen können von dieser selbstgesteuerten Anpassung im Hinblick auf ihren Lernerfolg mehr profitieren als andere. Auf forschungsmethodischer Ebene liegen die Haupterträge des Projekts ELK-Math insbesondere in der Entwicklung von objektiven, reliablen und validen hoch- und niedrig-inferenten Instrumenten zur Messung von unterschiedlichen Facetten mathematischer Argumentationskompetenz. Auf theoretischer Ebene tragen die Ergebnisse des Projekts dazu bei, die Bedingungen, unter denen synergetische Scaffoldingeffekte beobachtet bzw. nicht beobachtet werden können, besser verstehen zu können. Hierbei erwiesen sich einerseits die konkrete Gestaltung dieser Kombination und andererseits spezifischer lernerseitige Voraussetzungen als bedeutsam. Das Projekt hat zudem wesentlich zur Theorieentwicklung bezüglich aller verwendeten grundlegenden Modelle beigetragen. Neben der empirischen Validierung der Differenzierung zwischen einer individuell-kognitiven und einer sozial-diskursiven Komponente mathematischer Argumentationskompetenz wurde zudem das dem entwickelten Testinstrument für individuell-kognitive mathematische Argumentationskompetenz ursprünglich zu Grunde gelegte dreidimensionale Modell weiter ausdifferenziert und validiert. Bezüglich der Instruktionsmodelle wurde – unterstützt durch die Projektarbeiten – eine Schematheorie der Strukturierung von Kleingruppenkooperation entwickelt und publiziert. Auch Konzepte zur Integration von Lösungsbeispielen und Kooperationsskripts wurden weiterentwickelt und es wurden Bedingungen identifiziert, unter denen eine derartige Integration fruchtbar erscheint. Zukünftige Untersuchungen könnten sich den Fragen zuwenden, inwiefern die Erkenntnissen des Projekts auch auf andere Domänen übertragbar sind und inwiefern weitere lernerseitige oder instruktionsbezogenen Moderatorvariablen für eine erfolgreiche Kombination instruktionaler Maßnahme bedeutsam sind.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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