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Großflächige Abformung von hinterschnittenen Strukturen für Mikroelektronik und Mikroverbindungstechnik

Fachliche Zuordnung Mikrosysteme
Förderung Förderung von 2005 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 12938545
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Komponenten mit ineinander verschränkten hinterschnittenen Strukturen eröffnen neuartige Möglichkeiten in der Mikro- und Nanotechnologie, z. B. als lösbare und wieder schließbare Verbindungselemente (‚Nano-Reißverschluss’). Zur Herstellung solcher Komponenten sind aus technischer Sicht Replikationsverfahren prädestiniert. Allerdings erfordert das erfolgreiche Trennen von Replikat und Original eine Optimierung bezüglich der einsetzbaren Replikationsmaterialien, der Oberflächenbehandlung der Kontaktflächen sowie der Hinterschneidungsgeometrien – letztere bestimmen zusätzlich die durch die Verbindungselemente erzielbaren Haltekräfte. Grundvoraussetzung für die Realisierung ist eine Herstellungstechnologie für Originale (Master) mit definierten Hinterschneidungen, die genügend Spielraum für Optimierung erlaubt. In diesem Projekt wurden 3D-Master mit linienförmigen und punktförmigen hinterschnittenen Kavitäten zum einen aus Silizium hergestellt. Hinterschneidungen mit variablen Geometrien (1-10 µm) wurden durch nasschemisches Nachätzen eines vordefinierten Trenchs in KOH realisiert. Hierbei entstehen symmetrische hinterschnittene Kavitäten mit den für die Schnittflächen der (111)-Ebenen typischen Winkeln. Einseitige Hinterschneidungen oder beidseitige Hinterschneidungen mit davon abweichenden Geometrien konnten durch reaktives Ionenstrahlätzen (RIBE mit CHF 3/O2) unter definierten Kippwinkeln zum Ionenstrahl in Quarz realisiert werden. Dieses Vorgehen ist neu. Es bietet nicht nur eine weitaus größere Flexibilität bei der Einstellung der Querschnittsgeometrie, es vermeidet auch die für das kristallrichtungsabhängige anisotrope Ätzen typischen scharfen Winkel, die gerade im Öffnungsbereich der hinterschnittenen Strukturen Trenndefekte verursachen. Aus der Literatur sind bisher 3D-Quarzglasmaster mit frei wählbarem Hinterschneidungswinkel und frei wählbarer Geometrie mit einseitigen oder zweiseitigen Hinterschneidungen nicht bekannt. Zur Replikation der hinterschnittenen Strukturen wurden zwei Verfahren eingesetzt, das Abgießen und das Prägen. Letzteres ist interessant, um dünne Schichten des Replikatmaterials (wenige µm) auf harten, stabilen Substraten (Si, Quarz) herzustellen. Überraschenderweise zeigte sich, dass das Füllen hinterschnittener Kavitäten anders erfolgt als das nicht-hinterschnittener: Sie füllen sich nahezu ausschließlich in lateraler Richtung, das Replikationsmaterial kann nur vereinzelt von oben eindringen. Der Grund hierfür ist das starke Pinning an den Eintrittsecken der Kavitäten. Dieser Umstand macht sich insbesondere beim Prägen bemerkbar und hat zur Folge, dass eine Erhöhung der Prägekraft zu einer Verschlechterung des Füllens führt, ein Umstand, der anhand der ‚squeezedflow-Theorie’ verstanden werden kann. Als Replikationsmaterialien wurden Elastomere auf PDMS-Basis eingesetzt (Polydimethylsiloxan). Ein Vergleich unterschiedlicher kommerziell verfügbarer Materialien zeigte für Master mit unterschiedlichen Hinterschneidungsgeometrien nahezu bezüglich aller Vergleichskriterien (Viskosität, Füllverhalten, Trennverhalten, Stabilität) beste Ergebnisse für das bekannte Material Sylgard 180. Auch eine Zweitabformung vom Replikat in dasselbe Material war erfolgreich, wenn die Oberfläche vor der Abformung entsprechend vorbehandelt war (UV-Bestrahlung und chemisch angebundene Monolage aus fluoriertem Silan). Auch der aus der Mikrosystemtechnik bekannte Negativlack SU-8 eignet sich gut für eine Zweitabformung. Im Hinblick auf einen technischen Einsatz als lösbare Verbindungselemente wurde das Haltevermögen mit Hilfe eines eigens hierfür entwickelten computergesteuerten Kraftmessplatzes vermessen – solche Messungen bilden die Grundlage für eine Optimierung der Hinterschneidungsgeometrien. Diese Messungen erlaubten die Quantifizierung der Haftkräfte für unterschiedliche Hinterschneidungsgeometrien, aber auch den Nachweis der Wirksamkeit der zur Trennung aufgebrachten Silanschichten. Unter Anwendung der Simulationssoftware COMSOL 4.0 wurde mithilfe eines linear-elastischen Modelles der Trenn- bzw. Entformprozess nachgestellt; die Simulationsergebnisse zeigen eine gute Übereinstimmung mit den gemessenen Haltekräften. Replizierte verschränkte Linienstrukturen konnten mehrfach voneinander getrennt und wieder geschlossen werden, sodass ein Einsatz als lösbare Verbindungselemente technisch machbar erscheint. Darüberhinaus ergab sich eine potentielle Anwendung zweifach replizierter Strukturen durch Prägen (SU-8 auf Glas) als offene (oder geschlossene) Fluidik-Kanäle, deren Füllzustand leicht anhand der an den schrägen Kanalwänden auftretenden Totalreflexion erkannt wird, ein Umstand, der das kontrollierte Befüllen von fluidischen Komponenten stark vereinfacht.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Investigation of the separation of 3D-structures with undercuts, Microelectronic Engineering 84 (2007) 1007–1010
    S. Möllenbeck, N. Bogdanski, M. Wissen, H.-C. Scheer, J. Zajadacz, K. Zimmer
  • Multiple replication of three dimensional structures with undercuts, Journal of Vacuum Science & Technology B 25 (2007) 247–251
    S. Möllenbeck, N. Bogdanski, M. Wissen, H.-C. Scheer, J. Zajadacz, K. Zimmer
  • Analysis of the filling behaviour of trenches via air bubble tracking, Microelectronic Engineering 85 (2008) 881–885
    S. Möllenbeck, N. Bogdanski, M. Wissen, H.-C. Scheer, J. Zajadacz, K. Zimmer
  • Moulding of arrowhead structures, Microelectronic Engineering 86 (2009) 608–610
    S. Möllenbeck, N. Bogdanski, A. Mayer, H.-C. Scheer, J. Zajadacz, K. Zimmer
  • Preparation of diamond-shaped channels in SU-8 for optical control of the filling state, Journal of Vacuum Science & Technology B 27 (2009) 3078–3081
    S. Möllenbeck, N. Bogdanski , A. Mayer, H.-C. Scheer, J. Zajadacz, K. Zimmer
  • 172 nm pre-treatment for PDMS/PDMS replication, Microelectronic Engineering 87 (2010) 1519–1521
    S. Möllenbeck, N. Bogdanski, A. Mayer, H.-C. Scheer, J. Zajadacz, K. Zimmer
  • Replication of 3D-microstructures with undercuts by UV-moulding, Microelectronic Engineering 88(1) (2011) 60–63
    C. Elsner, J. Zajadacz, K. Zimmer
  • Fabrication of optimized 3D microstructures with undercuts in fused silica for replication, Microelectronic Engineering 98 (2012) 163–166
    K. Zimmer, J. Zajadacz, R. Fechner, K. Dhima, H.-C. Scheer
  • Measurement and simulation of the pull-off strength at the separation of miniaturized 3D connectors consisting of silicon masters with undercuts and PDMS replicas, Microelectronic Engineering 101 (2013) 31–36
    J. Zajadacz, P. Lorenz, M. Ehrhardt, K. Zimmer, S. Möllenbeck, K. Dhima, H.-C. Scheer
 
 

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