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Genomics-Analyse erblicher Netzhauterkrankungen

Antragsteller Dr. Michael Bonin
Fachliche Zuordnung Augenheilkunde
Förderung Förderung von 2005 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 12938288
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In diesem Teilprojekt wurden verschiedene Mausmodelle mit Zapfenfunktionsstörungen auf molekularer Ebene charakterisiert. Dazu wurden in der ersten Förderperiode Mikroarray-basierte Expressionsanalysen aller Tiermodelle zu verschiedenen Zeitpunkten durchgeführt. Die Erkenntnisse aus diesen Analysen wurden in der zweiten Förderperiode funktionell charakterisiert und erweitert. Bei der Slc24a2ENU-Maus handelt es sich um ein Tiermodell, bei dem durch ENU-Mutagenese das Slc24a2-Gen ausgeschaltet wurde. In der Expressionsanalyse der slc24a2-Mutante wurden vorwiegend Veränderungen von Genen beobachtet, die an Überlebensprozessen der Zelle beteiligt sind. Bei der cpfl1-Maus handelt es sich um ein natürliches Tiermodell mit schneller und gleichmäßiger Degeneration der Zapfen. In den Expressionsanalysen konnte eine Repression von Komponenten der Phototransduktionskaskade und des Vitamin A Regenerationszyklus sowie eine Hochregulation des Cytokins LIF und der antiapoptotischen STAT3-Signalkaskade zu einem frühen Degenerationszeitpunkt nachgewiesen werden. Bei dem CNGA3-/--Tiermodell handelt es sich um ein „knockout-Modell“ mit vergleichsweise langsamer Degeneration der Zapfen, die in der ventralen Retina deutlich schneller voran schreitet. Die Expressionsanalysen deuten auf eine reduzierte Signalweiterleitung und Störung des molekularen Transportes hin. Im cpfl1-Tiermodell konnte mittels Immunhistochemie die Repression der Phototransduktionskaskade auf den Zellverlust der degenerierenden Zapfen zurückgeführt werden. Durch immunhistochemische Färbungen der STAT3-Kaskade konnte die Hochregulation in den Müller-Glia-Zellen und erstmals auch in Zapfen lokalisiert werden. In silico Promotoranalysen zeigten einen genregulatorischen Einfluss des STAT3-Transkriptionsfaktors auf das Expressionsprofil der cpfl1-Retina. Zu einem fortgeschrittenen Degenerationszeitpunkt ist die Aktivierung der STAT3-Kaskade nicht mehr nachweisbar. Es ist anzunehmen, dass die antiapoptotische STAT3-Signalkaskade zu Beginn der Degeneration aktiviert wird, um der Degeneration entgegen zu wirken und dieser Rettungsversuch der Zapfen mit der fortschreitenden Degeneration aufgegeben wird. Für das CNGA3-/--Tiermodell wurden zusätzlich Expressionsanalysen mit Unterscheidung von dorsalen und ventralen Retinabereichen durchgeführt, um den Degenerationsgradienten näher zu charakterisieren. Die Untersuchungen zeigen eine Expressionsänderung von potentiellen Stammzellmarkern mit Funktionen in Entwicklungs- und Differenzierungsprozessen in der dorsalen CNGA3-/--Retina, die möglicherweise auf eine Dedifferenzierung überlebender Zellen hindeuten könnten. Zu der verstärkten Degeneration in der ventralen CNGA3-/--Retina könnte eine reduzierte Somatostatin- Expression in diesem Bereich beitragen. Zusätzlich wurden für dieses Tiermodell miRNA-Expressionsanalysen durchgeführt, die eine auffallend große Anzahl von miRNA differenziell reguliert zeigen. Für die reprimierte miRNA-665, die zusätzlich eine Hochregulation in der ventralen CNGA3-/--Retina aufweist, konnte erstmals Vax2 als Target-Gen identifiziert werden. In situ Hybridisierung zeigen eine Co-Lokalisation der miRNA-665 mit der Vax2-mRNA in der inneren Retina, so dass eine post-translationale Modifikation der Vax2-Expression durch die miRNA-665 auch im Gewebe möglich ist. Da Vax2 eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der ventralen Retina spielt und durch die ventrale Hochregulation der miRNA-665 in der CNGA3-/--Retina in diesem Bereich möglicherweise reprimiert wird, könnte auch die differenzielle Regulation der miRNA-665 einen Einfluss auf den retinalen Degenerationsgradienten im CNGA3-/--Mausmodell haben. Zusammenfassend haben die zwei Förderperioden ein exzellentes Methodenspektrum zur Charakterisierung von Tiermodellen mit Augenerkrankungen für den Wissenschaftsstandort Tübingen ergeben, das auch zukünftig für zahlreiche interdisziplinäre Forschungsansätze zum Einsatz kommen wird.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2007) Identification of genes that are linked with optineurin expression using a combined RNAi--microarray approach. Exp Eye Res 85: 450-461
    Weisschuh N, Alavi MV, Bonin M, Wissinger B
  • (2008) Cone dystrophy with supernormal rod response is strictly associated with mutations in KCNV2. Invest Ophthalmol Vis Sci 49: 751-757
    Wissinger B, Dangel S, Jägle H, Hansen L, Baumann B, Rudolph G, Wolf C, Bonin M, Koeppen K, Ladewig T, Kohl S, Zrenner E, Rosenberg T
  • (2010) In vivo analysis of cone survival in mice. Invest Ophthalmol Vis Sci 51: 493-497
    Beck, S C, Schaeferhoff, K, Michalakis, S, Fischer MD, Huber G, Rieger N, Riess O, Wissinger B, Biel M, Bonin M, Seeliger MW, Tanimoto N
  • (2010) Induction of STAT3-related genes in fast degenerating cone photoreceptors of cpfl1 mice. Cell Mol Life Sci 67: 3173-3186
    Schaeferhoff K, Michalakis S, Tanimoto N, Fischer MD, Becirovic E, Beck SC, Huber G, Rieger N, Riess O, Wissinger B, Biel M, Seeliger MW, Bonin M
  • (2010) Structural and Functional Phenotyping in the Cone-Specific Photoreceptor Function Loss 1 (cpfl1) Mouse Mutant - A Model of Cone Dystrophies. Adv Exp Med Biol 664: 593-599
    Fischer MD, Tanimoto N, Beck SC, Huber G, Schaeferhoff K, Michalakis S, Riess O, Wissinger B, Biel M, Bonin M, Seeliger MW
  • (2011) Large deletions of the KCNV2 gene are common in patients with cone dystrophy with supernormal rod response. Hum Mutat. 32: 1398-1406
    Wissinger B, Schaich S, Baumann B, Bonin M, Jägle H, Friedburg C, Varsányi B, Hoyng CB, Dollfus H, Heckenlively JR, Rosenberg T, Rudolph G, Kellner U, Salati R, Plomp A, De Baere E, Andrassi-Darida M, Sauer A, Wolf C, Zobor D, Bernd A, Leroy BP, Enyedi P, Cremers FP, Lorenz B, Zrenner E, Kohl S
  • (2011) Long-term follow-up of the human phenotype in three siblings with cone dystrophy associated with a homozygous p.G461R mutation of KCNV2. Invest Ophthalmol Vis Sci 52: 8621-8629
    Friedburg C, Wissinger B, Schambeck M, Bonin M, Kohl S, Lorenz B
 
 

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