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Leonardo da Vincis Hauptwerk zur Mechanik: Der Codex Madrid I Inhaltlicher Bezug nach Italien

Subject Area History of Science
Term from 2009 to 2014
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 131890268
 
Final Report Year 2013

Final Report Abstract

Das Projekt diente der inhaltlichen Erschließung einer der wichtigsten Ingenieurhandschriften der Renaissance, des erst 1965 wiederentdeckten und 1974 erstmals im Druck veröffentlichten Codex Madrid I von Leonardo da Vinci (Autograph). Dieser Neufund galt als wissenschaftliche Sensation, insbesondere glaubte man, in ihm eine Vorwegnahme der erst im 19. Jahrhundert entwickelten Lehre von den Maschinenelementen erkennen zu können. Weitaus die meisten Kommentatoren beschränkten sich auf diesen Aspekt. Eine Übersicht über den gesamten Inhalt blieb ein Desiderat. Vor allem blieb offen, was Inhalt und Gehalt des zweiten Teils der Handschrift ausmacht. In ihrer Ausgangskonzeption besteht die Handschrift aus zwei vom Autor deutlich geschiedenen Teilen von jeweils 95 Blättern, einem praktischen Teil über Maschinen und Maschinenteile und einem theoretischen Teil über Prinzipien der Mechanik. Die ursprüngliche Reihenfolge des theoretischen Teils war in dem alten Einband verloren gegangen, sie musste wiederhergestellt werden. Leonardo erscheint hier nicht als der visionäre Genius, den man bis heute vor allem in ihm sieht, sondern als kritischer Überarbeiter auf der Suche nach einer neuen Mechanik. Der wesentliche Unterschied zwischen der Kommentierten Internet-Edition und der Faksimile-Edition von 1974 ergibt sich durch die unmittelbare Zusammenführung sämtlicher Zeichnungen und Skizzen (ca. 1200) mit den zugehörigen Texten sowie durch die angedeutete Wiederherstellung der vom Autor angegebenen Abfolge des gesamten zweiten Teils. Die Abteilung "Finden" im Menu der Internet-Edition zeigt diesen Aufbau, sie schafft Überblick über den sehr komplexen Gesamtinhalt und erlaubt unmittelbares Anklicken der einzelnen Seiten. Die Nachträge der Vorsatzblätter beider Teile wurden zu einem eigenen dritten Teil vereinigt. Weitere digitale Angebote bieten ein knappes mehrsprachiges Bildlexikon, virtuelle Modelle ausgewählter Apparaturen und die umfängliche Bibliographie. Insgesamt waren 368 mehr oder weniger kompliziert aufgebaute Seiten zu bearbeiten. Sie ergaben ca. 600 Inhaltsabschnitte. Als wichtigste technische Gebiete im Maschinenbau (Teil 1) sind vertreten: Getriebebau, Zahnradtechnik, Uhrenbau, Ketten, Federn, Lager und Reibung, Freilauf, Wagenbau, Mühlen, Schließtechnik, Textilmaschinen, Vermessungsgeräte, Schleif- und Poliermaschinen für Brennspiegel. Im Teil 2 dominiert zunächst die Theorie, noch stark geprägt vom Einfluss der aristotelischen und scholastischen Physik, mit Abschnitten über Bewegung, Kraft, Schlag bzw. Stoß, Statik, Impetus, Pendel. Es treten hinzu praktische Bereiche wie Wasserbau, Hydraulik, Belastung von Seilen, insbesondere Schrägseilen, Materialfestigkeit und erneut Lager und Reibung sowie eine stärker theoretische Betrachtung der Zahnräder. Die Handschrift wird so zu einer Schatzkiste spätmittelalterlich-frühneuzeitlicher Technik mit einer Fülle ansonsten kaum behandelter Themen. Der Kommentar erläutert Zeichnungen und Texte in ihrem Zusammenhang, liefert aber auch historische Bezüge zur technischen Entwicklung in der voraufgehenden wie in der nachfolgenden Zeit. In manchen Bereichen bringt Leonardo sowohl eine praktische wie eine theoretische Betrachtung. Hier waren inhaltliche Bezüge und Querverweise herzustellen. Sie führen zu anderen technischen Handschriften Leonardos, die erst jüngst durch das Internet-Angebot e-leo bzw. Leonardo digitale für die praktische Arbeit zugänglich geworden sind. Der Inhalt der teilweise chaotischen Handschrift dürfte erstmals in seiner ganzen Komplexität ausgeleuchtet sein und birgt trotzdem noch manches Rätsel.

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