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Mechanische Spektroskopie an Aluminiumwerkstoffen mit selbstorganisierten und mikrostrukturbedingten Verformungslokalisierungen

Fachliche Zuordnung Mechanische Eigenschaften von metallischen Werkstoffen und ihre mikrostrukturellen Ursachen
Thermodynamik und Kinetik sowie Eigenschaften der Phasen und Gefüge von Werkstoffen
Förderung Förderung von 2009 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 132812796
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Aluminiumwerkstoffe sind bekannt für verschiedene Arten der Lokalisierung plastischer Verformungen, die das Umformverhalten und die mechanischen Eigenschaften beeinträchtigen können. Dazu gehören vor allem der Portevin-Le Chatelier (PLC)-Effekt (instabiles Fließen durch „selbstorganisierte“ Verformungslokalisierung) sowie die mikrostrukturbedingten Verformungsinhomogenitäten in Al-basierten Verbundwerkstoffen (metal-matrix composites, MMCs). Auf der mikroskopischen Ebene werden diese Effekte entscheidend durch Wechselwirkungen zwischen Versetzungen und Punktdefekten (Fremdatomen, Leerstellen und Komplexen aus beiden) bestimmt. Die nähere Untersuchung derartiger Wechselwirkungen mittels Mechanischer Spektroskopie (speziell die Analyse temperatur-, amplituden- und zeitabhängig gemessener innerer Reibung bei Biegeschwingungsfrequenzen um 1 kHz) war Gegenstand dieses Projekts. Die Untersuchungen erfolgten primär an der aushärtbaren Legierung AA 6061 (AlMg1SiCu) und einem darauf basierenden MMC, sowie ergänzend an zwei weiteren Werkstoffen und zur genaueren Klärung spezieller Fragen auch an Reinaluminium (Al 99,99). Zusammen mit verschiedenen Versuchsführungen und Vorbehandlungen ergaben sich so zahlreiche Parameterkombinationen. Mittels Analyse der durch lokal schwingende Versetzungssegmente im Tieftemperaturbereich (ca. 80–400 K) erzeugten Dämpfungsspektren konnten die folgenden Prozesse unterschieden sowie Überlagerungen und Übergänge zwischen ihnen studiert werden: Kinkpaarbildung im Peierls-Potential (Bordoni-Relaxation); Losreißprozesse der Versetzungen von schwer beweglichen Punktdefekten („Depinning“); Diffusives Mitschleppen an die Versetzung gebundener, leicht beweglicher Punktdefekte („Dragging“). Eine Schlüsselrolle kommt dabei der Beweglichkeit der jeweils wirksamen Punktdefekte zu, die sich in verschiedener Weise nahezu über den gesamten untersuchten Tieftemperaturbereich nachweisen ließ. Dabei fanden sich klare Hinweise auf die Beteiligung mehrerer Arten unterschiedlich beweglicher Punktdefekte, die sich durch thermomechanische Behandlung empfindlich beeinflussen ließen. Um welche Defekte (Mehrfachleerstellen, Fremdatomcluster etc.) und ggf. schnelle Diffusionsprozesse es sich dabei jeweils handelt, ist im Einzelfall an Hand der speziellen Vorbehandlung, der gemessenen Dynamik sowie verfügbarer Daten und Modelle aus der Literatur – auch zur dynamischen Reckalterung und zum PLC-Effekt – näher zu analysieren. Für MMCs deutet sich darüber hinaus – auf einer mehr phänomenologischen Ebene – eine Unterscheidbarkeit zwischen innerer (durch thermische Spannungen) und äußerer plastischer Verformung an Hand der jeweiligen Dämpfungsspektren an. Neben erwartbaren Resultaten wie dem Fehlen versetzungsbasierter Dämpfung in unverformten Legierungsproben oder der Messung einer Bordoni-Relaxation in frisch verformtem Reinaluminium waren einige Ergebnisse durchaus überraschend. Dies begann mit einer unerwarteten Parallele zwischen Al 99,99 und dem MMC 6061/Al2O3 hinsichtlich der Entwicklung Depinningtypischer Dämpfungsspektren nach vergleichbaren Wärmebehandlungen, die einen stärkeren Einfluss von Leerstellen auch in der Legierung vermuten lässt. Sehr überraschend war auch die Beobachtung eines augenscheinlichen Bordoni-Peaks selbst an lösungsgeglühten und dann plastisch verformten 6061-Legierungsproben, was möglicherweise auf spezielle Fremdatomcluster (sog. Mg/Si-Cocluster), mit abgeschwächter Hinderniswirkung auf die Versetzungen, in den Frühstadien der Kaltaushärtung zurückzuführen sein könnte.

 
 

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