Unterrichtsintegrierte Förderung der Lesekompetenz: Interventionsstudien zur Bedeutung von Lesestrategien und Selbstregulationsprozeduren für die Verbesserung des Leseverständnisses von 5.-Klässlern
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die durchgeführten Studien waren durch drei Ziele miteinander verbunden: (a) dem Nachweis, dass Modelle des selbstregulierten Lernens dafür geeignet sind, bestehende Programme zur Förderung des Leseverständnisses (hier: Reziprokes Lehren) so zu optimieren, dass stärkere und vor allem nachhaltigere Effekte bewirkt werden können; (b) der systematischen und theoriegeleiteten Testung von Komponenten, Moderatoren und Mediatoren der Trainingseffekte in konservativen Designs mit alternativen Treatment- Bedingungen; (c) dem Beleg, dass sich ein um selbstregulatorische Methoden erweitertes RT-Training in der Komplexität natürlicher Unterrichtssituationen zuverlässig umsetzen und dabei auch von Lehrkräften so implementieren lässt, dass dies zu den erwünschten Ergebnissen – auch im Vergleich mit einem von Lehrkräften selbst konzipierten Leseunterricht – führt. Wie sehen wir selbst den Ertrag des Projekts? Wichtig ist zunächst, dass das von uns entwickelte RT + SRL Programm die Nachhaltigkeit von Trainingseffekten unterstützt. Wichtig ist weiterhin, dass von diesem Programm auch solche Schülerinnen und Schüler profitieren, die ungünstige Lernvoraussetzungen mitbringen; RT + SRL wirkt gerade bei solchen Kindern, die in basalen Lesefertigkeiten Schwächen aufweisen und daher üblicherweise Schwierigkeiten beim Erwerb strategischer Kompetenzen zeigen. Des Weiteren ist hervorzuheben, dass unsere Analysen zu den Wirkungswegen (bzw. Mediatoren) des neu entwickelten Programms die Annahme erhärten, dass SRL den Strategieerwerb optimiert und darüber vermittelt die Verständnisleistung erhöht. Der Befund, dass selbstreguliertes Lernen auch die Qualität des Feedback (also eines erwiesenermaßen hochgradig effektiven Lernfaktors) in den Kleingruppensitzungen verbessert, ist ein wichtiger Zusatzbefund, weil er dazu beiträgt, bestehende Erkenntnislücken über veränderungswirksame Mechanismen in Lerntrainings schrittweise zu reduzieren. Und schließlich zeigen unsere Studien, dass RT, zumindest in Verbindung mit SRL, im natürlichen Kontext des Klassenunterrichts zuverlässig umsetzbar ist – durch ausgebildete Lerntrainerinnen, aber auch durch dafür geschulte Lehrkräfte. Angesichts bekannter Befunde zu Implementationsdefiziten bei der Umsetzung von RT-Methoden war dies keineswegs als selbstverständlich vorauszusetzen. Aber es bleiben auch offene Fragen: Die Art und Weise, wie einzelne, voneinander isolierte Komponenten des recht komplexen RT + SRL Programms zusammenspielen, um auf jeweils spezielle Kriterien der Lesekompetenz einzuwirken, konnten wir allenfalls ansatzweise aufklären. Auch die genauere Bestimmung von veränderungswirksamen Mechanismen steht noch am Beginn. Die Effekte auf motivationale Maße waren eher gering (bzw. häufig nicht signifikant), sodass der Aspekt der Lesemotivation, schon wegen seiner Bedeutung für die Generalisierung von Trainingsleistungen, deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient. Und schließlich stellen sich viele Fragen zu einer effektiven Implementierung des Programms: Ist es für den Lerntransfer günstiger, wenn das Programm fächerübergreifend umgesetzt wird? Erzielt die Arbeit mit ganzen Schulen (bzw. mit dem gesamten Lehrerkollegium) stärkere und nachhaltigere Effekte als die Arbeit mit einzelnen Lehrkräften? Über welchen Zeitraum können die Trainingseffekte nachgewiesen werden, bleiben sie also auch über längere als die hier untersuchten Zeiträume stabil oder erfordern sie zum Zweck der Aufrechterhaltung ggf. Auffrischungen? Auch wenn viele Befunde aus den drei Studien konvergieren, ist es zwingend erforderlich die ermittelten Ergebnisse zu replizieren, nicht nur mit unseren eigenen Teams, auch in anderen Klassenstufen und Unterrichtskontexten (z.B. inner- und außerschulischer Förderunterricht) und im Hinblick auf Schülerinnen und Schüler unterschiedlichster Lernvoraussetzungen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2011). Integrating self-regulation procedures in the reciprocal teaching of reading strategies: Incremental effects on 5th graders’ text comprehension, reading fluency, and selfefficacy beliefs. Paper presented at the 14th European Conference for Research on Learning and Instruction EARLI, Exeter, Great Britain
Schünemann, N., Seuring, V. A., Spörer, N. & Brunstein, J. C.
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(2011). Unterrichtsintegrierte Förderung der Lesekompetenz: Effekte von Lesestrategien und Selbstregulationsprozeduren. Posterbeitrag auf der 13. Fachtagung Pädagogische Psychologie, Erfurt
Spörer, N., Schünemann, N., Koch, H. & Brunstein, J. C.
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(2012). Captain Carlo sucht den Leseschatz: Wie profitieren schwächere Leser von einer Förderung von Zielsetzungs- und Reflexionsprozessen? Vortrag auf dem 19. Symposion Deutschdidaktik, Augsburg
Spörer, N. Schünemann, N. Koch, H. & Bosse, S.
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Reziprokes Lehren unter Anwendung von Selbstregulationsstrategien. Implementation eines Lesekompetenztrainings in den Regelunterricht an Grundschulen. Eine DVD zum Einsatz in Lehrerfortbildungen und in der LehrerInnenbildung. Potsdam: Universität Potsdam
Koch, H. & Spörer, N. gemeinsam mit Friederike Schommler, Frank Poser und Thomas Röse
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(2013). Effekte einer fächerübergreifenden Intervention zur Förderung der Lesekompetenz bei 5. Klässlern. 1. Tagung der Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung, Kiel
Koch, H., Spörer, N., Schünemann, N. & Bosse, S.
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(2013). Förderung der Lesekompetenz von Fünftklässlern: Interventionseffekte strategie- und ergebnisbezogener Selbstregulationsprozeduren. Vortrag auf der 1. Tagung der Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung, Kiel
Spörer, N. Schünemann, N., Koch, H. & Bosse, S.
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(2013). Integrating self-regulation in wholeclass reciprocal teaching: An analysis of incremental effects on fifth graders’ reading comprehension, reading strategies and self-efficacy for reading. Contemporary Educational Psychology, 38, 289-305
Schünemann, N., Spörer, N. & Brunstein, J. C.