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Direkte Wirkungen von Glucagon-like peptide 1 auf renale Hämodynamik und Oxygenierung - tierexperimentelle Untersuchungen zur potentiellen Prävention der Diabetischen Nephropathie

Antragsteller Dr. Erdmann Seeliger
Fachliche Zuordnung Anatomie und Physiologie
Förderung Förderung von 2009 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 134512441
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Patienten mit Diabetes mellitus entwickeln oft eine schwere Nierenschädigung, die Diabetische Nephropathie (DNP). Wesentliche pathophysiologische Mechanismen der DNP-Entwicklung sind ungeklärt. Zwei Faktoren ist eine Schlüsselrolle zugeschrieben worden: einer renalen Gewebshypoxie als Folge einer Imbalance von O2-Angebot und O2-Verbrauch (QO2), die u.a. über Mechanismen der Autoregulation (AR) induziert sein soll, und einer geänderten Verfügbarkeit von Stickstoffmonoxid (NO). Glucagon-like peptide 1 (GLP-1) fördert die Insulinsekretion und senkt damit die Glukosekonzentration, hat aber auch vom Glukosehaushalt unabhängige Effekte. Über GLP-1-Rezeptoren (GLP-1R) in der Niere senkt GLP-1 u.a. die tubuläre Osmolytresorption. Zentrales Ziel des Projekts war es, tierexperimentell die Hypothese zu prüfen, dass GLP-1 vom Glukosehaushalt unabhängige renale Effekte hat, die die Entstehung einer DNP verhindern könnten. Von uns etablierte in vivo Mess- und Testverfahren dienten dazu, bei Ratten die Regulation und AR der renalen Hämodynamik und Oxygenierung zu charakterisieren. Im Einzelnen wurden 1.) die Effekte einer akuten Hyperglykämie und 2.) die akuten Effekte von GLP-1 bei gesunden Ratten untersucht sowie 3.) Veränderungen der Regulation und AR im Frühstadium eines Ratten-Modells des Diabetes Typ 1 und 4.) die Effekte längerfristiger Gabe des GLP-1-Agonisten Liraglutid bei diesem Modell studiert. Das Typ 1-Modell wählten wir, um vom Glukosehaushalt unabhängige Effekte ermitteln zu können. Kernbefunde zu 1.) sind, dass akute Hyperglykämie die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) und die Osmolytexkretion steigerte; renaler Blutfluss (RBF) und O2-Spannung (pO2) im Gewebe von Cortex und Medulla waren unverändert. Die renale Vasodilatation bei dynamischer AR war verstärkt, ebenso wie während Hypoxie, ohne dass dies zur Änderung der pO2-Antworten geführt hätte. Die Veränderung der AR bezog alle 3 AR- Mechanismen (myogene Reaktion; tubulo-glomerulärer feedback, TGF; und sog. dritter Mechanismus, 3M) mit ein. Die pO2-Befunde sprechen für ein Ausbalancieren von O2-Angebot und QO2. Kernbefunde zu 2.) sind, dass GLP-1 vom Glukosehaushalt unabhängige Effekte hatte: Bei Normoglykämie wirkte es in der Niere leicht vasodilatatorisch, steigerte die GFR und die Osmolytexkretion, änderte aber nicht den Gewebe-pO2. Es bewirkte jedoch eine Hemmung der AR, die vor allem auf Änderungen von TGF und 3M beruhte, und die im Cortex auch mit niedrigerem pO2 einherging. Auch unter Hyperglykämie hemmte GLP-1 die AR: Bei niedriger GLP-1-Dosis war die Vasodilatation der unter Normoglykämie ohne GLP vergleichbar, bei hoher Dosis sogar vermindert, was auch mit verschlechterter Reoxygenierung einherging. Alle 3 AR-Mechanismen waren in Richtung auf normoglykämische Verhältnisse verändert. Kernbefunde zu 3.) sind, dass im Frühstadium der DNP-Entwicklung (4 Wochen nach Diabetesinduktion mittels Streptozotocin, STZ) der RBF und der corticale und medulläre pO2 nicht vermindert waren, obwohl Zeichen früher DNP i.S. einer milden Fibrosierung und Hyperfiltration (Glomerulusgröße, Nierengewicht, Serumkreatinin) vorlagen. Die renale Vasodilatation bei dynamischer AR ebenso wie bei Hypoxie und bei Reperfusion nach kurzer Ischämie war verstärkt, was mit einer gegenüber gesunden Tieren geringeren pO2-Abnahme bzw. schnellerer Reoxygenierung verbunden war. Diese Befunde sprechen dagegen, dass, wie postuliert, erhöhter QO2 mit daraus folgender Gewebehypoxie eine Schlüsselrolle im Frühstadium der DNP bei Typ 1 Diabetes spielen. Ob der erhöhte renale Proteingehalt an neuronaler und induzierbarer NO-Synthase (NOS) neben den Änderungen von TGF und 3M zum Ausbalancieren von O2-Angebot und QO2 beigetragen hat, muss offen bleiben. Neu ist der Befund, dass der renale Proteingehalt an GLP-1R vermindert war. Kernbefund zu 4.) ist, dass die 3-wöchige Liraglutid-Gabe (2 mal täglich 0.2 mg/kg, beginnend 7 Tage nach STZ) keine protektiven Wirkungen gemessen an den Zeichen früher DNP im Typ 1 Modell hatte. Falls die durch Liraglutid bewirkte Vermehrung renaler NOS zu höherer NO-Bioverfügbarkeit geführt haben sollten, so hatte das keine Auswirkungen auf die DNP-Marker sowie die Hämodynamik- und Oxygenierungsparameter. Unsere Arbeitshypothese, dass Liraglutid von Glukose und Insulin unabhängige renoprotektive Effekte im DNP-Frühstadium vermittelt, hat sich insofern nicht bestätigt. Liraglutid hemmte die Vasodilatation bei der dynamischen AR, bei Hypoxie und bei der Reperfusion nach Ischämie. Auch die Reaktionen des medullären pO2 näherten sich denen gesunder Tiere, die des corticalen pO2 gingen jedoch darüber hinaus, so dass hier die Gewebeoxygenierung schlechter geregelt erschien. Es kann gefolgert werden, 1.) dass die pathophysiologische Rolle der Gewebehypoxie im Frühstadium der DNP bei Typ-1 Diabetes neu bewertet werden muss, 2.) dass Liraglutid in diesem Modell keinen renoprotektiven Effekt hinsichtlich der DNP-Marker hat, 3) dass GLP-1 bzw. Liraglutid von Glukose und Insulin unabhängige hämodynamische renale Effekte haben, die bei akuter oder chronischer Hyperglykämie im Hinblick auf die Gewebeoxygenierung teils potenziell renoprotektiv, teils potenziell schädigend sein könnten, und 4.) dass bei dem Typ 1 Diabetes-Modell die renale Expression des GLP-1R vermindert ist.

 
 

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