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Die Waage als Bautyp (17. u. 18. Jh.)
Antragsteller
Professor Dr.-Ing. Karl Kiem
Fachliche Zuordnung
Architektur, Bau- und Konstruktionsgeschichte, Bauforschung, Ressourcenökonomie im Bauwesen
Förderung
Förderung in 2009
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 134635212
Die holländische Architektur des 16. bis 18. Jahrhunderts wird im Vergleich zu den direkt an antiken Vorbildern geschulten italienischen Beispielen im allgemeinen nachrangig bewertet. Diese Einschätzung darf zum Teil im Zusammenhang mit dem relativ geringen Anteil an feudalen und sakralen Bauaufgaben gesehen werden, von dem die Bauproduktion in der holländischen Republik des 17. und 18. Jahrhunderts geprägt ist. Ansätze, diese profan bestimmte Architektur als Gegenposition zu den feudal-absolutistisch geprägten Planungen im übrigen westlichen Europa zu verstehen und ihr eine eigene Identität und Bedeutung zuzugestehen, bleiben selten. Diesem Mangel geht die vorliegende Untersuchung am Beispiel holländischer Waaggebäude nach und weist für dieselben erstmals in der baugeschichtlichen Forschung einen eigenständigen „Bautyp Waage" nach. Wesentliche Bestimmungsstücke dieses Nachweises sind: die Abgrenzung von Gebäuden, in denen eine Wiegeeinrichtung vorhanden war (Rathäuser, Handelshallen, Kirchen und Wohnhäuser), die Begründung verschiedener Arten von Waaggebäuden (Durchfahrtstyp. Turmtyp, Loggiatyp, Synthesetyp) unter Berücksichtigung ihrer geographischen und sozialen Dialekte, die zeichnerische Rekonstruktion bereits abgerissener oder umgebauter Waaggebäude, Ausführungen zur Quellenlage, Genese und Verbreitung dieser Gebäude sowie die Bestimmung von deren hohen technischen Ausstattungen (z.B. diffizile Verschiebekonstruktionen der Balkenwagen). Die sich aus dem daraus abzeichnenden Grenzbereich zwischen Baugeschichte, historischer Meteorologie und Alltagsgeschichte ergebende Definition dieses holländischen Bautyps, der für das feudalabsolutistische Europa und abgesehen von der Waage in Narva auch für die übrigen Kontinente einzigartig ist, führt dazu, dass die besondere Stellung der holländischen Kultur des sogenannten ,Goldenen' 17. Jahrhunderts, die bisher hauptsächlich an Werken der Bildenden Kunst festgemacht wird, nunmehr auch auf die Architektur übertragen werden darf, und damit ihre einschränkende Bewertung, sie z.B. unter stilistischen Aspekten in Abhängigkeit zeitgenössischer Entwicklungen in Italien und Frankreich zu sehen, aufgehoben und ihr entsprechende Eigenständigkeit zugesprochen werden muss.
DFG-Verfahren
Publikationsbeihilfen