Simulation von Streulicht-Messprozessen zur Erkennung von Oberflächendefekten im Nanometerbereich und Entwicklung neuer In-Prozess-Messverfahren
Mikrosysteme
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In der Mikro- und Nanotechnologie schreitet die Entwicklung von Fertigungsprozessen stetig voran. Neue Strukturen für immer vielfältigere Anwendungen werden entsprechend den Anforderungen ausgelegt und industriell hergestellt. Dies zieht einen hohen Forschungsbedarf für in-prozess-fähige Messverfahren nach sich, mit denen sich die erzeugten Nanostrukturen qualitativ charakterisieren lassen. Somit ließe sich eine Prüfung und Regelung der Fertigungsprozesse realisieren. Zurzeit existieren jedoch keine industriell einsetzbaren Messsysteme, die eine großflächige und schnelle Charakterisierung der Strukturen bezüglich verschiedener Defekte und Abweichungen ermöglichen. Für diese Aufgabe geeignet sind laser-optische Streulicht-Messverfahren aufgrund ihrer schnellen, berührungslosen und zerstörungsfreien Messdatenerfassung. Die größte Herausforderung ist hierbei, eindeutige Kriterien in den Streufeldern zu identifizieren, die eine Aussage über die Nanostrukturen bzw. deren Defekte ermöglichen. Das Ziel dieses Projektes war, auf der Basis eines Vergleichs von Streulicht-Simulationen und -Messungen, die Entwicklung von in-prozess-fähigen Messverfahren für den Nanometerbereich voranzutreiben. Insbesondere die effiziente Umsetzung der hochdimensionalen Simulation von Streulichtverteilungen stand dabei im Vordergrund. Seitens der Simulationsalgorithmen wurde ausgehend von der Diskreten Dipol-Approximation (DDA) eine Entkopplung der optischen Wechselwirkung unterschiedlicher Objektbereiche realisiert. Statt einem hochdimensionalen Gleichungssystem resultieren daraus mehrere mit kleinerer Dimension. Diese können parallel in stark verringerter Rechendauer gelöst werden. Die Entkopplung geschieht über eine Segmentierung der Oberfläche entlang Pfaden minimaler Krümmung. Dort hat die Wechselwirkung den geringsten Einfluss, der Fehler durch ihre Vernachlässigung minimiert sich folglich. Mit den neu entwickelten Algorithmen konnte an einem Beispiel einer nanostrukturierten Oberfläche erfolgreich gezeigt werden, dass anhand der simulierten Streulicht-Verteilungen zwei unterschiedliche Defektklassen detektierbar sind. Als Folge dieser Segmentierung ist es möglich, die Lichtstreuung an Oberflächen, die lediglich eine partielle Nanostrukturierung aufweisen, in den gröber strukturierten Bereichen klassisch zu berechnen. Dies stellt einen hohen Geschwindigkeitsvorteil gegenüber der rigorosen Simulation mit der DDA dar. Der Fehler in Bezug auf die Gesamtsimulation ist hierbei zu vernachlässigen. Für realitätsnahe Simulationen steigt die Dimension des linearen Gleichungssystems der DDA stark an. Für nanostrukturierte Oberflächen mit einer Kantenlänge von etwa 10 µm sind bereits ~107 Unbekannte zu bestimmen. Die Kondition der zugehörigen Systemmatrix verschlechtert sich mit steigender Dimension, so dass die Konvergenz der Iterationsverfahren nicht mehr gewährleistet ist. Es wurden daher verschiedene Vorkonditionierungstechniken untersucht, um die Konvergenz und die Stabilität der Iterationsverfahren zu erhöhen. Dabei konnte mit einem in der Frobeniusnorm optimierten, dünnbesetzten Vorkonditionierer (Sparse Approximate Inverse) und mit einem adaptierten Neumann-Vorkonditionierer die Stabilität verbessert werden, jedoch nur verbunden mit einer erhöhten Rechendauer. Zur messtechnischen Verifikation diente ein eigens konstruierter, winkelauflösender Laboraufbau, mit welchem hochaufgelöste Streulicht-Intensitätsmessungen möglich sind. Dabei wird die zu charakterisierende Probe von einem Laser beleuchtet. Ein hochempfindlicher Detektor misst in einem festen Abstand rotierend um die Probe die Intensitäten. Für reproduzierbare Messergebnisse musste hier besonders auf eine störungsfreie Entkopplung der Detektorbewegung zur Beleuchtungseinheit geachtet werden. Die Verifikation erfolgte anhand Referenzstrukturen aus der Nano-Imprint-Lithografie. In Messungen konnten analog zu den entsprechenden Simulationen Oberflächendefekte (bspw. Kratzer) in der Streulichtverteilung eindeutig erkannt werden. In den Simulationen und den Messungen zeigte sich jeweils, dass häufig die Auswertung geringer Raumwinkelbereiche zur Strukturcharakterisierung ausreicht. In-prozess-fähige Messsysteme können folglich derart konstruiert werden, dass in diesen Raumwinkelbereichen beispielsweise mit einem digitalen Kamerachip Streulicht-Intensitäten gemessen werden, um somit eine qualitative Aussage über die gefertigten Nanostrukturen zu treffen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Parallelisation of rigorous light scattering simulation algorithms for nanostructured surfaces. CIRP Annals - Manufacturing Technology 59/1, (2010), S. 581-584
Tausendfreund, A.; Goch, G.
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Parallelisierung rigoroser Streulicht- Simulationsalgorithmen für nanostrukturierte Oberflächen. tm - Technisches Messen 77, 4, (2010), S. 215-220
Tausendfreund, A.; Patzelt, S.; Goch, G.