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Sexualhormonmodulierte funktionelle Hirnorganisation und deren Bedeutung für kognitive Leistungen

Antragstellerin Dr. Ulrike Bayer
Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2009 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 136682779
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ein Einfluss der Sexualhormone auf die funktionellen zerebralen Asymmetrien in der visuellen und auditorischen kognitiven Domäne konnte bei jüngeren Frauen während des Menstruationszyklus und bei postmenopausalen Frauen mit Hormontherapie in den letzten Jahren nachgewiesen werden. Der Zusammenhang zwischen dem Ausmaß funktioneller Asymmetrien und allgemeinen kognitiven Leistungen war bislang unklar. Die Ergebnisse einer Studie deuten daraufhin, dass stärkere funktionelle Asymmetrien zugunsten der rechten Hemisphäre bei Männern tatsächlich mit besseren mentalen Rotationsleistungen gegenüber Frauen, die eine eher symmetrische Hirnorganisation aufwiesen, einhergehen. Trotz positiv validierter Zyklusphasen veränderten sich die funktionellen Asymmetrien mentaler Rotationsprozesse überraschenderweise nicht signifikant über den Zyklus. Dieser (Negativ-)Befund wird durch drei weitere Untersuchungen untermauert, deren Ergebnisse dafür sprechen, dass die Leistungen in der mentalen Rotation zwar in Abhängigkeit des Geschlechts und der Aufgabenschwierigkeit variieren, jedoch nicht sensitiv gegenüber schwankenden Sexualhormonkonzentrationen während des Menstruationszyklus sind. Somit bestätigte sich die Annahme, dass die mentale Rotation insbesondere geschlechtssensitiv ist. In einer verbalen (Word matching) und einer non-verbalen (Gesichtserkennung) visuellen Halbfeld-Aufgabe waren wiederum keine Geschlechtsunterschiede in den funktionellen Asymmetrien zu erkennen. Allerdings scheint es ein divergierendes Muster in Bezug auf ein Optimum im Lateralisierungsausmaß für die Leistungen in einer Parallelaufgabe zu geben. Hier zeigen die in den Einzelaufgaben stark lateralisierten Männer bessere Leistungen im Vergleich zu schwächer lateralisierten Männern. Bei Frauen dagegen ging eine eher symmetrische Hirnorganisation mit besseren kognitiven Leistungen einher. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass weniger die Ausprägung der funktionellen Asymmetrien per se, als vielmehr das Optimum in der Ausprägung für generelle kognitive Leistungen bei Männern und Frauen unterschiedlich ist. In einer weiteren Studie zu Geschlechtsunterschieden unter Verwendung eines dichotischen Hörtests zeigten Frauen im Vergleich zu Männern sogar stabilere funktionelle Asymmetrien in einer verbalen und einer prosodischen Aufgabe. Spezifisch bei Männern mit einer hohen emotionalen Labilität waren die Asymmetrien signifikant reduziert, wohingegen Frauen ungeachtet der emotionalen Labilität in beiden Aufgaben typische Lateralisierungsmuster aufwiesen. Inwiefern dies im Zusammenhang mit möglichen neuroprotektiven Eingenschaften der Sexualhormone stehen könnte, bleibt spekulativ. In einem langfristig angelegten Forschungsvorhaben ist geplant, eben dieser Frage insbesondere bei postmenopausalen Frauen nachzugehen. Insgesamt scheint eine Sensitivität der funktionellen Gehirnorganisation gegenüber den Sexualhormonen deutlich von der Aufgabenschwierigkeit beeinflusst zu sein. Unter Verwendung rein motorischer Aufgaben unterschiedlicher Komplexität konnten sowohl bei jüngeren Frauen während des Menstruationszyklus als auch bei postmenopausalen Frauen mit Hormontherapie Veränderungen in den manuellen Asymmetrien insbesondere in der komplexesten Aufgabenbedingung nachgewiesen werden. Bei jüngeren Frauen ist eine über erhöhte Sexualhormonspiegel während der lutealen Zyklusphase vermittelte Modulation interhemisphärischer motorischer Prozesse wahrscheinlich. Die bei postmenopausalen Frauen mit HRT beobachtete östradiol-abhängige Veränderung der manuellen Asymmetrie lässt positive Effekte auf die interhemisphärische Konnektivität bilateraler motorischer Areale annehmen, die einer altersabhängigen Reorganisation innerhalb des motorischen Systems entgegenwirken können.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2010). Hormone therapy in postmenopausal women affects hemispheric asymmetries in fine motor coordination. Hormones and Behavior, 58(3), 450-456
    Bayer, U., & Hausmann, M.
  • (2010). Sex hormonal effects on hemispheric asymmetry and interhemispheric interaction. In: Hugdahl, K.,Westerhausen R. (Eds.): The two halves of the brain: Information processing in the cerebral hemispheres. Cambridge, MA: MIT Press, 253- 285
    Hausmann, M., & Bayer, U.
  • (2011) TMS over the left angular gyrus impairs the ability to discriminate left from right. Neuropsychologia, 49(1), 29-33
    Hirnstein, M., Bayer, U., Ellison, A., & Hausmann, M.
  • (2011). Atypical lateralization in emotional prosody in men with schizotypy. Laterality, iFirst, 1-16
    Najt, P., Bayer, U., & Hausmann, M.
  • (2011). Sex hormone therapy and functional brain plasticity in postmenopausal women. Neuroscience, 191, 118-128
    Bayer, U., & Hausmann, M.
 
 

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