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Nachweis von "Vortices" in atomaren Ionisationsprozessen

Antragsteller Dr. Lothar Schmidt
Fachliche Zuordnung Optik, Quantenoptik und Physik der Atome, Moleküle und Plasmen
Förderung Förderung von 2009 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 136908543
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen dieses Projektes wurden Messungen zur Elektronenemission in langsamen Ion-Atom-Stößen mit im Vergleich zu früheren Messungen wesentlich verbesserter Auflösung und Statistik durchgeführt. Ziel war es, Wirbel in der Wellenfunktion des emittierten Elektrons anhand des damit verbundenen lokalen Minimums in der Impulsdichte nachzuweisen. In enger Zusammenarbeit mit der Theoriegruppe um Dave Schulz, Serge Ovchinnikov und John Macek, welche diese Wirbel für das Stoßsystem p+H vorhergesagt hatte, wurde zunächst nach einem für die Messung geeigneten Stoßsystem und einer optimalen Stoßgeschwindigkeit gesucht. Ausgewählt wurde die Transfer-Ionisation projHe2+ + He -> projHe+ + He2+ + e- bei einer Projektilenergie um 10 keV/u. Hier liegt der beste Kompromiss zwischen hohem Wirkungsquerschnitt und der Optimierbarkeit des Spektrometers auf die erwarteten Impulsverteilungen. Nach aufwendigem Umbau eines vorhandenen Messplatzes mit weitgehender Neukonstruktion wesentlicher Komponenten wurden für sechs Stoßenergien zwischen 7 keV/u und 15 keV/u Messungen durchgeführt. Die gesuchten Vortices konnten durch diese Messungen nachgewiesen werden. Interessanterweise zeigten sich die Vortices jedoch nicht wie ursprünglich theoretisch vorhergesagt mit der Vortex-Achse senkrecht zur Streuebene, sondern parallel zur Stoßrichtung. Um diesen Umstand zu klären, wurden von den Theoretikern neue Rechnungen durchgeführt, bei denen die beiden Elektronen zunächst in einer quasi-molekularen Basis beschrieben werden. Erst in der Endphase des Stoßes wird die Wellenfunktion auf einem Gitter propagiert. Dies ist notwendig, um Details der Elektronenverteilung (wie z.B. die Vortices) zu beschreiben. Die ursprünglichen Rechnungen hatten beim gesamten Stoßprozess die elektronische Wellenfunktion auf einem Gitter beschrieben und konnten deshalb aufgrund des hohen Rechenaufwandes nur für wenige Stoßparameter durchgeführt werden. Dies war offensichtlich nicht ausreichend, um Messungen zu beschreiben, bei denen grundsätzlich nur der Streuwinkel bzw. Impulsübertrag zwischen den Atomkernen, nicht aber der Stoßparameter zugänglich ist. Diese neuen Rechnungen stellen einen Durchbruch in der theoretischen Beschreibung solcher Reaktionen dar und haben die Idee der Untersuchung von dynamischen Kopplungen molekularer Zustände durch Analyse der Elektronenverteilung neu beflügelt. Während früher nur die Emission von Elektronen aus den quasi-molekulare 1sσ und 2pπ Orbitalen diskutiert wurde, erfordert die Erklärung der gemessenen Vortices die Berücksichtigung weiterer Reaktionswege, insbesondere 2σ und 3dδ. Erst kürzlich durchgeführte Analysen der Messdaten zeigen, dass unterhalb von 10 keV/u noch wesentlich mehr Reaktionskanäle zur Elektronenemission beitragen, und die Anteile mit δ Symmetrie unerwartet stark sind. Die apparativen Verbesserungen während der Vorbereitung der Vortex-Messungen haben außerdem die Weiterführung von Experimenten zum dissoziativen Elektroneneinfang in H2+- bzw. HD+-Projektile aus einem He-Target ermöglicht (DFG-Projekt). In zwei Veröffentlichungen wird der Einfluss anfänglicher Vibrationsanregung des Moleküls bzw. der Stoßanregung beim Elektronentransfer auf die Dissoziation diskutiert.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Theoretical demonstration of the feasibility of observing vortices in the ejected-electron spectrum in bare-ion-two-electron-atom collisions, Phys. Rev. A 83, 060701 (2011)
    S. Y. Ovchinnikov, J. H. Macek, L. Ph. H. Schmidt, and D. R. Schultz
  • Spatial imaging of the H2+ vibrational wave function at the quantum limit. Phys. Rev. Lett. 108, 73202 (2012)
    L. Ph. H. Schmidt, T. Jahnke, A. Czasch, M. Schöffler, H. Schmidt-Böching, R. Dörner
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.108.073202)
  • Momentum Transfer to a Free Floating Double Slit: Realization of a Thought Experiment from the Einstein-Bohr Debates, Phys. Rev. Lett. 111, 103201 (2013)
    L. Ph. H. Schmidt, J. Lower, T. Jahnke, S. Schößler, M. S. Schöffler, A. Menssen, C. Lévêque, N. Sisourat, R. Taïeb, H. Schmidt-Böcking, and R. Dörner
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.111.103201)
  • Vortices associated with the Wave Function of a Single Electron emitted in Slow Ion-Atom Collisions, Phys. Rev. Lett. 112, 083201 (2014)
    L. Ph. H. Schmidt, C. Goihl, D. Metz, H. Schmidt-Böcking, R. Dörner, S. Yu. Ovchinnikov, J. H. Macek, and D. R. Schultz
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.112.083201)
  • Quasi-molecular electron promotion beyond the 1sσ and 2pπ channels in slow collisions of He2+ and He
    L. Ph. H. Schmidt, M. Schöffler, C. Goihl, T. Jahnke, H. Schmidt-Böcking, R. Dörner
 
 

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