Urbane Orte des Kulturkontakts in der Weltgesellschaft - die Rolle interkultureller Performance, Kanada, Deutschland
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Wie begegnen sich Fremde zufällig in den öffentlichen und semi-öffentlichen Räumen der Stadt? Wann wird aus anonymen, flüchtigen Begegnungen Kontakt und Interaktion? Mit welchen Umgangsformen versuchen Stadtbewohner durch die Dichte und Anonymität städtischer öffentlicher Räume zu navigieren? Und welche konkreten baulichen Rahmungen wie z.B. Platzgestaltungen, Straßenmobiliar usw. tragen dazu bei, dass konkrete Straßen, Plätze und Orte in einer Stadt einen förderlichen Rahmen für gelungene, fremde Begegnungen stellen? Diese Fragen nach einem gelungenen Alltagsleben und Interaktionen in den Urbanen öffentlichen Räumen werden angesichts von Zuwanderung und zunehmender kultureller Vielfalt in unseren Städten immer drängender. In diesem Forschungsprojekt haben wir die Funktionsweisen und Verläufe solch flüchtiger Begegnungen von Fremden im Stadtraum am Beispiel von Berlin untersucht Hierbei haben wir sowohl räumliche Settings wie Kneipen, Straßen, Plätze und Straßenfeste in den Blick genommen. Mit dem Mittel der Videographie wurden präzise visuelle Analysen von Performanzen der Begegnung im öffentlichen Raum der Stadt unternommen. Diese wurden anschließen kommunikativ in Fokusrunden mit verschiedenen Bevölkerungsgruppen validiert. Das Projekt ist innovativ, weil diese kurzfristigen, flüchtigen und zufälligen Sequenzen im urbanen Straßenleben bisher kaum untersucht werden. Zufällige Begegnungen zwischen Fremden finden jedoch jederzeit und allerorts in Städten statt, Sie prägen einen Großteil der Stadterfahrung und des Stadtlebens sowohl von Bewohner_innen wie auch Tourist_innen. Nach welchen Regeln funktioniert diese fluiden Interaktionen? Das flüchtige Forschungssujet verlangt nach einer situativen Auffassung von Begegnung. Deshalb wurde in dem Projekt die aus der britischen und Kulturgeographie stammende Forschungsrichtung der Geographien urbaner Begegnungen erstmalig konsequent im deutschen Sprachraum angewendet und weiter entwickelt. Im Vordergrund der Forschung zu Begegnungsgeographien steht das Potenzial von Interaktionen, zu einer interkulturellen Verständigung zu gelangen bzw. Vorurteile zwischen unterschiedlichen sozialen und ethnischen Gruppen abzubauen. Durch empirische Langzeitbeobachtungen mithilfe von Videokameras sowie der Diskussion von ausgewählten Interaktionen in Fokusrunden konnte die Verbindung zwischen Performanzen als körperliches Aufführen von bestimmten Rollen oder Haltungen in den kurzfristigen Begegnungen zwischen Fremden und dem physischen Setting, in dem diese stattfinden, analysiert werden. Im Ergebnis zeigt sich, dass urbanes Stadtleben in den öffentlichen Räumen zu einem Großteil aus sogenannten ,situativen Orten' besteht. Das bedeutet, Straßen, Plätze oder Bars in der Stadt sind nicht permanent an jedem Tag oder zu jeder Uhrzeit die gleichen. Vielmehr entsteht der eigentliche soziale Charakter eines Ortes und des Straßenlebens erst durch das Zusammenspiel von Fremden, ihren Begegnungsformen, Performanzen und der materiellen Örtlichkeit. Dieses Amalgam von Begegnung, Performanz und physisch-räumlichen Bedingungen bezeichnen wir als situative Orte. Solche fluiden Begegnungsorte von Fremden stellen ein wesentliches Element weltgesellschaftlicher Urbanität dar. Das wesentliche Ergebnis des Projekts ist somit die Entwicklung einer Theorie des situativen Ortes. Auf der Grundlage von Beobachtung und Diskussion wurde ein vertieftes Verständnis der Wechselbeziehung zwischen physischem Raum und Interaktionen zwischen Fremden ermöglicht.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2010); Intercultural interaction and ,situational places'; a perspective for urban cultural geography within and beyond the cultural turn. Social Geography 5(1), 39-48
Dirksmeier, Peter & Helbrecht, Ilse
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(2011): Geographien der Begegnung. Geographische Zeitschrift 99 (2/3), 84-103
Dirksmeier, Peter, Mackrodt, Ulrike & Helbrecht, Ilse
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(2011): Neue Abschottungsbedürfnisse und Sozialer Friede: Veränderte Formen der Segregation im Zeitalter der Wissensökonomie. In: RegioPol. Zeitschrift für Regionalwirtschaft, H.1/2, S. 139-144
Helbrecht, Ilse
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2011: Performative Urbanität - die dauerhaften Folgen flüchtiger Begegnungen in der Stadt. In: Wohnbund-Informationen 2 + 3, S. 25-27
Helbrecht, Ilse & Peter Dirksmeier
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(2012): Auf dem Weg zu einer Neuen Geographie der Architektur: Die Stadt als Bühne performativer Urbanität. In: Geographische Revue 14, H.1, 11-26
Helbrecht, Ilse, & Dirksmeier, Peter
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2012: New Urbanism. Life, Work, and Space in the New Downtown, Farnham: Ashgate
Helbrecht, Ilse & Dirksmeier, Peter (eds.)