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Kulturinszenierungen. Inwertsetzung von ethnisch-kultureller Vielfalt im Kontext urbaner Umstrukturierungsprozesse

Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung Förderung von 2010 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 137113293
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In Großstädten wird die ethnisch-kulturelle Vielfalt der Bevölkerung zunehmend zum Thema des Stadtmarketing, innerstädtische Wohngebiete werden mit Verweis auf ihre Diversität beworben. Die noch vor kurzem als städtisches Problem angesehene Präsenz von Bewohnern unterschiedlicher nationaler Herkunft wird nun oft positiv bewertet. Das Projekt argumentiert, dass sich ethnisch-kulturelle Vielfalt zur städtischen Ressource entwickelt hat: Sie wird sowohl ökonomisch inwertgesetzt als auch für die symbolische Aufwertung genutzt. In innenstadtnahen Stadtbezirken mit einem hohen Anteil von Migranten an der Wohnbevölkerung greifen dabei kommunale Stadtplanung und -entwicklungsförderung, Aufwertungsdruck durch die Immobilienwirtschaft und die mediale und touristische Attraktivitätssteigerung ineinander, wie das Projekt anhand einer kulturanthropologischen Forschung am Beispiel zweier Stadtteile von Frankfurt am Main zeigen konnte. Wie aber wird diese Neubewertung von Einwanderervierteln als Orte, an denen Exotik und bunte Vielfalt konsumiert werden können, erzielt und vermittelt? Das Projekt argumentiert, dass die Inwertsetzung der ethnisch-kulturellen Vielfalt mit spezifischen Formaten der Inszenierung von Stadtteilen operiert. Eines dieser Formate sind Großveranstaltungen, die für einen kurzen Zeitraum einen ganzen Stadtteil zur Bühne machen und Freilufttheater und -musikdarbietungen, Stadtführungen, künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum sowie gastronomische Angebote verbinden. Das Projekt untersuchte im Einzelnen, wie die ästhetische Neukodierung vormals als problematisch repräsentierter Attribute und die Erstellung einer attraktiven Benutzeroberfläche für einen solcherart inszenierten Stadtteil funktioniert. Es fragte auch nach den Auswirkungen für Bewohner, Gewerbetreibende und alltägliche Nutzer. Denn während ethnisch-minoritäre Kulturen als Ressourcen für die ökonomische und symbolische Aufwertung von städtischen Teilräumen genutzt werden, wird die Grundlage der kulturellen Diversität durch Prozesse der Aufwertungsverdrängung erodiert. Ein weiteres Ergebnis der Forschung verweist darauf, dass der Begriff “Diversität” in Stadtpolitik und Standortmarketing sich vom ausschliesslichen Bezug auf ethnisch-kulturelle Vielfalt löst. Auch sozioökonomische Gegensätze oder sozialmoralische Kontraste werden zunehmend in die Inszenierungen von Stadtteilen als Attribute konsumierbarer Diversität einbezogen. Verschiedene Dimensionen der Differenz zwischen sozialen Kollektiven werden damit der Tendenz nach als austauschbar begriffen und zugleich soziale Ungleichheitsentwicklungen in Städten dethematisiert.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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