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Metabolismus und Eliminationskinetik des Cannabiskonsummarkers delta3-Tetrahydrocannabinolsäure A

Fachliche Zuordnung Public Health, Gesundheitsbezogene Versorgungsforschung, Sozial- und Arbeitsmedizin
Förderung Förderung von 2009 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 139540719
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Als Kernstück des Projekts wurde eine Probandenstudie (n = 16) durchgeführt, in der Δ9-Tetrahydrocannabinolsäure A (THCA A) oral (10 mg) und mit zwei Wochen Abstand intravenös (5 mg) verabreicht wurde, um Pharmakokinetik und Metabolismus der Substanz zu untersuchen. Im Vorfeld wurden alle Probanden mittels im Rahmen des Projekts entwickelter Methoden bezüglich der CYP450-Isoenzyme CYP1A2, 2C9, 2C19, 2D6 und 3A4 phänotypisiert (Cocktailansatz mit fünf Testsubstanzen) und genotypisiert. Durch in vitro Versuche mit humanen Lebermikrosomen wurden CYP2C9 und 3A4 als hauptsächlich an der Metabolisierung beteiligte Isoenzyme identifiziert. Interindividuelle Unterschiede, die durch die festgestellten Phäno- oder Genotypen erklärbar gewesen wären, konnten nicht festgestellt werden. Der Metabolismus entsprach im Wesentlichen dem Metabolismus von THC, wobei als Hauptunterschied die Glucuronidierung der phenolischen Carbonsäurefunktion hervorzuheben ist. Als Vorbereitung für die exakte Konzentrationsbestimmung von THCA A mittels Flüssigchromatographie-Tandemmassenspektrometrie (LC-MS/MS) wurde erstmals ein analoger, isotopenmarkierter interner Standard (D3-THCA A) synthetisiert. Unter Einsatz dieses internen Standards wurden Nachweismethoden für die Analyse von Serum und Haar entwickelt und nach forensischen Richtlinien validiert. Bemerkenswert im Hinblick auf die Pharmakokinetik, die unter Verwendung einer hochspezifischen und sensitiven LC-MS/MS-Methode und Anwendung verschiedener pharmakokinetischer Modelle untersucht wurde, war die im Vergleich zu THC ausgesprochen hohe orale Bioverfügbarkeit von THCA A, die im Wesentlichen auf einen vergleichsweise geringen First-Pass-Effekt zurückzuführen sein dürfte. Unter Berücksichtigung der Untersuchungen von Cannabisrauch-Kondensaten, in denen nur sehr wenig THCA A nachgewiesen wurde, kann THCA A zwar als Marker für eine orale Aufnahme von nicht oder wenig erhitztem Cannabismaterial betrachtet werden, kommt aber aufgrund der geringen Aufnahme bei Rauchkonsum und der lnagen Nachweisdauer, die sich auch nach einer Einzeldosis über mehrere Tage erstreckt (die terminale Eliminationshalbwertszeit lag bei ca. 8 Stunden), nicht als Indikator für einen kurz zurückliegenden Cannabiskonsum in Betracht. Bei den Ergebnissen der Haaranalytik ergab sich entgegen der ursprünglichen Erwartungen, dass die im Vergleich zu THC oft hohen Konzentrationen an THCA A, die im Haar von Konsumenten gefunden werden, nicht über Passivrauchexposition erklärt werden können (bei Passivrauchexposition kommt es aber zu einer Belastung mit THC, die durch Waschen nicht vollständig entfernt wird und zu „falsch positiven“ Ergebnissen führen kann). Auch eine Einlagerung aus dem Körperinneren in das Haar konnte anhand eines wissenschaftlichen Selbstversuchs (hoch dosierte Einnahme von THCA A über 30 Tage und anschließende Haaranalyse) als Ursache für die hohen THCA A-Werte im Haar ausgeschlossen werden. Als alternative Erklärung für diesen Befund kann z. B. eine Übertragung der Cannabinoide über nach Kontakt mit Cannabismaterial kontaminierte Finger angenommen werden. Diese Ergebnisse weisen eine hohe Praxisrelevanz auf, da die Haaranalyse auf Cannabinoide, bei der methodenbedingt THCA A zum Teil zu THC decarboxyliert und als solches analytisch miterfasst wird, nach wie vor häufig zur Abstinenzüberprüfung angewendet wird und dies insbesondere bei Untersuchungen von Kinderhaar oder von Haarproben, die bei Personen abgenommen wurden, die zwar nicht selbst konsumieren, deren Partner aber Cannabiskonsumenten sind, zu falschen Schlüssen mit schwerwiegenden Folgen führen kann.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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