Qualitätsoptimierung in der Elektronikfertigung mit Hilfe von Data Mining Techniken
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Es wurden Data Mining Algorithmen aus den Bereichen strukturentdeckender und strukturprüfender Verfahren analysiert. Dazu gehören: • Entscheidungsbäume (Classification and Regression Trees – C&RT, Chi Squared Automatic Regression –CHAID, ID3 und C4.5 bzw. C5.0) • Neuronale Netze (Back Propagation, Radiale Basis Funktionen) • Kohonennetze • Clusterverfahren (K-Nearest Neighbour – KNN, hierarchische Clusterverfahren) • Regressionsverfahren (logistische Regression, multiple Regression) • Varianzanalysen Diese Verfahren sind in unterschiedlichen Entwicklungsumgebungen implementiert und wurden auf die folgende Fragestellung analysiert: Wie beeinflussen Fertigungsbedingungen und eingesetzte Materialien das Voiding (Porengehalt) in SMD Lotstellen? Dazu wurden die wesentlichen Einflussgrößen extrahiert und analysetauglich aufbereitet (Verwendung messbarer möglichst metrischer Größen). Insbesondere aus Bilddaten wurden die relevanten Größen (Voidgröße, Voidposition, Voidanzahl, Benetzungsfläche des Lotes) extrahiert. Anschließend wurde dem Data Mining CRISP-DM Ansatz gefolgt. Als Teilschritte wurden Datenaufbereitung (Ausreißeranalyse, Fehlerwertbehandlung, Zusammenführung unterschiedlicher Datenbanken), Modellierung (strukturprüfende und strukturentdeckende Verfahren) und der Evaluierungsschritt durchgeführt. Für die vorliegenden Fragestellungen sind vor allem interpretationsstarke Verfahren (Entscheidungsbäume, Regressionen) zur konkreten Steuerung der Fertigungsparameter geeignet. Bei diesen Verfahren sind einfache Handlungsanweisungen ableitbar. Dabei sind speziell die regressionsbasierten Verfahren hinsichtlich ihrer Komplexität und der Modellparameter einfach zu bewerten. Da für dieses Projekt metrische und kategoriale Daten immer gemischt vorkommen (Material und Messdaten), schließen sich eine Vielzahl von Data Mining Verfahren für die wichtigsten Kernfragen des Projektes aus. Als Besonderheit sind neuronale Netze zu nennen. Mit diesen wurden hohe Genauigkeiten für Prognosefragestellungen erzielt. Allerdings sind neuronale Netze primär für metrische skalierte Eingangsdaten geeignet. Dennoch ist es durch geeignete Umformung möglich, kategoriale Daten quasimetrisch (Binärmodellierung der kategorialen Level) darzustellen. Im Vergleich zum Stand vor dem Projektbeginn sind nun umfangreiche Erfahrungen mit der Data Mining Methodik gesammelt worden. Es wurde die Eignung für bestimmte Problemstellungen (Aufzeigen von Abhängigkeiten vs. Prognose) mit unterschiedlicher Datenqualität und Datenquantität untersucht. Bei der Analyse der Data Mining Verfahren hat sich herausgestellt, dass für die Ursachenforschung (Was sind die relevanten Einflüsse auf den Voidgehalt) vor allem klassische statistische Ansätze (Varianzanalyse) aufgrund ihrer Interpretierbarkeit, ihrer Genauigkeit und der Reproduzierbarkeit der Ergebnisse besonders geeignet sind. Ist die Vorhersagegenauigkeit des Modells entscheidend und sind die Eingangsgrößen primär metrischer Natur, so haben neuronale Netze eine sehr gute Performance erzielt. Insgesamt wird konstatiert, dass der Datenbestand bezüglich des Qualitätsmerkmals Voids für die Fertigung von SMD Funktionsbaugruppen in der Industrie gering ist. Dies liegt vor allem an den erhöhten Kosten (z. B. Röntgenausrüstungen), die durch den zusätzlichen Prüfschritt entstehen. Für die zentrale Fragestellung, wie Voids beeinflusst werden, sind umfangreiche Erkenntnisse gesammelt worden. Ein wichtiger Aspekt ist, dass die Voidentstehung und damit der Voidgehalt entscheidend davon abhängt, welche Anschlussgeometrie vorliegt. Flächenlötungen weisen andere Formen, Größen und Lagen im Lotkontakt auf, als dies bei Ball Kontakten der Fall ist. Gemeinsam ist, dass die eingesetzten Materialien einen großen Einfluss auf die Voidbildung haben. Die ermittelten Abhängigkeiten sind vielschichtig und daher nicht pauschal zu beurteilen. Aus diesem Grund ist es wichtig, für jede Fragestellung bzw. jedes Applikationsfeld eine individuelle Analyse bzw. Auswertung durchzuführen. Ein Framework auf rein statistischer Basis konnte in einem Parallel-Projekt mit dem Tool „Voidexpert“ geschaffen werden. Die enge Verknüpfung bezüglich des Datenbestandes lässt in „Voidsexpert“ zukünftig die Implementierung weiterer Analysearten erscheinen, die auf Ergebnissen des DFG Projektes beruhen. Insbesondere Entscheidungsbaumansätze sind hier geeignete Erweiterungsoptionen. Die bereits beschriebenen Arbeiten wurden durch nichtlineare Finite-Elemente-Simulationen ergänzt. Dazu wurde mithilfe des Softwarepaketes ANSYS ein Framework für die Erstellung von dreidimensionalen Modellen für Area Array Packaging Lösungen (BGA und BGA ähnliche) erstellt. Durch die Parametrisierung entscheidender Geometriegrößen kann damit eine Vielzahl von Packaging Lösungen nachgebildet werden. Weiterhin ist es möglich, Lotkontakte mit und ohne Gaseinschlüsse (Voids) zu modellieren. Somit kann ein Lotkontakt unter gleichen Bedingungen in den Konfigurationen mit und ohne Gaseinschlüsse verglichen und bewertet werden. Für die Bestimmung der charakteristischen Zuverlässigkeitsgröße wurden repräsentative Volumenanteile definiert, in denen dann die akkumulierte Kriechdehnung über einen Temperaturzyklus bestimmt und entsprechend eines kontinuumsmechanischen Schadensansatzes ausgewertet wurde. Die Simulationsergebnisse haben gezeigt, dass sich die größten Belastungen der Lotkontakte an den Grenzflächen sowohl zum Interposer-Pad als auch zum Leiterplatten-Pad befinden. Zusätzlich wurden umfangreiche Schliffbilder von Area Array Bauelementen erstellt und bewertet. Zwischen Simulation und metallografischen Untersuchungen konnte eine sehr gute Übereinstimmung mit den Rissvorkommen in den Schliffbildern festgestellt werden. Insbesondere die „Solder Mask Defined“ Strukturierung der BGA Pads sorgt für eine erhöhte Belastung in diesem Bereich. Entsprechend ist das Potential zu einer Reduzierung der Zuverlässigkeit durch Voids in diesen Bereichen hoch. Alle Simulationen prognostizierten eine Erhöhung der Lebensdauer für den voidhaltigen Kontakt im Vergleich mit dem voidlosen Kontakt. Dabei verstärkt sich der Effekt mit steigender Voidgröße. Liegen die Voids nur teilweise im Lotkontakt bzw. an den Rändern, so wird der Einfluss auf die Zuverlässigkeit sehr gering. Eine Analyse der Voiddichte wies darauf hin, dass die Zuverlässigkeit der BGA-Lotkontakte von dem Volumenanteil der Voids und nicht von dem projizierten Flächenanteil abhängig ist. Es konnte ebenfalls festgestellt werden, dass der Schadensansatz im Rahmen der Kontinuumsmechanik insbesondere von der Wahl der repräsentativen Volumen abhängt. Gleichzeitig wird die zeitliche Ausbreitung des Risses prinzipbedingt nicht berücksichtigt. Deshalb wird für zukünftige Untersuchungen die Kopplung mit zeitlich sukzessiver Rissfortbildung vorgeschlagen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Void Expert – Demonstrations- und Vollversion
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“Analyse der Einflussgrößen zur Minimierung von Voids beim Reflowlöten“ Tagung Weichlöten, Hanau, 2009
Wohlrabe, H.
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“Data Mining in Electronics Packaging” 32th International Spring Seminar on Electronics Technology, Brno, S. 1-7, 2009
Meyer, S.; Wohlrabe, H.; Wolter, K.-J.
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“Neural Network Modeling to Predict Quality and Reliability for BGA Solder Joints“ Proceedings of 60th Electronic Components and Technology Conference (ECTC), S. 1596 - 1603, Las Vegas, Nevada, 2010
Meyer, S.; Wohlrabe, H.; and Wolter, K.–J.
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“Statistische Analyse des Voidings“ Abschlussveranstaltung Arbeitskreis Poren Hanau, 2010
Wohlrabe, H.
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“Finite Element Modeling on Thermal Fatigue of BGA Solder Joints with Multiple Voids” 34th International Spring Seminar on Electronics Technology; High Tatras, Slovakia, 2011
Schwerz, R.; Meyer, S.; Roellig, M.; Meier, K.; Wolter, K.-J.
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“Porenbildung und Vermeidung bei QFN“ 3. Berliner Technologieforum, 2011
Wohlrabe, H.
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„Voids (Poren) in bleifreien Lötverbindungen: Ursachen, Einflüsse, Minimierung“ FED-Konferenz September 2011 in Würzburg
Wohlrabe, H.; Trodler J.