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Jüdischer Humanismus bei Yohanan Alemanno

Fachliche Zuordnung Religionswissenschaft und Judaistik
Förderung Förderung von 2009 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 141251944
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Auf der Grundlage der kritischen Edition kristallisiert sich die spezifische Methode und Gewichtung der Zusammenstellung und Bearbeitung Alemannos der von ihm herangezogenen Quellen heraus. Alemanno fügt in seinen Werken diverse Quellen zusammen, wirkt dabei zugleich aber auch kreativ auf seine Textbausteine ein: Durch Kürzungen, Schnitte, stilistische Anpassungen und Paraphrasen verarbeitet Alemanno seine Quellen und beweist in dieser Transformation eine bemerkenswerte Freiheit im Umgang mit dem überkommenen Textmaterial. Er entfernt sich so beträchtlich vom Literalismus mittelalterlicher Zitierweise und arbeitet letztendlich wie ein Humanist. Dies zeigt sich besonders in seiner Bearbeitung der ihm vorliegenden kabbalistischen Kommentare zum "Sefer Yetsira", die in ihrem spekulativen Gehalt für Alemanno wesentlich inspirierender waren als die eher deskriptiven Passagen der Kosmologie und Angelologie, die in den Texten der Hekhalot-Literatur zu finden sind. Wenngleich der von Alemanno im Prolog von MS Paris 849 entwickelte Weisheitsbegriff in der christlichen Gelehrtenwelt sein Vorbild hat, lässt doch sein Verständnis von Weisheit (hebr. Hokhma) die ganze Kraft ihrer Autonomie, eben einer in der jüdischen Weisheitstradition wurzelnden Autonomie, erkennen. Die jüdischen Quellen wiederum werden hierarchisiert, wobei die magisch-kabbalistische Literatur gegenüber der rabbinischen und philosophischen Literatur für höherwertig gehalten wird. Die Kompositionsweise des Prologs, der fast durchgängig aus Versatzstücken der Hebräischen Bibel besteht, impliziert Alemannos hermeneutisches Prinzip, wonach alle Weisheit bereits in dem Urtext der jüdischen Tradition präexistiert und lediglich freigelegt werden muss. Anders als bei Abraham Abulafia werden hierbei nicht die einzelnen Buchstaben der Tora kombiniert, sondern semantisch sinnvolle Wörter bzw. Wortgruppen. Es kann vermutet werden, dass die Reihenfolge der von Alemanno bearbeiteten Quellen in MS Paris 849, von der Philosophie über die Kabbala zu den magisch-mystischen Texten der Hekhalot-Literatur, ebenfalls programmatisch ist: Der Bereich göttlicher Transzendenz kann zwar durch die weisheitliche Spekulation der Philosophie und theosophischen Kabbala erreicht, aber letztlich nur in offenbarter, prophetischer bzw. mystischer Weise deskriptiv erfasst werden.

 
 

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