Spezifizierung und Implementierung eines datenschutzrechtlich unbedenklichen Verfahrens zur Verknüpfung sozialwissenschaftlicher Mikrodaten
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Datenschutzbestimmungen in der BRD setzen der Verknüpfung von Mikrodaten aus verschiedenen wissenschaftlich relevanten Datenbanken („Record-Linkage“) enge Grenzen. Solche Verknüpfungen sind nur unter Beachtung der faktischen Anonymität der Datensätze erlaubt. Infolge dessen wird Record-Linkage seltener durchgeführt, als es angemessen wäre. Das Projekt „Spezifizierung und Implementierung eines datenschutzrechtlich unbedenklichen Verfahrens zur Verknüpfung sozialwissenschaftlicher Mikrodaten“ hatte zum Ziel, Prozeduren und Programme bereit zu stellen, welche Datenverknüpfungen auch bei hohen Ansprüchen an die faktische Anonymität trotz unzureichender Datenqualität erlauben. Hierzu sollte zunächst eine praktikable Datentreuhänderlösung erstellt und durch die Datenschutzbehörden zertifiziert werden. Zusätzlich sollte nach Möglichkeit ein Verfahren entwickelt und zertifiziert werden, durch das sich faktisch anonymisierte Mikrodaten auch ohne Datentreuhänder fehlertolerant verknüpfen lassen. Die Arbeiten zur Einrichtung einer Vertrauensstelle zum Record-Linkage finden innerhalb des DFG-Projekts „Linkage-Zentrum“ statt. Erfolgreich verliefen die Arbeiten an dem Verfahren für die faktisch fehlertolerante Verknüpfung anonymisierte Mikrodaten auch ohne Datentreuhänder. Im Jahr 2009 wurde ein neues Verfahren für anonymisiertes, fehlertolerantes Record-Linkage veröffentlicht, das seither international intensiv aufgegriffen und rezipiert wurde. Die Arbeitsgruppe hat neben der Publikation lauffähige Software-Implementierungen des Verfahrens in verschiedenen Programmiersprachen vorgelegt. Das auf Bloom-Filtern basierende Verfahren wurde inzwischen von Arbeitsgruppen der University of Texas, Dallas und der Vanderbilt University kryptanalytisch untersucht und bei richtiger Parameterwahl als sicher eingestuft. Inzwischen hat das Verfahren hat die Aufmerksamkeit mehrerer anwendungsbezogener Arbeitsgruppen zum Record-Linkage gefunden. Die Arbeitsgruppe „Swiss National Cohort“ beabsichtigt das Protokoll routinemäßig für die Verbindung verschiedener medizinischer Erhebungen in der Schweiz zu verwenden. Das Aquas-Institut beabsichtigt eine Kooperation zur Berücksichtigung des Protokolls in der Standardsoftware der Krankenaussinformationsystemssoftware bei der Qualitätskontrolle der deutschen Perinataldaten. Die Arbeitsgruppe zur Vorbereitung eines „Nationalen Perinatalregisters“ beim RatSWD hat um Beratung bei der Anwendung des Protokolls gebeten. Die Arbeitsgruppe von Chris Dibben (University of St Andrews) hat eine Kooperation bei der Implementierung des Protokolls bei der Analyse medizinischer Routinedaten in Schottland im Rahmen der SHIP-Initiative angeregt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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2006. Die Anwendung statistischer Record-Linkage-Methoden auf selbst-generierte Codes bei Längsschnitterhebungen. ZA-Information 59 128–142
Schnell, Rainer, Tobias Bachteler und Jörg Reiher
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2009. Entwicklung einer neuen fehlertoleranten Methode bei der Verknüpfung von personenbezogenen Datenbanken unter Gewährleistung des Datenschutzes. MDA – Methoden, Daten, Analysen 3: 2 203–217
Schnell, Rainer, Tobias Bachteler und Jörg Reiher
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2009. Privacy-preserving record linkage using Bloom filters. BMC Medical Informatics and Decision Making 9: 41
Schnell, Rainer, Tobias Bachteler und Jörg Reiher
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2010. Zur Leistungsfähigkeit des Record-Linkage zwischen epidemiologischen Krebsregistern und dem Mammographie-Screening. Bundesgesundheitsblatt 53: 7 740–747
Giersiepen, Klaus, Tobias Bachteler, Tobias Gramlich, Jörg Reiher, Britta Schubert, Igor Novopashenny und Rainer Schnell