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Das Fada'il-Genre im arabisch-islamischen Schrifttum vom späten Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert - Untersuchung zu Ordnungsvorstellungen von Natur und Gesellschaft.

Fachliche Zuordnung Islamwissenschaft, Arabistik, Semitistik
Förderung Förderung von 2009 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 145389016
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Unterschied zum bisherigen Verständnis des Faḍā´ilschrifttums als Lobpreisung von Objekten unterschiedlicher Art (Dinge, Individuen, Gruppen, Orte und Regionen) zum Zweck der Statusvergabe und Hierarchiebildung ist nunmehr an Werken des 15.-18. Jahrhunderts eine weitere Bedeutungsfacette sichtbar geworden. Die Zuweisung von Vorzügen bzw. vortrefflichen Eigenschaften an Orte/Regionen und Herrscher/Dynastien - gleichsam an die >>großen Objekte<< – hat die Funktion gesellschaftlicher Selbstbeschreibung. Sie zeigt beide Objektbereiche im Zustand der Perfektion. Die Faḍā´ilwerke sind somit Bestandsaufnahmen der physischen und der menschlichen/sozialen Natur, ohne dass auf Mängel verwiesen wird. Sind es im einen Fall die agrarischen Erzeugnisse, die Moscheen oder die islamische Eroberung, so sind es im anderen Fall die Eigenschaften der Herrschaftsträger (Würde, Erhabenheit, Erfüllung der Vorschriften des religiösen Rechts, Überlegenheit über die christlichen Herrscher), die in ihrer Gesamtheit den Ordnungszustand zeigen. Im Ergebnis tritt geleitet vom Denkmuster des "Schönsten, Edelsten und Besten" in paradoxer Weise der Istzustand als Perfektionszustand beider Naturen in Erscheinung. Im Medium der Faḍā´il vollzieht sich somit – als weitere Bedeutung des Genres – die Selbstvergewisserung des Gelingens islamischer Ordnung. Für das an zwei Dutzend Werken untersuchte Genre ist nunmehr auch festzuhalten, ohne die übergeordnete Bedeutungsebene deshalb einzuschränken, dass in typischer Weise in den Vorworten die Entstehungsgründe expliziert werden. Sie sind selbst oder fremdmotiviert und gehören zu drei Kategorien: zum einen ist der Grund für die Abfassung der Werke der physischen Natur die explizite Liebe zum Wohnort und der dazugehörigen Region, zum anderen ist es eine historiographische Praxis, die Faḍā´il einschließt; ein weiterer Grund sind die Ordnung erschütternde Ereignisse, auf die man mit der Besinnung auf Faḍā´il reagiert. Ebenso hat sich gezeigt, dass innerhalb des Materialkorpus frühere Werke zu großen Teilen in spätere Eingang gefunden haben. Statt wie bisher in solchen Fällen von Plagiat vs. Originalität zu sprechen, ist es weitaus plausibler, von Traditionsgut auszugehen, das für lange Zeiträume keinen Veränderungen unterliegt. Es liegen bewahrenswerte Sinnvorgaben vor, die als wiederholbarer Themenvorrat – als Semantik der Perfektion - für die Beschreibung der beiden Naturen zur Verfügung stehen.

 
 

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