Entwicklung von Werkzeugen für digitale Formen wissenschaftlich-kritischer Musikeditionen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Musikwissenschaftliche Editionsvorhaben stehen seit einigen Jahren vor dem Wechsel von traditionellen Buchpublikationen hin zu digitalen Präsentationsmethoden. Im Rahmen des Forschungsprojekts "Entwicklung von Werkzeugen für digitale Formen wissenschaftlich-kritischer Musikeditionen" sind seit Beginn der Förderung Konzepte, Methoden und Werkzeuge entwickelt worden, die diesen Prozess unterstützen und vorantreiben. Während die ersten beiden Projektphasen der Bereitstellung grundlegender Werkzeuge zur Erstellung und Darstellung digitaler historisch-kritischer Musikeditionen dienten, war das Ziel der abschließenden Phase, die noch zum Teil aus analogen Rahmenbedingungen hervorgegangenen neuen editorischen Konzepte und Methoden systematisch durch digitale bzw. medienadäquatere zu ersetzen oder zu ergänzen. Dazu wurde die auf Internet-Technologie basierende Präsentationssoftware Edirom Online weiterentwickelt und für Teilbereiche völlig neu konzipiert. Die Codierungsempfehlungen der Music Encoding Initiative (MEI) und der Text Encoding Initiative (TEI) sind nunmehr vollständig integriert und dienen als Grundlage sämtlicher Codierungen musikalischer und textueller Dokumente. Durch die Codierung der Notentexte in MEI wird deren Darstellung in ad hoc generiertem, modernen Notensatz möglich, was von größter Bedeutung für zukünftige digitale Editionen sein wird. Dadurch konnte zudem eine grundlegende Suche in den musikalischen Inhalten umgesetzt werden, wozu eine Datenbankerweiterung entwickelt wurde, die über Edirom Online hinaus auch in anderen Kontexten einsetzbar ist. Neben zahlreichen Erweiterungen der Präsentationssoftware war die Integration der Funktionalität des bisher eigenständigen Bearbeitungswerkzeugs Edirom Editor in ein "Backend" von Edirom Online ein wesentlicher Aspekt der letzten Förderphase. Diese konzeptionelle Änderung stellt einen konsequenten Schritt hin zur Medienbruch-freien Bearbeitung der Dokumente digitaler Editionen dar. Im Rahmen der kooperierenden Editionsprojekte Max-Reger-Werkausgabe, OPERA - Spektrum des europäischen Musiktheaters in Einzeleditionen und Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe konnten etliche der in dieser Phase konzipierten und umgesetzten Änderungen erprobt werden. Neben den Klarinettenkonzerten Webers (Serie V, Band 6), den Bänden 1/2 und 1/3 der Reger-Werkausgabe und der (noch in Bearbeitung befindlichen) Edition von Salieris „Prima la musica e poi le parole" des OPERA-Projekts betreute und beriet Edirom erneut zahlreiche Vorhaben einzelner Wissenschafler bzw. Projektgruppen. Die Vermittlung digitaler Konzepte und ihrer Anwendung fand u.a. über den weiteren Ausbau der Internetseite des Projekts und den darauf veröffentlichten Leitfaden sowie durch die jährlichen Edirom Summer Schools statt, deren kontinuierlich erweitertes thematisches Angebot zu immer steigenden Teilnehmerzahlen führte. Die Dringlichkeit solcher Weiterbildungsmaßnahmen zeigte sich deutlich auch darin, dass das Projekt immer wieder Schwierigkeiten hatte, geeigneten Nachwuchs mit der seltenen Doppelqualifikation in Musikwissenschaft und Informatik zu finden. Das Projekt, das wesendich vom Teamgeist eines in dieser Hinsicht ideal zusammengesetzten Mitarbeiterstabs profitierte, konnte sich erfolgreich durch Publikationen und Präsentationen in den wissenschaftlichen Diskurs einbringen. Im Berichtszeitraum betreute das Projekt ein Sonderheft der Tonkunst zum Thema „Perspektiven Digitaler Musikedition". Für Mai 2013 wird unter der Organisation der Projektverantwortlichen eine Abschlusskonferenz „Music Encoding Conference 2013" zusammen mit dem Members Meeting der MEI stattfinden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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„Das Edirom-Projekt. Werkzeuge für digftale Formen wissenschaftlich-kritischer Musikeditionen", in: Forum Musikbibliothek, Jg. 28 Heft 2007/1, S. 36-49
Johannes Kepper und Daniel Röwenstrunk
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„Digitale Edition zwischen Experiment und Standardisierung. Musik - Text - Codierung", [Beiträge der Internationalen Tagung im Heinz Nixdorf Museumsforum Paderborn, 6.- 8. Dezember 2007], (Beihefte zu editio, Bd. 31), Tübingen: Niemeyer, 2009
Peter Stadier und Joachim Veit (Hg.)
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„Digitalisierung musikhistorischer Quellen - Anforderungen von Seiten der Wissenschaft", Deutscher Bibliothekarstag Erfurt 2009
Joachim Veit
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„Es bleibt nichts, wie es war - Wechselwirkungen zwischen digitalen und 'analogen' Editionen" in: editio 24 (2010), S. 37-52
Joachim Veit
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„Musikedition im Zeichen neuer Medien: Historische Entwicklung und gegenwärtige Perspektiven musikalischer Gesamtausgaben", Dissertation, Norderstedt 2011
Johannes Kepper
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„Perspektiven digitaler Musikeditionen aus der Sicht des Edirom-Projekts" in: Die Tonkunst, Juli 2011, Nr. 3, Jg. 5 (2011), S. 270-276
Benjamin Bohl, Johannes Kepper, Daniel Röwenstrunk
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„Digital Music Notation Data Model and Prototype Delivery System", in: Forum Musikbibliothek, Jg. 31 Heft 2010/2, VDC Weimar, S. 46-50
Daniel Röwenstrunk
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„Neue Wege der Musikerschließung: Über den möglichen Einsatz von MEI in deutschen Bibliotheken", Forum Musikbibliothek, 33 (2012), S. 16-23
Hartwig, Maja, Kepper, Johannes and Kristina Richts
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„Wächst zusammen, was zusammen gehört? Wissenschaftliche Musikergesamtausgaben und Bibliotheken", ZfBB 59 (2012), Heft 3-4, S. 166-174
Joachim Veit