Mechanismen und Beeinflussung der Barriereschichtbildung zum Flammschutz von Polymer/Schichtsilikat-Nanokompositen am Beispiel von Expoxidharzen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Natriummontmorillonit wurde mit Tetraphenylphosphoniumbromid organisch modifiziert (TPP-MMT). Dieses wurde aufgrund der höheren thermischen Stabilität im Vergleich zu den üblichen organischen Ammoniumtensiden ausgewählt und beibehalten, auch nachdem sich heraus stellte, dass die Schichtsilikate schlechter dispergierbar sind als konventionell modifizierte. Die Prozesstechnik bei der Trocknung ist entscheidend für die resultierende freie Oberfläche und für die Dispergierbarkeit in dem Epoxidharz. Zur Herstellung der Nanokomposite wurde vornehmlich mit gefriergetrocknetem Schichtsilikat gearbeitet, sowie anhydridisch gehärtetem Bisphenol A diglycidylether als Epoxidharz. Es zeigte sich, dass verfahrenstechnische Größen bei der Präparation der Nanokomposite mindestens ebenso wichtig sind wie die chemische Zusammensetzung. Bei Versuchen zur Schichtaufweitung durch Interkalation mit Triphenylphosphat gab es bei dem konventionell modifizierten Schichtsilikat einen linearen Anstieg des Schichtabstandes mit dem Beladungsgrad. Bei dem TPP-MMT gab es zwar eine Beladung, aber keine Schichtweitung. Die Ursachen sind noch unklar, wir vermuten die Kugelsymmetrie des TPP aber als Grund für das unerwartete Verhalten. Es wurden verschiedene niedrigschmelzende Gläser synthetisiert und in Kombination mit dem TPP-MMT in das Epoxidharz gebracht. In Bezug auf das Brandverhalten gibt es teilweise synergistische und teilweise antagonistische Wechselwirkungen zwischen den Zusätzen. Dies ließ sich jeweils mit der Deckschichtbildung beim Brand korrelieren. Wenn sich eine geschlossenere Deckschicht ausbildet, so gibt es eine synergistische Wechselwirkung, wenn das Glas zu Defekten in der Deckschicht führt hingegen antagonistische Wechselwirkungen. Ein Hitzeschild-Effekt (heat shielding), d. h. eine verstärkte Wärmerückstrahlung der heißen Oberfläche der Probe während des Abbrandes, wurde durch Temperaturverlauf- bzw. Temperaturgradientenmessung in 24 mm-dicken brennenden Proben erstmals experimentell nachgewiesen und als Hauptflammschutzmechanismus in Nanocompositen quantifiziert. In-situ pulverdiffraktometrische Hochtemperatur-Untersuchungen wurden an Natriummontmorillonit, dem gereinigten TPP-MMT und einigen Mischungen aus TPP-MMT und wenigen Gewichtsprozent Natriumbromid durchgeführt. TPP-MMT weist mit über 500°C eine um ca. 100 K höhere Zersetzungstemperatur auf als Mischungen von TPP-MMT mit 10% NaBr. Die Zersetzung erfolgt unter Zusatz von NaBr sprunghaft, während für reinen TPP-MMT eine kontinuierliche Verschiebung der 00l-Reflexe und damit Zersetzung des TPP in den Zwischenschichten des Montmorillonits zu beobachten ist. Der Unterschied in den Zersetzungstemperaturen und den Zersetzungsabläufen kann darauf zurückgeführt werden, dass bei Anwesenheit von NaBr folgende Rückreaktion abläuft: TPP-MMT + NaBr → Na-MMT + TPP-Br Das ab ca. 350° C entstehende TPP-Br geht dabei sofort in die Zersetzung über, wobei die aus der Literatur bekannten Produkte (Triphenyl phosphin, Triphenyl phosphin oxid, Biphenyl und Brombenzol z.T. nachgewiesen werden konnten. Da NaBr bei der Herstellung des TPP- MMT als Nebenprodukt entsteht, die vollständige Entfernung des NaBr nicht einfach ist und außerdem Halogene brandverzögernde Wirkungen zeigen, spielen diese Erkenntnisse auch eine Rolle bei der Bewertung der Brandschutzeigenschaften von TPP-MMT-haltigen Kompositen auf Polymerbasis. Um den reinen Effekt von TPP-MMT auf die Brandeigenschaften bestimmen zu können, muss auf eine gründliche Entfernung des bei der Synthese anfallenden NaBr geachtet werden. Soweit uns bekannt, wurde dies in der Literatur bisher nicht berücksichtigt. Insgesamt zeigen die Arbeiten, dass die meisten bisher publizierten Arbeiten zum Brandschutz von Polymeren mit organisch modifizierten Schichtsilikaten nur Aussagen liefern, die unter sehr engen Randbedingungen gelten. Der teilweise dominierende Einfluss von Verunreinigungen – namentlich das bei der Synthese des organischen MMT gebildete Natriumbromid – wurde bisher nicht berücksichtigt. Andererseits konnte gezeigt werden, dass die Prozesstechnik beim Trocknen und Dispergieren der organisch modifizierten Montmorillonite einen größeren Einfluss hat als die verwendete organische Komponente hat. Glasbildner können sowohl synergistisch, als auch antagonistisch wirken. Die Tatsache, dass bisher nicht berücksichtigte Teilaspekte die Systeme dominieren können, zeigt die enorme Komplexität der untersuchten Systeme und muss eine Ermahnung sein Literaturaussagen kritisch auf den Gültigkeitsbereich zu hinterfragen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Epoxy-Layered Silikate-Nanocomposites: Modified Cone Calorimeter Tests in Order to Investigate Barrier Formation and its Mode of Action, 11th European Meeting on Fire Retardant Polymers, FRPM'07, Bolton UK, 04.-06.07.2007
A. Weiß, B. Schartel
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Some Comments on the Main Fire Retardancy Mechanisms in Polymer Nanocomposites, COST Workshop "Flame Retardant Polymer Nanocomposites", Porto, Portugal, 04.11.2008
B. Schartel
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The thermal decomposition of TPP-expanded Montmorillonite as revealed in-situ from XRD measurements, DGK-Tagung 2008 (3. - 6.3.2008 in Erlangen)
J. Birkenstock, R.X. Fischer, M. Kleemeier, C. Vogt, M. Wendschuh
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Flame Retardancy of Layered Silikate Epoxy Nanocomposites Combined with Low Melting Inorganic Glasses, 12th European Meeting on Fire Retardant Polymers, FRPM'09, Poznan, Poland, 31.08.–03.10.2009
G. Wu, B. Schartel, M. Kleemeier, A. Hartwig
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High-temperature XRD and thermal analysis of TPP-montmorillonite and changes induced by NaBr, DMG- Tagung 2009 (13. - 16.9.2009 in Halle)
J. Birkenstock, R.X. Fischer, M. Kleemeier, C. Vogt, M. Wendschuh
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Uses of Fire Tests in Materials Flammability Development, In: Fire Retardancy of Polymeric Materials, 2nd Edition, A. B. Morgan, C. A. Wilkie, CRC Press, 2010, chap. 15, 387-420
B. Schartel