Kinetik der Phasenumwandlung in Ausferritischem Gusseisen (ADI)
Mechanische Eigenschaften von metallischen Werkstoffen und ihre mikrostrukturellen Ursachen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Ziel des Forschungsvorhabens war es, mittels In-situ-Neutronendiffraktion die Phasenumwandlungskinetik von ADI-Werkstoffen während der Wärmebehandlung in Abhängigkeit der thermischen Parameter zu charakterisieren. Zudem sollten die Wärmebehandlungseinrichtung und das Messverfahren für die anstehenden Messungen angepasst und fortlaufend optimiert werden. Über die geplante Verbesserung eines bereits vorhandenen Laborspiegelofens zur In-situ-Wärmebehandlung hinausgehend wurde im Rahmen des Projektes ein auf die Gegebenheiten der anstehenden Experimente hin optimierter Ofen konzipiert und neu angefertigt. Darüberhinaus wurden die thermischen Eigenschaften des Ofens charakterisiert und die Steuerung der Wärmebehandlung inklusive der Gasabschreckung vollständig automatisiert, wodurch eine hervorragende Prozessstabilität und Wiederholgenauigkeit gegeben ist. Das Aufheizen von Proben bis zu einer Austenitisierungstemperatur Tγ von 900°C dauert ca. 100 s. Die automatisierte Gasabschreckung auf eine Auslagerungstemperatur TA von 350°C ist nach ca. 20 s abgeschlossen, wobei nach spätestens 60 s die Abweichung zu TA,Soll ≤ 2K beträgt. In den In-situ-Neutronendiffraktionsexperimenten wurden ein unlegiertes und ein mit 0,4 Gew.% Mn und 0,7 Gew.% Cu niedrig legiertes Gusseisen mit Kugelgraphit als Versuchswerkstoffe verwendet. Zunächst wurde geprüft welche Austenitisierungszeiten notwendig sind, um die metallische Matrix in Austenit zu überführen und bis zur Gleichgewichtskonzentration mit Kohlenstoff anzureichern. Während das legierte Gusseisen mit perlitischem Gussgefüge nach ca. 10 min stabile Gitterkonstanten zeigt und somit die Sättigungskonzentration erreicht hat, dauert die Anreicherung beim unlegierten Gusseisen mit ferritischem Gefüge ca. 25 min. Daher wurden für alle Wärmebehandlungen Austenitisierungszeiten von 30 min verwendet. In den In-situ-Neutronendiffraktionsexperimenten wurde nach der Austenitisierung auf isotherme Auslagerungstemperaturen von 275°C bis 450°C abgeschreckt und die darauf folgende Phasenumwandlung in hoher Zeitauflösung gemessen. Es zeigte sich, dass der Austenitgehalt durch die Bildung von Ferrit bei allen Temperaturen in den ersten 10 – 20 min stark abnimmt und dann bei TA ≤ 375°C auf einen Plateauwert einschwenkt. Dieser reicht im unlegierten Gusseisen bei Tγ = 905°C von 14 % (TA = 275°C) bis 33 % (TA = 375°C). Eine höhere Austenitisierungstemperatur von 960°C steigert die Austenit-Plateaugehalte um den Faktor ~1,4, ein ähnlicher Effekt geht auch von den Legierungselementen Mn und Cu aus. Höhere Auslagerungstemperaturen TA ≥ 400°C bewirken den Zerfall des metastabilen Austenits in Ferrit und Karbide, die sogenannte Stufe II der ADI-Reaktion. Parallel zur Phasenumwandlung wird der verbleibende Austenit mit Kohlenstoff angereichert, der vom wachsenden Ferrit abgegeben wird. Dieser Kohlenstoffgehalt lässt sich über den Anstieg der Gitterkonstante berechnen. In den Experimenten zeigte sich dass die maximale Anreicherung unabhängig von der Austenitisierungstemperatur ist und immer bei TA = 350°C ein Maximum erreicht. Dieser Maximalwert beträgt beim unlegierten Gusseisen 1,7 Gew.% und wird bei höheren Temperaturen durch den beginnenden Austenitzerfall, bei niedrigeren durch die aus der Literatur bekannte Ausscheidung von Übergangskarbiden begrenzt. Für industrielle ADI-Wärmebehandlungen ist die Vermeidung von Martensit und Zerfallskarbiden im Gefüge von entscheidender Bedeutung, da beide Phasen versprödend wirken. Daher ist für die Auslagerung ein Prozessfenster einzuhalten, das die ausreichende Anreicherung des Restaustenits mit Kohlenstoff gewährleistet und den Beginn der Stufe II - Reaktion ausschließt. Aus den Untersuchungsergebnissen wurde ein isothermes ZTU-Schaubild erstellt, das dieses Prozessfenster anschaulich darstellt. Parallel zu den Diffraktionsexperimenten wurden Gefügeschliffe von wärmebehandelten ADI-Proben angefertigt. Sie zeigen eine für ADI typische Struktur aus zu Bündeln gruppierten Ferritplättchen in einer Matrix aus Restaustenit. Mit abnehmender Auslagerungstemperatur wird das Gefüge immer feiner und kann bei TA = 300°C mit dem Lichtmikroskop nicht mehr vollständig aufgelöst werden. Anhand von REM-Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass die Durchmesser der Ferritplättchen teilweise ≤ 100 nm betragen und somit ein nanostrukturiertes Gefüge vorliegt. Die Ergebnisse bilden die Grundlage für ein DFG-Forschungsvorhaben, in dem die lastinduzierte Umwandlung von metastabilem Restaustenit in Martensit mittels In-situ-Neutronendiffraktometrie charakterisiert wird.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Phase Transition Kinetics in Austempered Ductile Iron (ADI); International Foundry Research 61/2, 14-21, 2009
Schaaf, P.; Cusenza, S.; Bamberger, M.; Amran, Y.; Weiss, K.; Meier, L.; Wasmuth, U.; Hofmann, M.
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Monitoring Phase Transition Kinetics in Austempered Ductile Iron (ADI); Materials Science Forum 638-642, 3394-3399, 2010
Meier, L.; Schaaf, P.; Cusenza, S.; Höche D.; Bamberger, M.; Amran, Y.; Weiss, K.; Hofmann, M.; Hoffmann, H.
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Characterisation of Phase Transformation Kinetics in Austempered Ductile Iron (ADI) by In-Situ Neutron Diffraction; European Congress and Exhibition on Advanced Materials and Processes (EUROMAT 2011), Montpellier, Sept. 2011
Meier, L.; Hofmann, M.; Hoffmann, H.; Volk, W.
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In-Situ Measurement of the Phase Transformation Kinetics of Austempered Ductile Iron (ADI); International Conference on Processing & Manufacturing of Advanced Materials (THERMEC’2011), Quebec, Kanada, Aug. 2011
Meier, L.; Hoffmann, H.; Volk, W.; Hofmann, M.
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In-Situ Study of the Influence of Heat Treatment Parameters and Alloying on the Austempering of Ductile Iron; European Cast iron Meeting, Clausthal, März 2011
Meier, L.; Hoffmann, H.; Hofmann, M.