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Hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie: Genotypisierung und Charakterisierung des molekularen Phänotyps

Antragstellerinnen / Antragsteller Professorin Dr. Theresia Kraft; Professor Dr. Friedrich C. Luft, seit 11/2011
Fachliche Zuordnung Anatomie und Physiologie
Kardiologie, Angiologie
Förderung Förderung von 2010 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 149116613
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) wird u.a. durch Hypertrophie von Septum und linksventrikulärer Wand, durch extreme Unordnung von Kardiomyozyten und Myofibrillen sowie durch interstitielle Fibrose charakterisiert. In zahlreichen sarkomerischen Proteinen, vor allem im ventrikulären Myosin (MYH7, ß-MyHC) und im kardialen Myosin-bindenden Protein C (MYBPC3, cMyBPC), wurden Mutationen, die zu HCM führen, gefunden. Allgemein wird angenommen, dass die Entwicklung der HCM durch die jeweilige Mutation getriggert wird, wobei die auslösenden Mechanismen bisher unklar sind. Unser Projekt hatte zum Ziel, charakteristische, bei hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie (HOCM) auftretende Veränderungen des Myokards/der Kardiomyozyten im Vergleich zu Hypertrophie bei valvulärer Aortenstenose zu identifizieren, und nach Genotypisierung der Proben spezifische funktionelle Auswirkungen von Mutationen auf zellulärer und molekularer Ebene zu untersuchen. Dafür stand uns Myektomiegewebe von Patienten mit HOCM, von Patienten mit AoSt und Myokardgewebe aus dem Septum nicht transplantierter Donorherzen zur Verfügung. Eine Frage war, ob Anpassungsprozesse und morphologische Veränderungen des Myokards bei Hypertrophie infolge AoSt (Ursache Druckbelastung durch valvuläre Veränderungen) und bei HOCM (Ursache Mutationen in den Sarkomeren) sehr ähnlich sind, oder ob die unterschiedlichen Auslöser der Hypertrophie auch unterschiedliche downstream Effekte auf Funktion, Signalwege und Morphologie haben. Da HOCM genetisch sehr heterogen ist, war eine weitere Frage, ob wir allen HOCM-Proben gemeinsame funktionelle Veränderungen identifizieren können. Für eine Analyse der primären Auswirkungen von Myosin-Mutationen auf die Funktion und damit der Beziehung zu strukturellen Myosinkopf-Domänen, wurden schließlich einzelne Myosin-Mutationen auch im in vitro Einzelmolekül-Assay untersucht. Interessanterweise zeigte sich, dass die Phosphorylierung regulatorischer Sarkomerproteine bei AoSt und HOCM nicht signifikant verschieden ist, und somit beide Formen der Hypertrophie hier ähnliche Auswirkungen haben. AoSt und HOCM unterscheiden sich jedoch sehr deutlich vom Donormyokard. Nach Angleichung der PKA-abhängigen Phosphorylierung aller untersuchter Kardiomyozyten wurde klar, dass die Kardiomyozyten bei HOCM-bedingter Hypertrophie signifikant reduzierte Calciumempfindlichkeit und Kraftentwicklung aufwiesen gegenüber Kardiomyozyten bei AoSt. Diese waren den Donor-Kardiomyozyten in allen gemessenen Parametern sehr ähnlich. Die morphologischen Untersuchungen ergaben, dass die ausgeprägte Septum-Hypertrophie bei HOCM auch morphologisch unverkennbar von Hypertrophie bei AoSt verschieden ist. Zwar zeigten sich auch bei AoSt strukturelle Veränderungen im Myektomiegewebe gegenüber Donor-Septum, jedoch waren diese weit geringer als bei HOCM. Auch die Analyse hypertrophie-assoziierter miRNAs in den verschiedenen Myektomieproben ergab unterschiedliche Expressionsprofile für AoSt und HOCM. Die Charakterisierung der spezifischen funktionellen Auswirkungen von Punktmutationen in verschiedenen Sarkomerproteinen bestätigte die bereits in unseren und anderen früheren Untersuchungen gezeigte Heterogenität der primären Mutationseffekte und lässt keinen einheitlichen gemeinsamen Auslöser erkennen. Auch Untersuchungen zur Gleitgeschwindigkeit von nicht-reguliertem F-Aktin und nativen Aktinfilamenten auf aus Myokardproben isolierten Myosinmolekülen im in vitro Motilitätsassay ergaben bisher keine Hinweise auf gemeinsame Veränderungen. Die Möglichkeit, Mutationseffekte auf molekularer Ebene zu analysieren, konnten wir an Myosin aus Muskelgewebe eines HCM-Patienten mit der Mutation R723G demonstrieren. Messungen in der Laserfalle ergaben für R723G eine erhöhte Steifheit einzelner mutierter Myosinköpfe im Vergleich zum Wildtyp-Myosin. Insgesamt unterstützen hier durchgeführte Untersuchungen unsere Hypothese, dass ein funktionelles Ungleichgewicht zwischen benachbarten Herzmuskelzellen eine zentrale Rolle in der Pathogenese der HCM spielt. Wir konnten zeigen, dass mutiertes Myosin (A200V, R723G), welches zu veränderten Kontraktions-Eigenschaften wie reduzierter Calciumempfindlichkeit führt, ein Kräfteungleichgewicht zwischen einzelnen Kardiomyozyten zur Folge hat, was auf eine ungleiche Expression des mutierten Proteins in Herzmuskelzellen hindeutet. Solch ein funktionelles Ungleichgewicht benachbarter Zellen könnte langfristig Ursache für die beobachteten stärkeren morphologischen Veränderungen bei HOCM sein, die einen wesentlichen Unterschied zur Hypertrophie bei AoSt ausmachen. Zukünftig soll eine genaue Analyse der durch dieses Ungleichgewicht aktivierten Signalwege erste Hinweise auf therapeutische Ansätze geben, die idealerweise auf stark bzw. weniger stark funktionell veränderte Kardiomyozyten unterschiedlich intensiv wirken sollten.

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