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Beeinflussung der mechanischen Eigenschaften schubbelasteter, flüssigimprägnierter Multiaxialgelege-Laminate durch Vernähen in Dickenrichtung

Fachliche Zuordnung Leichtbau, Textiltechnik
Förderung Förderung von 2005 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 15396736
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ziele des Forschungsvorhabens waren: • den Einfluss des strukturellen Vernähens auf die Scheibenschubeigenschaften von kohlenstofffaserverstärkten MAG-Laminaten in Abhängigkeit von Stich- und Nahtabstand, Garnfeinheit sowie Näh- und Prüfrichtung experimentell zu untersuchen und mit Messungen an unvernähten Referenzlaminaten zu vergleichen, • ein verfügbares Einheitszellenmodell zur Abschätzung elastischer Kenngrößen unvernähter und strukturell vernähter MAG-Laminate weiterzuentwickeln, zu kalibrieren und zu optimieren, • Nähparameterkonfigurationen mit minimalem Einfluss auf elastische Eigenschaften strukturell vernähter MAG-Laminate zu identifizieren, sowie • die Anwendbarkeit der klassischen Laminattheorie (CLT) zur Ermittlung mechanischer Kenngrößen multidirektionaler Laminate aus strukturell vernähten MAG- Einzelschichten zu überprüfen. Scheibenschubmodul und -festigkeit unvernähter und strukturell vernähter MAG- Laminate mit Kohlenstofffaserverstärkung wurden parallel zur x- und y-Richtung des Laminats experimentell ermittelt. Die Messungen an strukturell vernähten Probekörpern ergaben im Vergleich zum unvernähten Referenzlaminat im Mittel einen um 7 % reduzierten Schubmodul und eine um 15 % abgeminderte Schubfestigkeit. Varianzanalysen zeigten, dass der Scheibenschubmodul vernähter Laminate maßgeblich durch die Belastungsrichtung, die Scheibenschubfestigkeit hingegen durch die Garnfeinheit bestimmt wird. Darüber hinaus konnte beobachtet werden, dass sich in beiden Prüfrichtungen unterschiedlich hohe Abminderungen der untersuchten Kennwerte im Vergleich zum unvernähten Laminat ergeben. Der Vergleich aller Nähkonfigurationen und Werkstoffkennwerte ergab, dass der Scheibenschubmodul durch die Konfigurationen K 1, K 2 und K 14 und die Scheibenschubfestigkeit durch K 1, K 9, K 10, K 14 und K 15 am wenigstens beeinflusst wird. Zur rechnerischen Abschätzung des mechanischen Verhaltens von in Dickenrichtung vernähten Laminaten unter Scheibenschubbelastung wurde ein Finite-Elemente-Einheitszellen-Modell (FE-EZ-Modell) für Scheibenzug- und -druckbelastung weiter entwickelt. Mit dem Modell können komplexe Einheitszellen mit Reinharzgebieten und Faserondulationsbereichen in Abhängigkeit der jeweiligen Nähkonfiguration simuliert werden. Wesentliche Eingangskenngrößen des Modells, die experimentell zu charakterisieren sind, sind die Laminatdicke, der Faservolumengehalt sowie die Breite und Fläche der Fehlstellen in allen Einzellagen. Elastische Kenngrößen, wie der Scheibenschubmodul, können über Einheitsverzerrungslastfälle und die Berechnung Nachgiebigkeitsmatrix des betrachteten Laminats ermittelt werden. Eine iterative, kontinuumsmechanische und einzelschichtbasierte Versagensanalyse ermöglicht die Berechnung von Festigkeitskennwerten unvernähter und strukturell vernähter MAG-Laminate auch unter Scheibenschubbelastung. Dabei können sowohl Versagensvorgänge, wie Zwischenfaserbrüche (Zfb) im Laminat, als auch das ebene Spannungs-Dehnungs-Verhalten simuliert sowie thermisch bedingte Eigenspannungen und werkstoffliche Nichtlinearitäten berücksichtigt werden. Zur Ermittlung der Werkstoffanstrengung für Faser- und Zwischenfaserbruch im Laminat wurde das Maximalspannungs- bzw. das Wirkebenen- Kriterium von Puck (dreidimensionaler Spannungszustand, für Matrixbruch im Reinharzgebiet das Hauptnormalspannungs-Kriterium implementiert. Das Verhalten des Laminats nach Zfb-Eintritt wird kontinuumsmechanisch über Steifigkeitsdegradation mit Hilfe eines für den dreidimensionalen Spannungszustand modifizierten Chiu-Modells abgebildet. Die Validierung rechnerisch ermittelter Schubmodul- und -festigkeitskennwerte erfolgte mit experimentellen Ergebnissen von unvernähten und vernähten [A1-(B/2)S-A2]-HTS- Laminaten. Die Vorhersage von Zwischenfaserbruchversagen wurde mittels Versuchsergebnissen von unvernähten [A1-(B/2)S-A2]-HTS-Laminaten unter Scheiben-Zugbelastung überprüft. Für eine Vielzahl der betrachteten Nähkonfigurationen lag das rechnerische Ergebnis innerhalb des Streubereichs des Experiments, die mittlere Abweichung der rechnerisch abgeschätzten Schubmodul- und Schubfestigkeitskennwerte im Vergleich zum experimentellen Ergebnis betrug maximal 9 %. Die Berücksichtigung von thermisch bedingten Eigenspannungen und werkstofflichen Nichtlinearitäten führte bei den betrachteten Laminaten zu keiner erkennbaren Verbesserung in der Übereinstimmung zwischen Simulation und Versuch, jedoch zu einem um bis zu 20-fach höheren Rechenaufwand bei Betrachtung werkstofflicher Nichtlinearitäten. Bei den durchgeführten Versagensanalysen wurden diese Effekte daher nicht berücksichtigt. Für die praktische Anwendung des FE-EZ-Modells erscheint die detaillierte, experimentelle Erfassung der hierfür benötigten Eingangsgrößen für relevante Parameterkonfigurationen aufgrund des hohen Zeitaufwands ungeeignet. Daher wurden, basierend auf vorliegenden Messergebnissen aus dem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Luftfahrtforschungsprogramm (LuFo II und III), Modelle erarbeitet und weiterentwickelt, die realistische Abschätzungen über zu erwartende Fehlstellengeometrien, Volumengehalte und Laminatdicken liefern. Die Verifizierung der Modelle erfolgte durch den direkten Vergleich mit experimentellen Ergebnissen sowie durch die Berechnung der Scheibenschubfestigkeit mit Hilfe des FE-EZ-Modells. Zur Ableitung von Nähkonfigurationen mit bestmöglichen Scheibenschubeigenschaften wurde eine rechnerische Parameterstudie durchgeführt. Die Studie ergab, dass maximale Schubfestigkeitskennwerte in Laminaten erwartet werden können, die mit einem 68-tex-Garn, einem Nahtabstand von 5,0 mm und einer Stichlänge von 3,3 mm strukturell vernäht werden. Durch das Einbringen eines 68-tex-Garns mit einem Nahtabstand und einer Stichlänge von jeweils 3,3 mm erscheint es möglich, den Schubmodul sogar geringfügig zu erhöhen. Um im Rahmen von Vorauslegungen mechanische Eigenschaften strukturell vernähter MAG-Laminate mit multidirektionalem Schichtaufbau konservativ abzuschätzen, bietet sich an, Kennwerte an der strukturell vernähten, unidirektionalen Einzelschicht experimentell zu ermitteln und Eigenschaften multidirektionaler Laminate mit Hilfe der klassischen Laminattheorie zu berechnen. Im Vergleich zur EZ-Modellierung würde diese Vorgehensweise einen deutlich reduzierten Aufwand bedeuten. Allerdings weichen Ergebnisse von Scheibenelastizitätskennwerten, die über die klassische Laminattheorie ermittelt wurden, um bis zu 15 % von den Ergebnissen des FE-EZ-Modells ab. Dies wird darauf zurückgeführt, dass im Gegensatz zur Einheitszellenmethodik bei der Anwendung der klassischen Laminattheorie die Fehlstellengeometrie und lokale Veränderungen der Werkstoffeigenschaften in den Faserondulationsgebieten nicht berücksichtigt werden. Wesentliches Potenzial des strukturellen Vernähens von MAG-Laminaten wird insbesondere im Hinblick auf die Verbesserung von Eigenschaften senkrecht zur Laminatebene gesehen, falls die negativen Einflüsse auf die Scheibeneigenschaften gleichzeitig minimiert werden können. Am Institut für Verbundwerkstoff werden daher weiterführende Arbeiten zur experimentellen Untersuchung der Restdruckfestigkeit unvernähter und strukturell vernähter [A1-(B/2)S-A2]-HTS-Laminate nach Impaktbelastung (CAI- Festigkeit) und der Mode-I-Energiefreisetzungsrate durchgeführt. Weiterhin wird das FE-EZ-Modell weiterentwickelt, um Elastizitäts- und Festigkeitskennwerte von strukturell vernähten MAG-Laminaten in Laminatdickenrichtung abschätzen zu können.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • FE-Einheitszellenmodellierung des Elastizitätsverhaltens vernähter Laminate. In: Proceedings "Deutscher Luft- und Raumfahrtkongress 2004", Dresden, 20. – 23. September 2004. - CD-Rom
    Heß, H.; Roth, Y. C.; Himmel, N.
  • Finite Element Unit Cell Based Stiffness Prediction of Stitched FRP. In: Schlarb, A. K. (Hrsg.): IVW-Kolloquium 2004 : 5. – 6. Oktober 2004. Kaiserslautern : Institut für Verbundwerkstoffe GmbH, 2004 (IVW-Schriftenreihe Bd. 48), S. 251–256. - ISBN 3-934930-44-1
    Heß, H. ; Roth, Y. C. ; Himmel, N.
  • Elastic Constants Estimation of Stitched NCF CFRP Laminates Based on a Finite Element Unit-Cell Model. Compos. Sci. Technol. 67 (2007), pp. 1081–1095
    Heß, H.; Roth, Y. C.; Himmel, N.
  • Experimentelle Charakterisierung und kontinuumsmechanische Simulation des Versagensverhaltens strukturell vernähter Faser-Kunststoff-Verbunde. Kaiserslautern: Institut für Verbundwerkstoffe GmbH, 2009 (IVW-Schriftenreihe Bd. 88). Kaiserslautern, Technische Universität, Dissertationsschrift. - ISBN 3-934930-84-0
    Heß, H.
  • Structurally stitched NCF CFRP laminates. Part 2: Finite element unit cell based prediction of in-plane strength. Compos. Sci. Technol. (2010)
    Heß H, Himmel N
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.compscitech.2010.11.011)
 
 

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