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Development of a physical model for computer simulated produktion of the sound of a labial organ pipe

Subject Area Mechanics
Term from 2006 to 2011
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 15559974
 
Final Report Year 2011

Final Report Abstract

Die Physik der Klangerzeugung von Lippenorgelpfeifen ist schon seit Jahrzehnten ein Forschungsgegenstand; dennoch wird dieser Vorgang bis zum heutigen Tag nur teilweise verstanden. Es ist im Besonderen bislang unklar, welche Rolle dabei der Schneidenton spielt. Sobald ein Luftstrahl aus einer Spalte austritt und auf eine Kante trifft, entsteht ein Ton. Dieser wird Schneidenton genannt und bestimmt bzw. beeinflusst wesentlich den Einschwingvorgang und den Stationärzustand eines Pfeifenklangs. Um diesen Vorgang zu untersuchen und detaillierte Informationen über die physikalischen Vorgänge bei der Klangerzeugung einer Labialpfeife zu erhalten, wurde ein einstellbares Pfeifenfußmodell entwickelt. Die wichtigsten Labiumparameter, wie z. B. die Positionen des Unterlabiums und des Oberlabiums, der Druck im Pfeifenfuß und die Kernspaltenweite können mittels Mikrometerschrauben an diesem Modell eingestellt werden, wodurch reproduzierbare Messergebnisse erzielt werden. Darüber hinaus ist es möglich, in dieses Modell unterschiedliche Kerne und Pfeifenkörper (Resonatoren) einzubauen. Die wichtigen Modellteile waren aus einer für den Orgelbau typischen Metalllegierung gefertigt. Die Messungen erfolgten durch Parameterwerte, die häufig für Orgelpfeifen verwendet werden. Die Messungen des Geschwindigkeitsprofils des Luftbandes, das sich an der Kernspalte herausbildet, sowie akustische Messungen des Schneidentons und Visualisierungen des Luftbandes wurden mit diesem Modell durchgeführt. Die Geschwindigkeitsmessungen mit verschiedenen Kernspaltenweiten zeigen, dass die Austrittsgeschwindigkeit des Luftbandes sich entsprechend dem Bernoulli-Gesetz verhält und eine einseitige Verengung des Luftbandes auftritt. Die Geschwindigkeitsprofile für Abstände von mehr als fünf Millimetern zur Kernspalte können als Gauss’sches Profil bezeichnet werden, dessen Weite linear mit dem Abstand zunimmt. Da das Luftband dem Erhaltungssatz des Impulses folgt, kann die Spitzengeschwindigkeit bei einem gegebenen Abstand berechnet werden. Daher ergeben die Resultate eine mathematische Relation der Spitzengeschwindigkeit als Funktion der Aufschnitthöhe, Kernspaltenweite und des Drucks im Pfeifenfuß. Der Austrittswinkel des Luftbandes kann durch die relative Höhe des Kerns und des Unterlabiums (bei gleicher Höhe ~24° Austrittswinkel) verändert werden. Diese Ergebnisse sind für die Orgelbauer von großer Bedeutung. Die akustischen Messungen zeigen deutlich die Unterschiede zu früheren Untersuchungen des Schneidentons. Innerhalb des angepassten Druck- und Aufschnittbereichs treten die so genannten „Frequenzstufen“ nicht auf, und es gibt auch keine entsprechende Hysteresis; alle Frequenzmoden des Schneidentons treten immer gleichzeitig auf. Die Frequenzen der Schneidentonmoden können mit Hilfe von theoretischen Modellen bestimmte werden. Die Wirkung durch das Hinzufügen eines Resonators zum Pfeifenfußmodell wurde in zwei Schritten untersucht. Zunächst wurden die longitudinalen Resonanzen durch Absorbermaterial gedämpft. In diesem Fall ist der so genannte Mundton zu hören. Der Austrittswinkel des Luftbandes wurde kleiner (von ~24° auf ~10°), d. h. das Luftband wurde näher an die Pfeife gezogen. Die wesentlichen Merkmale des Schneidentons blieben erhalten, aber das Spektrum zeigt zusätzliche Spitzen und Zacken aufgrund der transversalen Resonanzen der Pfeife. Die Messungen an ungedämpften Resonatoren zeigten, dass das Pfeifenfußmodell, das mit einem Resonator gekoppelt ist, einen echten Pfeifenklang erzeugt. Zusätzlich bestätigten die durch einen Intonateur durchgeführten Prüfungen die Auswirkungen der unterschiedlichen Anregungen auf den Pfeifenklang, die aus den Ergebnissen der Mundtonmessungen abgeleitet wurden. Visualisierungen des austretenden freien Luftbandes bestätigten den Wert für den Austrittswinkel. Was den Mundton betrifft, so treten Unterschiede bei der Wirbelablösung oder bei der Wirbelausbreitung an der Kante des Oberlabiums im Vergleich zu symmetrischen Schneidentonmodellen auf. Während des Einschwingvorgangs des Pfeifenklangs entwickelt das Luftband einen zweiten Wirbel, der in Beziehung zur Entwicklung des zweiten Teiltons des Pfeifenklangs gebracht werden kann. Die Reflexionen der Schallimpulse eines teilweise geschlossenen Rohrendes wurden durch Experimente untersucht. Ein aus Orgelmetall angefertigtes Rohr wurde mit Stahlscheiben verschlossen, die ein kreisrundes Bohrloch mit verschiedenen Durchmessern hatten. Auf der Basis früherer Beobachtungen der Schallabstrahlung von Orgelpfeifen entstand eine theoretische Beschreibung des Reflexionsvorgangs. Die Theorie sagt eine Reflexionsfunktion voraus, die die Summe aus zwei Komponenten ist: eine Dirac-delta-Funktion für den geschlossenen Teil des Endes und eine abklingende Exponentialfunktion für den offenen Teil. Die vorausgesagte Abklingzeit nimmt zu, je kleiner die offene Fläche des Endes ist. Vergleicht man die Theorie mit den Messungen, erhält man eine ausgezeichnete Übereinstimmung. Die Profile der berechneten reflektierten Impulse können an die gemessenen Impulse mit einem einzigen Parameter angepasst werden: der Abklingzeit der Reflexionsfunktion. Wie vorherberechnet, nehmen die angepassten Werte schnell zu, wenn der Durchmesser des Bohrlochs kleiner wird. Die Messungen zeigen auch, dass die reflektierten Impulse mit einer Zeitverzögerung auftreten, und dass diese Zeitverzögerung größer wird, je kleiner die Durchmesser des Bohrlochs werden. Die Anwendung aller Resultate ermöglicht eine computergestützte Erzeugung des Pfeifenklangs im Zeitbereich. Die so genannte “Wellenleitermethode” wurde angewandt; zwei sich entgegengesetzt ausbreitende Wellen entstehen und diese Wellen werden vor und zurück reflektiert. Die Interferenz dieser Wellen erzeugt den Klang des Instruments. Dieses Modell ist sehr gut an Orgelpfeifen angepasst, denn genau das ist der physikalische Prozess der Klangerzeugung bei Labialpfeifen. Details der Energieversorgung durch das Luftband am Labium, den Reflexionsprozess der Schallwellen an den Pfeifenöffnungen und die Verluste aufgrund von viskoser Reibung und Wärmeaustausch an der Pfeifenwand wurden in das Pfeifenmodell eingebaut. Ein MATLAB-Software-Code wurde entwickelt, um den Pfeifenklang künstlich zu erzeugen. Der Vergleich von Simulation und echten Pfeifenklängen zeigt, dass der Anfang der Ansprache sehr ähnlich ist, die Amplitude aber zu schnell wächst. Eine nicht lineare Dämpfung wäre notwendig, um eine bessere Simulation zu erreichen. Weitere Experimente und Untersuchungen der nicht linearen Prozesse bei der Signalanregung sind notwendig, um eine bessere Simulation zu erreichen. Der MATLAB-Code des Computersimulierten Modells zur künstlichen Erzeugung des Pfeifenklangs ermöglicht keine Echtzeit-Synthese der Klangerzeugung (das war in diesem Projekt nicht verlangt). Eine Echtzeit-Simulation auf Basis eines digitalen Signalprozessors (DSP) könnte Gegenstand eines interessanten zukünftigen Projekts sein. Diese physikalische Modellierungsmethode könnte zukünftig bei elektronischen Musikinstrumenten verwendet werden, wenn die Echtzeit-Synthese der Klangerzeugung realisiert werden kann.

Publications

  • Development of an adjustable pipe-foot model of a labial organ pipe, Proc. Acoustics 08, Paris, 2008, S. 759-763
    Außerlechner, H. , Angster, J.; Miklós, A.
  • Experimental jet velocity and edge tone investigations on a foot model of an organ pipe. J. Acoust. Soc. Amer. 126 (2), August 2009, S. 878-886
    Außerlechner, H.; Trommer, T.; Angster, J. and Miklós, A.
  • Measurements on an adjustable pipe foot model. Proceedings of the International Conference on Acoustics NAG/DAGA 2009, Rotterdam, 23 - 26 March 2009, CD-ROM, S. 1486-1489
    Außerlechner, H.; Trommer, T.; Angster, J. and Miklós, A.
  • Reflection functions of pipes. Proceedings of the International Conference on Acoustics NAG/DAGA 2009, Rotterdam, 23 - 26 March 2009, CD-ROM, S. 1482-1485
    Trommer, T.; Außerlechner, H.; Angster, J. and Miklós, A.
  • Experimentelle Untersuchungen des aus der Kernspalte eines Pfeifenfußmodells austretenden Luftbands. DAGA 10 in Berlin, DEGA, 2010, S. 97-98, CD-ROM
    Außerlechner, H.; Trommer, T.; Angster, J.; Miklós, A.
  • Strömungsakustische Untersuchungen des Schneidentons und Visualisierungen des Freistrahls mithilfe eines Orgelpfeifenfußmodells. Dissertation, Universität Stuttgart, 2010
    Außerlechner, H.
 
 

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