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Entwicklung der mündlichen und schriftlichen Kompetenzen in der Erst- Zweit- und Fremdsprache bei mehrsprachigen Kindern und Jugendlichen mit türkischem Hintergrund in Frankreich und Deutschland

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung Förderung von 2009 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 156985372
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt MULTILIT hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Sprachkompetenzen mehrsprachiger Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund – insbesondere solche mit türkischem Sprachhintergrund – zu untersuchen und zueinander in Beziehung zu setzen, und zwar in ihrer Familiensprache (Türkisch), ihrer Umgebungs- und Schulsprache (Deutsch), sowie in ihrer ersten Fremdsprache Englisch. Wie aktuelle Studien in europäischen Ländern übereinstimmend verdeutlichen, stellt der geringe Schulerfolg von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund derzeit eine der größten Bildungsherausforderungen in Deutschland dar. Dieses Phänomen lag auch im Fokus des Untersuchungsinteresses von MULTILIT, allerdings – und das war das Neue an dieser Studie – mit dem Blick auf die „gesamtsprachlichen Kompetenzen“ der Schülerinnen und Schüler, d.h. auf mögliche Zusammenhänge zwischen „ihren“ Sprachen. Es gibt bisher nur eine geringe Anzahl von Studien, die die schriftlichen und mündlichen Textfähigkeiten der Migrantenkinder in einer derartigen ganzheitlichen Herangehensweise erforschen. Unzureichende Aufmerksamkeit wurde bisher auch dem Drittspracherwerb der tertiären Sprache Englisch von mehrsprachigen Schülern gewidmet. In diesem Sinne hat MULTILIT in seiner Fragestellung eine besondere gesellschafts- und bildungspolitische Bedeutung. Im Verlauf des MULTILIT-Projekts wurde ein umfangreiches Korpus mit hunderten von Texten in allen drei Sprachen der Schülerinnen und Schüler erstellt. Dieses Korpus ist in bestimmten grammatischen Bereichen (Wortarten) vollständig annotiert; ein Subkorpus, bestehend aus 336 Texten, wurde gleichzeitig auf textueller (Textbeginn, Textabschluss), syntaktischer (Satz und Nominalphrase) und morphologischer Ebene sowie in Hinblick auf Fehler und Sprachmischungen annotiert. Konkret wurden mündliche und schriftliche Fähigkeiten im Bereich Lexik, syntaktische Komplexität und textuelle Strukturen untersucht sowie in den schriftlichen Texten spezifisch schriftsprachliche und orthographische Phänomene analysiert. Der Entwicklungsaspekt kann anhand der pseudo-longitudinalen Anordnung der Texte aus verschiedenen Altersstufen (5., 7., 10. und 12. Klassen) nachvollzogen werden. In der Interpretation konzentrierte das Projektteam sich auf akademische Sprachfähigkeiten und -kompetenzen und fragte, wie, wann und unter welchen Bedingungen diese Fähigkeiten entwickelt werden. Die vorläufigen Ergebnisse des Projekts weisen darauf hin, dass die Entwicklung der akademischen Sprachkompetenzen der untersuchten Schülerinnen und Schüler im Deutschen sich nicht auffällig von den Entwicklungen bei einsprachigen Schülerinnen und Schülern unterscheidet. Dies betrifft auch die Entwicklung im Englischen: Die Schwierigkeiten, mit denen türkisch-deutsch zweisprachige Schülerinnen und Schüler im Englischen zu kämpfen haben, unterscheiden sich nicht wesentlich von denen ihrer einsprachigen Mitschülerinnen und Mitschüler. Auch bei den Türkischkenntnissen lässt sich in der pseudolongitudinalen Perspektive eine Entwicklung in Richtung eines stärkeren Ausbaus akademischer Sprachkompetenzen feststellen, und zwar auch bei den Schülerinnen und Schülern, deren Türkisch wenig oder gar nicht institutionell gefördert wird. Es scheint, dass die Schülerinnen und Schüler hier stark aus den Ressourcen schöpfen, die sie im Deutschen entwickeln und dann auf das Türkische übertragen. Überraschend ist, dass in bestimmten Grammatikbereichen die intensivere Förderung im Türkischen nicht nur eine Auswirkung auf die Entwicklung der Türkischkompetenzen hat, sondern anscheinend auch auf die Deutschkenntnisse positiv ‚ausstrahlt‘. Derzeit sind drei Dissertationsprojekte damit beschäftigt, die Untersuchungsergebnisse des MULTILIT-Projekts weiter zu vertiefen. Eine Projektdokumentation von MULTILIT findet sich auf den Internetseiten des Arbeitsbereichs Deutsch als Fremd- und Zweitsprache unter http://www.uni-potsdam.de/daf/projekte/multilit.html

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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