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Europäische Musiker in Venedig, Rom und Neapel (1650-1750): Musik, nationale Identität und kultureller Austausch

Fachliche Zuordnung Musikwissenschaften
Förderung Förderung von 2009 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 156996896
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Forschungen der MUSICI-Projektgruppe zeigen, dass es sich bei der Musikermigration nach Italien zwischen 1650 und 1750 um ein regelmäßiges und sich in seiner Vielfalt der Reisemotivationen und -verläufe wenig von einer generellen europäischen Mobilität von Musikern abhebendes Phänomen handelte. Mittels eines konzeptuellen und methodologischen Fokus auf die Integration zugereister Musiker in Venedig, Rom und Neapel als Akkulturation, aber auch als Pointierung kultureller und künstlerischer Differenzen zwischen alltäglichem Musikleben und herausgehobenen musikalischen Ereignissen konnte ein Stilbegriff definiert werden, der Stil als weder rein politisch, rein sozial noch rein musikanalytisch fassbare Matrix beschreibt, sondern als hybriden Habitus, der auf lokaler Ebene zu politischen, sozialen, institutionellen und biographischen Zwecken mit zum Teil übergreifendem Anspruch mobilisiert werden konnte. Ein solch Integrationsgebundener Stilbegriff scheint generell offen für eine frühneuzeitliche europäische Kulturgeschichte der Musik unter Einbezug der europaweiten Mobilität von Musikern, ihrer Werke und deren Ausführung. Dieses Forschungsergebnis ist ein wichtiger Baustein zur Dekonstruktion gängiger Forschungsmeinungen in Bezug auf die musikgeschichtliche Rolle des Kulturmodells „Italien“, aber auch zur Rekonstruktion der zunehmenden musikalischen Professionalisierung und des immer stärker über Differenzen reflektierten sozialen Status‘ frühneuzeitlicher Musiker, die sich in den meisten Fällen als Reklamation kultureller oder künstlerischer Authentizität äußert. Zudem stellt es eine Grundlage dar, besonders prägnante Stilbildungen wie z.B. durch den französischen Hof in seiner europäischen Anschlussfähigkeit zu reflektieren. Während die Projektmitglieder unter diesem konzeptionellen Zuschnitt weitere wesentliche Forschungsbereiche, z.B. in Bezug auf die Konfrontation alltäglicher und besonderer Momente der Musikausübung in kirchlichen Institutionen, sowie für die Kulturgeschichte der Musik noch unbekannte Archive erschlossen, ging aus dem Projekt neben einem umfassenden Sammelband eine öffentlich zugängliche Personen-Datenbank hervor, die gegenwärtig auf die europaweite Musikermobilität im 17. und 18. Jahrhundert erweitert wird (europäisches HERA-Projekt „MusMig“). Nach intensiver Einarbeitung in die komplexen Mechanismen und Anwendungen der Datenbanksoftware sind die mit der Datenbank betrauten Mitarbeiter aus dem deutschen Teilprojekt mittlerweile auch gut in die Netzwerke der Digital Humanities integriert. Über das MUSICI-Projekt, seine Forschungsergebnisse und seine Mitarbeiter wurde sehr positiv in der italienischen Tageszeitung La Repubblica und in Radio Vatican berichtet. Die ANR weist das Projekt in ihrer Bilanz der deutsch-französischen Ausschreibung von 2009 als Leuchtturmprojekt aus.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • „Le cercle de la princesse des Ursins à Rome (1675–1701): un foyer de culture française”, in: Seventeenth Century French Studies 33/2 (2011), S. 60-71
    Anne-Madeleine Goulet
  • „L’Amadis de Gaule de Johann Christian Bach, un pari perdu ?”, in: Jean Duron (Hg.), Amadis de Gaule, Wavre 2011, S. 87-107
    Mélanie Traversier
  • „’On peut arriver en Italie, en passant par la Bohême’. Les voyages italiens de C.W. Gluck”, in: Musicorum 9 (2011), S. 7-20
    Caroline Giron-Panel
  • La musique à Rome au XVIIe siècle. études et perspectives de recherche, Rom : École Française de Rome 2012 (= Collection de l’école française de Rome 466), 478 S.
    Caroline Giron-Panel/ Anne-Madeleine Goulet (Hg.)
  • „Die schönste Musik zu hören“. Europäische Musiker im barocken Rom, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2012, 128 S.
    Britta Kägler/ Gesa zur Nieden
  • Musicisti europei a Venezia, Roma e Napoli (1650-1750), Berlin/Rom 2013
    Michela Berti/ Gesa zur Nieden/ Torsten Roeder (Hg.)
  • „Grétry en Italie”, in: Art and Facts 32 (2013), S. 129-137
    Mélanie Traversier
  • Europäische Musiker in Venedig, Rom und Neapel/ Les musiciens européens à Venise, Rome et Naples/ Musicisti europei a Venezia, Roma e Napoli (1650-1750), Kassel: Bärenreiter 2015 (719 S.) (= Analecta musicologica 52) ISBN: 978-3-7618-2138-1
    Anne-Madeleine Goulet/ Gesa zur Nieden (Hg.)
 
 

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