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Die Schriften des Achten Karmapa Mi-bskyod-rdo-rje (1507-1554): Entstehung, Überlieferung und Genre; mit ausführlichem Katalog.

Antragsteller Dr. Jim Rheingans
Fachliche Zuordnung Religionswissenschaft und Judaistik
Förderung Förderung von 2010 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 157462092
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der Achte Karmapa Mi-bskyod-rdo-rje (1507-1554) war ohne Zweifel einer der produktivsten Gelehrten der Karma-bKa’-brgyud-Richtung des tibetischen Buddhismus. Mit der Veröffentlichung seiner umfangreichen Schriften in den Jahren 2000-2004 in 26 Bänden sind bedeutsame Quellen zugänglich gemacht worden. Das Forschungsvorhaben hat das umfassende, bisher kaum untersuchte Schriftkorpus mit Hilfe von Textrecherche, früher Titellisten und spiritueller Biographien erschlossen und dabei im Rahmen der vorhandenen Quellen die Entstehung und Überlieferung untersucht. Bei der Erforschung des literarischen Kontextes hat das Projekt Wesentliches zur Kenntnis von tibetischen Textsorten im Allgemeinen und der transkulturellen Textsorte „Hagiographie“ im Besonderen beigetragen. Ausgangspunkt der Forschung war ein deskriptiver Katalog, der insgesamt gut bearbeitet wurde. Dafür wurde gSung-’bum 2004 inklusive aller Kolophone verwendet, sowie Referenzen zu weiteren Manuskripten, publizierten Schriften, fehlenden und zweifelhaften Texten sowie frühen Titellisten. Ein aus Tibet stammender Druck des 17 Bände umfassenden Gesamtwerks von 2007 erwies sich als nur begrenzt nutzbar. Denn obwohl sämtliche Buchdeckel mit „Schriften des Achten Karmapa“ betitelt sind, handelt es sich um eine Sammlung von Werken verschiedenster Herkunft. Seltene Werke in anderen Sammlungen konnten erfolgreich recherchiert werden (u.a. Cod.11 der Bayrischen Staatsbibliothek, deren Digitalisierung ich veranlasste). Während Originalmanuskripte in Tibet aufgrund der angespannten Lage leider nicht eingesehen werden konnten, wurden andere erschlossen: Nach ausgiebiger Recherche bekam ich Zugang zu einer Manuskriptsammlung, die ein Kollege in New Delhi entdeckt hatte (Delhi Ms). Das Manuskript enthält u. a. bisher verloren geglaubte Quellen zum Leben des Mibskyod-rdo-rje, welche gemeinsam mit anderen frühen Lebensdarstellungen genutzt wurden. Bei der Erforschung von Überlieferung und Rezeption des literarischen Gesamtwerks wurde schließlich entschieden, sich exemplarisch auf bestimmte Überlieferungslinien zu fokussieren, da die Quellenlage zur frühen Entstehung für den Großteil der mehr als 250 Texten wenig ergiebig war und gleichzeitig Quellen für die Historie des Gesamtkorpus lückenhaft waren. Zu den herausgearbeiteten Linien gehörten essentielle Kommentare, Ritualtexte wie auch eine Gesänge-Sammlung. Aufbauend auf den datierbaren Werken wurde für die Darstellung des scholastischen Schaffens des Achten Karmapa eine Chronologie erarbeitet. Mit Hilfe des so Erforschten war es möglich vorsichtige Schlussfolgerungen zur Entstehung und Überlieferung einer tibetischen Schriftsammlung zu ziehen; dies wird neben den bereits erschienenen Aufsätzen zur Veröffentlichung bearbeitet. Als Nebenergebnis wurde die Dissertation zum Achten Karmapa überarbeitet und als Buch veröffentlicht (Hamburg Buddhist Studies 7, 2017). Im Hinblick auf transkulturelle methodologische Ansätze war die Arbeit überaus ertragreich. Um die häufig unkritisch verwendeten Texte der Gattung „Hagiographie“ zu beleuchten (die allerdings oft genutzt werden müssen), entschied ich gemeinsam mit Prof. Dr. Conermann (Bonn) eine internationale Konferenz auszurichten. Dort untersuchten Teilnehmer Gattung und Erzählstrukturen „vormoderner“ hagiographischer Texte (Christentum, Buddhismus, Judaismus und Islam) mit philologisch-historischen sowie erzähltheoretischen Ansätzen. Der Band Narrative Pattern and Genre in Hagiographic Life Writing analysiert verschiedenste Hagiographien; Introduction und Outlook erarbeiteten grundlegende Definitionen und Kriterien für die Untersuchung derartiger Texte in transkultureller Perspektive. Zudem wurden wie geplant Genre-Kategorisierungen des untersuchten Gesamtkorpus anhand der autochthonen Inhaltsverzeichnisse betrachtet. Bei der Reflexion über Textgattungen, die auf einigen Konferenzen (2011, 2013) lebhaft diskutiert wurde, erwies sich der aus der Textlinguistik entlehnte Begriff der Textsorte als besonders hilfreich. Ich beschloss, dem Thema einem Band zu widmen, Tibetan Literary Genres, Texts, and Text Type (Leiden: Brill, 2015), wobei meine ausführliche Einleitung das Problem der Gattungsunterteilung diskutiert. Das Vorhaben hat also insgesamt einen grundlegenden Beitrag zur Religions-, und vor allem Literaturgeschichte Tibets geleistet, das Wissen über Textsorten wie auch Methodologien erweitert und das Feld für zukünftige Untersuchungen und Forschungsnetzwerke geebnet.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2014. Narrative Pattern and Genre in Hagiographic Life Writing: Comparative Perspectives from Asia to Europe, Berlin: EB-Verlag
    Jim Rheingans and Stephan Conermann, eds.
  • 2014. “Narratology in Buddhist Studies: Dialogues about Meditation in a Tibetan Hagiography,” In Narrative Pattern and Genre in Hagiographic Life Writing: Comparative Perspectives from Asia to Europe, edited by Jim Rheingans and Stephan Conermann. Berlin: EB-Verlag. 69–112
    Jim Rheingans
  • 2015. ed. Tibetan Literary Genres, Texts, and Text Types: From Genre Classification to Transformation. Leiden, Boston: Brill
    Jim Rheingans, ed.
  • 2015. “Typologies in Tibetan Literature: Genre or Text Type? Reflections on Previous Approaches and Future Perspectives.“ In Rheingans, Jim (ed.), Tibetan Literary Genres, Texts, and Text Types: From Genre Classification to Transformation. Leiden, Boston: Brill, 1–27
    Jim Rheingans
  • 2017. The Eighth Karmapa’s Life and his Interpretation of The Great Seal: A Religious Life and Instructional Texts in Historical and Doctrinal Contexts. Hamburg Buddhist Studies 9. Bochum/Freiburg: Projektverlag
    Jim Rheingans
 
 

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