Detailseite
Projekt Druckansicht

Gefüge-Zellverhaltens-Beziehungen an einem dreiphasigen biodegradablen Silikat-Kollagen-Hydroxylapatit-Knochenersatzmaterial

Fachliche Zuordnung Materialwissenschaft
Förderung Förderung von 2009 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 157541531
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die in der Werkstoffwissenschaft üblichen Darstellungen zu Gefüge‐Eigenschaftsbeziehungen von Materialien kennt man derzeit bei Biomaterialien nur ansatzweise. Der Grund dafür ist in erster Linie darin zu suchen, dass sich das Eigenschaftsbild von Biomaterialien im Wesentlichen durch das Zellverhalten widerspielgelt. Daher wurde im beantragten Projekt das Ziel verfolgt, diese Lücke zu schließen. Aufgrund des begrenzten Förderzeitraumes stehen im Bericht Gefügedarstellungen eines neuen zwei‐ und dreiphasigen Biomaterials im Fokus. Im Rahmen des Projektes wurden sieben Modifikationen von zwei‐ und dreiphasigen Biomaterialien einer Gefügebetrachtung unterzogen. Die waren reines Silikat (B0), zweiphasige Silikatxerogele mit 10% (B10), 20% (B20), 30% (B30) und 40% (B40) bovinem fibrillärem Kollagen sowie dreiphasige Silikatxerogele mit 30% bovinem fibrillärem Kollagen und 5% Hydroxylapatit (B30H5) bzw. 30% bovinem fibrillärem Kollagen und 20% Hydroxylapatit (B30H20). Es ist gelungen, eine für alle Modifikationen angepasste Präparationsvorschrift zu etablieren. Die besondere Herausforderung bestand darin, die organische Phase des Biomaterials im Zuge des Präparationsprozesses nicht aus der anorganisch‐nichtmetallischen Matrix herauszureisen. Dafür wurden die Xerogele kalt eingebettet und mittels mehrstufiger Schleif‐ und Polierschritte so eingeebnet, dass sie mit verschiedenen mikroskopischen Abbildungsverfahren dargestellt werden konnten. Das waren die Lichtmikroskopie (LM), die Rasterelektronenmikroskopie (REM) und die Atomkraftmikroskopie (AFM). Aufgrund der besonderen Zusammensetzung aus organischen und anorganischen Komponenten zeigten sich dabei spezifische Vor‐ und Nachteile der einzelnen Mikroskopiemethoden. Die lichtmikroskopische Untersuchung war vor allem geeignet, den Fortschritt bei der Einebnung der Probenoberflächen abzubilden, sowie zur Darstellung der organischen Phase auf makroskopischer Ebene. Allein mithilfe der Rasterelektronenmikroskopie waren die zwei bzw. drei Gefügebestandteile des Biomaterials darstellbar. Dazu mussten die Schliffflächen mit Kohlenstoff bedampft werden. Danach waren Gefügecharakterisierungen mithilfe des in der Materialografie bekannten Verfahrens der Linearanalyse (mittlere lineare Phasengröße, Kontiguität und Durchdringungsgrad) möglich. Diese gefügeabhängigen Eigenschaften konnten in Bezug auf die Silikatphase bis in nanoskopische Dimensionen dargestellt werden. Eine kontrastreiche Abbildung der organischen Phase war insofern erschwert, als dass diese nicht in ihrer nativen fibrillären Form identifizierbar war, wie es für Bruchgefüge bekannt war. Die zweite anorganisch‐ nichtmetallische Phase (Calciumphosphatphase) ließ sich neben ihrem Topografiekontrast zusätzlich auch mithilfe von Elementanalysen mittels EDX charakterisieren. Da bei der silikatischen Phase Nahordnungszustände und davon abhängige Oberflächentopografien aufgrund des Sol‐Gel‐Prozesses zu erwarten waren, wurde in Bezug auf eine mögliche höhere Auflösung die Atomkraftmikroskopie herangezogen. Dadurch konnten zusätzliche Informationen zum funktionellen Verhalten des Biomaterials, insbesondere der für die Zelladhäsion bedeutsamen Rauhigkeitsprofile, eingeholt werden. Wie aus den Gesamtdarstellungen erkennbar, stellte die Rasterelektronenmikroskopie das Bindeglied zwischen Licht‐ und Atomkraftmikroskopie dar. Ein umfassendes Bild der charakteristischen Xerogelgefüge lieferte jedoch nur die Kombination aller drei Mikroskopiemethoden. Weiterführende Arbeiten, die vor allem die Untersuchung des vom Gefüge abhängigen Zellverhaltens auf den Materialien betreffen, werden im Rahmen des Teilprojektes M3 des Sonderforschungsbereichs/Transregios 79 durchgeführt. Von Interesse ist dabei vor allem die Beeinflussung des Verhältnisses von knochenaufbauenden Zellen (Osteoblasten) zu knochenabbauenden Zellen (Osteoklasten) bei Kultivierung auf den Kompositxerogelen. Die im vorliegenden Projekt entwickelte Präparations‐ und Analysemethodik wird insbesondere Anwendung bei der Untersuchung des Resorptionsverhaltens von Osteoklasten auf den Xerogelen finden. Dazu sind einerseits sehr glatte Ausgangsoberflächen notwendig und andererseits Mikroskopiemethoden mit denen die durch Zellresorption entstandenen Lakunen sichtbar gemacht und charakterisiert werden können. Unterdessen konnte eine gefügeabhängige Zelladhäsion von Osteoblasten/Osteoklasten‐Cokulturen erstmalig gezeigt werden. Da die makroskopischen mechanischen Eigenschaften des Biomaterials bereits bekannt sind, eröffnet sich die Frage, ob sich die bereits empirisch bekannten Gefüge‐Eigenschafts‐Beziehungen anderer Verbundwerkstoffe auch auf dieses Material anwenden lassen und ob nano‐ und mikroskopische Gefügeanalysen etwa durch das Nanoindenting notwendig werden. Mit dieser Methode könnten auch die für Zelladhäsion, ‐differenzierung und ‐proliferation bedeutsamen oberflächennahen mechanischen Eigenschaften des Biomaterials in Abhängigkeit vom Gefügeaufbau charakterisiert werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • "The composition of silica‐collagen‐calcium phosphate nanocomposites manipulates the ratio of bone forming cells and bone resorbing cells", 2010 Annual Meeting of the Society for Biomaterials, Seattle 21.04.‐24.04.2010
    Heinemann S, Heinemann C, Worch H, Hanke T
  • Nanocomposites for Tissue Engineering. In: Nanomaterials for Life Sciences. Ed. by Challa S.S.R. Kumar, Wiley VCH, Weinheim, 2010
    Gelinsky M, Heinemann S
  • Silica‐collagen‐calcium phosphate composite materials for bone replacement. In vitro‐manipulation of the ratio of bone forming to bone resorbing cells in a co‐culture, ESB 2010: 23rd European Conference on Biomaterials, Tampere 11.09.‐15.09.2010
    Heinemann S, Heinemann C, Worch H, Hanke T
  • "Electric Field‐assisted Preparation of Calcium Phosphate Phases in Gelatine", 24th European Conference on Biomaterials, Dublin 04.09.‐09.09.2011
    Heinemann C, Heinemann S, Wahnes C, Worch H, Hanke T
  • "Marine Collagen as a Component of Composite Biomaterials", 24th European Conference on Biomaterials, Dublin 04.09.‐09.09.2011
    Hanke T, Heinemann S, Hoyer B, Ehrlich H, Schatton W, Worch H
  • "Mechanical Properties and Biological Performance of Silica/Collagen/HAP Nanocomposites", Euro BioMat European Symposium on Biomaterials and Related Areas, Jena 13.04.‐14.04.2011
    Heinemann S, Heinemann C, Worch H, Hanke T
  • "Possibilities and limitations of preparing silica/collagen/calcium phosphate composites for biomaterial applications", 24th European Conference on Biomaterials, Dublin 04.09.‐09.09.2011
    Heinemann S, Heinemann C, Coradin T, Wiesmann H‐P, Hanke T
  • "Silica‐collagen‐ calcium phosphate composite materials for bone replacement. In vitro‐manipulation of the ratio of bone‐building to bone‐resorbing cells in a co‐culture model", Society For Biomaterials Annual Meeting and Exposition Orlando, Florida 13.04.‐16.04.2011
    Hanke T, Heinemann S, Heinemann C, Tryankowski E, Wenisch S, Worch H
  • Development of an Osteoblast/Osteoclast Co‐Culture derived by Human Bone Marrow Stromal Cells and Human Monocytes for Biomaterials Testing. European Cells and Materials 21 (2011), 80‐93
    Heinemann C, Heinemann S, Worch H, Hanke T
  • Dissertation: „Entwicklung und Charakterisierung biokompatibler Kompositxerogele im System Silikat/Kollagen/Calciumphosphat für den Knochenersatz“ (2011)
    Sascha Heinemann
  • Possibilities and Limitations of preparing Silica/Collagen/Hydroxyapatite Composite Xerogels as Load‐Bearing Biomaterials. Composites Science and Technology 71 (2011) 1873‐80
    Heinemann S, Coradin T, Worch H, Wiesmann HP, Hanke T
  • Resorbable bone substitution materials. An overview of commercially available materials and new approaches in the field of composites. Der Orthopäde 40 (2011), 761‐773
    Heinemann S, Gelinsky M, Worch H, Hanke T
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung