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Die archäologische Rekontextualisierung griechischer "Schatzverzeichnisse"
Antragstellerin
Dr. Ingrid Laube
Fachliche Zuordnung
Klassische, Provinzialrömische, Christliche und Islamische Archäologie
Förderung
Förderung in 2010
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 158523021
Die inschriftlich überlieferten Inventare der Objekte, die in griechischen Tempeln aufbewahrt wurden, haben unsere Kenntnis von der wirtschaftlichen und politischen Bedeutung griechischer Heiligtümer grundlegend erweitert. Für einen Zeitraum von nahezu dreihundert Jahren1 bezeugen die ίερά χρήματα die Existenz heute weitgehend verlorener Objekte wie Kultgeräte, Gefäße, Statuen, Waffen, Möbel, Textilien, Münzen etc. in griechischen Tempeln. Epigraphisch überliefert sind jährliche Aufzeichnungen aus Athen, Delos und Didyma. Aber auch andere griechische Heiligtümer, die zumindest zeitweise unter athenischem Einfluss standen, dokumentierten vom 5. bis 2. Jh. v. Chr. die Besitztümer verschiedener Gottheiten2. Die editorische Arbeit von Seiten der Epigraphik ist weitgehend geleistet. Eine vergleichende Gesamtbeurteilung, welche die Objekte in Hinblick auf archäologische, religionshistorische und soziokulturelle Fragen untersucht, fehlt bislang. Die hier projektierte Untersuchung möchte diese Lücke schließen. Ein erstes Ziel ist es, die in den Listen aufgeführten Gegenstände nicht nur unter Einbeziehung von antiken Schriftquellen und literarischen Texten, sondern vor allem vor dem Hintergrund der tatsächlich erhaltenen Objekte der materiellen Kultur der Antike zu identifizieren und klassifizieren. Ausgehend von dieser antiquarischen Untersuchung wird die Zusammensetzung der Inventare in Hinblick auf geographische, politische und historische Ordnungskriterien befragt. Im Vordergrund steht die Untersuchung der Funktion der Güter innerhalb der antiken Lebenswelt sowie ihres (Bedeutungs-)Wertes nach der ‚Umfunktionalisierung’ als Teil der Schatzinventare. Bereits die Präsenz in öffentlich einsehbaren Listen beweist, dass ein Großteil der Objekte jenseits ihres rein materiellen Wertes in erheblichem Maße Träger von semantischen Botschaften war. Im Einzelnen lässt sich zeigen, dass einige Gegenstände aufgrund ihres aktuellen oder ehemaligen Verwendungskontextes eine sakrale Bedeutung besaßen (Kultgeräte, alte Kultbilder etc.) oder durch die Weihung eine politisch-kommemorative Geltung erhielten (Kriegsbeute, Waffen, Schiffsteile etc.). Die umfassende Analyse der Objekte ist eine wesentliche Voraussetzung für weitere Fragen: Wie sahen die Tempelinnenräume aus? Wie wurden die Objekte aufbewahrt und konserviert, wie waren die Räume beschaffen, in denen die Güter über Jahrzehnte lagerten? Welchen Stellenwert hatten sie im (Selbst-)Bewusstsein des politischen Lebens einer Stadt?1 Seit 434/3 v. Chr. in Athen bis 141 v. Chr. auf Delos.2 Schatzverzeichnisse sind bekannt aus: Brauron, Eleusis, Oropos, Theben, Thespiai, Tanagra, Ägina, Imbros, Samos und Milet, vgl. hier Anm. 22.
DFG-Verfahren
Forschungsstipendien
Internationaler Bezug
Großbritannien
Gastgeber
Professor Roland R.R. Smith