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Stabilität und Wandel autoritärer Regime: ein systematischer Vergleich von institutionellen und materiellen Einflussfaktoren

Antragsteller Dr. Thomas Richter
Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2010 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 158829356
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt hat eine Forschungslücke an der Schnittstelle von politischer Ökonomie und interregional vergleichender Analyse politischer Systeme geschlossen und zwei zentrale Strömungen der bisherigen Makroforschung zu autoritären Regimen – die Debatten zum Einfluss von Rohstoffrente und die Relevanz autoritärer Institutionen – miteinander verknüpft. Ziel war es herauszufinden, welche Formen von Staatseinnahmen und Staatsausgaben im Zusammenhang mit welchen Institutionen die Überlebenswahrscheinlichkeit autoritärer Regime erhöhen oder verringern. Mit Hilfe einer aufwendigen Auswertung historischer Dokumente des Internationalen Währungsfonds ist im Projekt der GSRE 1.0 - Global State Revenues and Expenditures Datensatz (https://sites.google.com/a/thomaserichter.de/gsre/home) entstanden, der für den Zeitraum 1946 bis 2006 jährliche Daten zu Staatseinnahmen und Staatsausgaben für 161 Länder zur Verfügung stellt. Dem GSRE-Datensatz ist im September 2017 der Lijphart/Przeworski/Verba Data Set Award der Comparative Politics Section der APSA verliehen worden. Auf Basis dieser neuen Daten und etablierter Indikatoren zu autoritären Institutionen konnten die folgenden zentralen Erkenntnisse gewonnen werden: Erstens, Hydrokarbonrenten, d.h. staatliche Einnahmen aus dem Verkauf von Öl und Naturgas, haben einen entscheidenden Einfluss auf die Stabilität autoritärer Regime. Autoritäre Regime, die über steigende pro-Kopf Einnahmen aus Hydrokarbonrenten verfügen, demokratisieren weniger wahrscheinlich als Regime ohne Renteneinnahmen. Zurückzuführen lässt sich dieser Zusammenhang auf eine niedrige bzw. sinkende, direkte Steuerlast bei steigenden Renteneinnahmen (no representation without taxation). Auf Basis der neu erhobenen Daten konnte damit dieser klassische von der Rentierstaatstheorie behauptete Mechanismus empirisch nachgewiesen werden. Dieser Zusammenhang ist im hohen Maße unabhängig vom Regimetyp oder der Ausprägung autoritärer Institutionen. Zweitens spielen Sozialausgaben bei autoritären Regimen eine bisher vernachlässigte Rolle. Wenn es autoritären Regimen gelingt, einen autoritären Wohlfahrtsstaat auf- und auszubauen, wird sowohl demokratische als auch autoritäre Transition unwahrscheinlicher. Auch dieser Zusammenhang ist unabhängig von der Art autoritärer Institutionen. In Bezug auf autoritäre Institutionen konnten zwei gegensätzliche Effekte ausgemacht werden. Institutionen, die eine Ausweitung der Partizipation z.B. über die Gründung einer Regimepartei, die Einführung von verbindlichen Regeln für politische Partizipation oder die pluralistische Ausdifferenzierung des Wahlsystems bewirken, verringern die Wahrscheinlichkeit von Regimezusammenbruch. Auf der anderen Seite können Einschränkungen der exekutiven Macht innerhalb von autoritären Regimen die Wahrscheinlichkeit von Regimezusammenbruch erhöhen. Diese beiden Effekte sind unabhängig von den spezifischen Veränderungen in Bezug auf die Höhe von Staatsein- und –ausgaben. An Militärregimen schließlich bleibt, selbst wenn sie Sozialausgaben erhöhen oder die Besteuerung verringern, das Risiko haften, dass sie im Vergleich zu allen anderen autoritären Regimeformen deutlich früher zusammenbrechen. Die Projektarbeiten waren durch eine intensive Kooperation mit anderen durch die DFG geförderten Forschungsprojekten am GIGA Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, am WZB Wissenschaftszentrum Berlin, an der Universität Duisburg-Essen und der Universität Konstanz gekennzeichnet.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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