Die uzbekischen Dialekte von Afghanistan: Survey
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt "Die uzbekischen Dialekte von Afghanistan: Survey" konnte auf Vorarbeiten aufbauen, die schon vor Beginn der Förderung in den Jahren 1996 sowie 2002-05 geleistet worden waren, ja deren Wurzeln in die 1970er Jahre zurückreichen, als in Afghanistan die Bedingungen für sprachwissenschaftliche Feldforschung sehr gut waren. Ich habe in den genannten Zeiträumen immer wieder mit der Zielsetzung einer überblicksartigen Erfassung und Dokumentation der uzbekischen Mundarten Afghanistans Sprachproben auf Tonträgern und schriftlich festgehalten und Materialien für ein Dialektwörterbuch und für Einzelstudien zu den Dialekten exzerpiert und in Datenbanken gesammelt. Im Berichtszeitraum habe ich zum einen früher gesammeltes Material aufgearbeitet und ausgewertet. Es handelt sich dabei um Sprachproben zum Dialekt der Kargär, einer mehrheitlich von Tagelöhner-Arbeit lebenden, möglicherweise endogamen Bevölkerungsgruppe aus der sozialen Unterschicht der Stadt Andkhoy in Nordwest-Afghanistan. Sprachliche Merkmale verweisen auf eine Herkunft der Kargär aus der etwa 550 km nordwestlich liegenden Region Khorezm (Uzbekistan), ohne dass diese Vermutung durch historische Traditionen der Sprecher gestützt würde; die Einwanderung nach Andkhoy liegt also zumindest weiter zurück als das Gedächtnis reicht. Der Dialekt der Kargär ist ein interessantes Einsprengsel im Gesamtbild der uzbekischen Mundarten Afghanistans und war bislang in der Turkologie völlig unbekannt, obwohl seine Sprecherinnen mitten in der Stadt Andkhoy - in dem nach ihnen benannten Viertel Kargilxanä - leben. Des weiteren habe ich von Anfang April bis Anfang Juni 2006 in den nord- bzw. nordostafghanischen Provinzen Balkh, Samangan, Baghlan, Qunduz, Takhar und Badakhshan Feldforschung durchgeführt und dabei Sprachproben im Umfang von etwa 60 Stunden Tonaufnahmen und umfangreichen schriftlichen Notizen erhoben. Dieses Material wird zumindest partiell im Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Wien) archiviert werden und steht dann der akademischen Öffentlichkeit dauerhaft zur Verfügung. Seit meiner Rückkehr aus Afghanistan bearbeite ich diese Aufnahmen. Im Sommer 2006 begann ich mit der Dokumentierung des Materials aus Takhar (Saraysang, Hazar Chomich, Stadt Taluqan); beim Abhören und Exzerpieren dieser für mich teilweise extrem schwierig zu bearbeitenden Aufnahmen aus teilnehmender Beobachtung war mir in Berlin Herr H. Harimas, native speaker aus Saraysang, behilflich. Seit September 2006 wieder ohne Helfer, habe ich Aufnahmen und schriftliche Notizen aus der Provinz Samangan (Aybak, Qoshterman, Xoja Sawzpush, Nurqishlaq) exzerpiert. Ich halte bei ca. 10.000 Lemmata in meiner Datenbank, die die Grundlage für ein Dialektwörterbuch bilden wird. Parallel zur dialektologischen Auswertung des Materials fertige ich Transkriptionen von Volltext oder auch Textausschnitten bzw. inhaltliche Notizen nach den abgehörten Texten von solchen Materialien an, die unter zeitgeschichtlichen oder ethnographischen Gesichtspunkten von besonderem Interesse sind. Daraus sind derzeit Aufsatzpublikationen zur Identitätsfindung von Uzbeken Afghanistans im Gefolge der Taliban-Ära und zur Hochzeit als zentralem Ort von Herstellung und Erneuerung sozialer Beziehungen in Vorbereitung.