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GRK 1657:  Molekulare und zelluläre Reaktionen auf ionisierende Strahlung

Fachliche Zuordnung Medizin
Förderung Förderung von 2011 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 161030019
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ionisierende Strahlung wird weltweit erfolgreich in der medizinischen Therapie und Diagnostik eingesetzt, allerdings ist unser naturwissenschaftliches Verständnis über ihre genaue biologische Wirkungsweise unvollständig. Mit dem Graduiertenkolleg 1657 wurde ein Rahmen geschaffen, in dem die Effekte ionisierender Strahlung interdisziplinär von der Ebene einzelner Moleküle und der zellulären Reaktionen bis zur Ebene des Gesamtorganismus erforscht wurden. Im Graduiertenkolleg arbeiteten Forschergruppen unterschiedlicher Fachexpertisen eng zusammen und benutzten zell- und molekularbiologische, (bio-)chemische, physikalische und bioinformatische Ansätze. Im Rahmen des Graduiertenkollegs wurden auf molekularer und zellulärer Ebene neue Erkenntnisse zur Struktur und genomischen Lokalisation von DNA-Schäden gewonnen. Wie DNA-Schäden repariert werden, konnte durch nähere Charakterisierung von Reparaturwegen, Aufklären neuer Funktionen von Reparaturfaktoren und die Identifizierung gänzlich neuer Faktoren ausführlicher beschrieben werden. Dabei deckten bioinformatische Methoden, wie Strukturvorhersagen und Biostatistik, strukturelle Eigenschaften solcher Reparaturproteine auf. Außerdem wurde die Funktionen solcher Proteine bei der Zellzyklusregulation untersucht, ein Prozess, der eng an die DNA-Reparatur gekoppelt ist. Falls Schäden nicht richtig repariert werden, kann es zu strukturellen Veränderungen des Erbguts kommen, die zur Krebsentstehung beitragen können. Umfassende molekularbiologische Untersuchungen zeigten, dass die Antwort von Zellen auf ionisierende Strahlung dynamisch ist und auf den jeweiligen Zellzustand angepasst ist. Besonders die Aktivität des Tumorsuppressors p53 ist entscheidend, um die genetische Stabilität nach einer Strahlenexposition zu bewahren. Ein anderer für die genomische Stabilität entscheidender Tumorsuppressor, Smarcb1, wurde ebenfalls näher untersucht. Auf organismischer Ebene wurden Arbeiten zur Auswirkung von Strahlung auf das sich entwickelnde Zentralnervensystem, sowie bereits voll entwickelten Nervenzellen, durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass sich die Funktion mancher DNA-Reparatur-Proteine im Embryo und im erwachsenen Organismus unterscheidet. Eine zentrale Frage, die hinter der Aufklärung der zugrundeliegenden Wirkungsmechanismen nach Strahlenexposition steht, ist, ob gezielte Veränderungen dieser Mechanismen oder Unterschiede zwischen gesunden Zellen und Tumorzellen therapeutisch genutzt werden können. So können Proteine wie Survivin, das beim Überleben von Krebszellen eine wichtige Rolle spielt, als molekulare Zielmoleküle der therapeutischen Intervention dienen. Weitere solcher therapeutisch relevanten Zielmoleküle sind der Reparaturfaktor NEK1 und das 20S-Proteasom, für die spezifische Inhibitoren identifiziert und deren Strukturen optimiert wurden. Dass so ein Ansatz funktionieren kann, wurde am Beispiel des Glioblastoms (einem aggressiven Gehirntumor) demonstriert, dessen Überlebensfähigkeit durch gezielte Behandlung bestimmter Rezeptoren deutlich gesenkt werden konnte. Außerdem wurden Fortschritte bei der Simulation der Tumorbehandlung durch Protonen- und Ionenstrahlung erzielt. Ergänzt wurden diese Untersuchungen durch mathematische Modellierungen und die Simulation der zellulären Antwort auf Strahlenschäden. Eine weitere therapeutische Anwendung von Strahlung ist das radioaktive Edelgas Radon, mit dem z.B. Gelenkerkrankungen gelindert werden. Studien zum Mechanismus der entzündungshemmenden Wirkung von Radon zeigten bereits nach geringen Strahlendosen eine Aktivierung von Signalkaskaden und Immunzellen. Schließlich könnten die im Graduiertenkolleg gewonnenen Erkenntnisse in der Diagnostik Anwendung finden; z.B. wurde ein Screening-Verfahren etabliert, mit dem Zellen auf Strahlungsresistenz, einem häufigen Grund für Therapieversagen, hin untersucht werden können. Im Rahmen des Graduiertenkollegs wurden grundlegend neue Erkenntnisse hinsichtlich der Wirkungsweise ionisierender Strahlung gewonnen. Für diesen Wissenszuwachs war die interdisziplinäre Ausrichtung des Graduiertenkollegs, sowie die durchgehende Förderzeit von 9 Jahren, essenziell. Dadurch wurden neue Kollaborationen zwischen Forschungsgruppen am Standort Darmstadt und Frankfurt initiiert und bestehende Kollaborationen intensiviert. Motivierte Promovierende, die im Graduiertenkolleg strukturiert ausgebildet wurden, trugen zur Forschungsarbeit des Graduiertenkollegs maßgeblich bei. Die gewonnenen Erkenntnisse können, neben der Bedeutung für die Grundlagenforschung, bei der Entwicklung und Verbesserung von Strahlentherapien helfen, sowie durch fundiertere Risikoabschätzungen einen wichtigen Beitrag zum Strahlenschutz leisten.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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