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Identifizierung und Charakterisierung neuraler Akzeptorproteine der Polysialyltransferasen ST8SiaII und ST8SiaIV

Fachliche Zuordnung Biochemie
Förderung Förderung von 2009 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 161222974
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Polysialinsäure (PolySia) ist eine posttranslationale Modifikation, die für die Entwicklung des Wirbeltiergehirns sowie den Erhalt synaptischer Plastizität von herausragender Bedeutung ist. Biosynthese und biologische Rolle wurden bislang fast ausschließlich im Kontext des Hauptträgermoleküls, dem neuralen Zelladhäsionsmoleküls NCAM, studiert, welches durch die beiden Polysialyltransferasen ST8SiaII und ST8SiaIV polysialyliert wird. Da im Gehirn von Ncam-/- Mäusen noch PolySia gefunden wurde, stand die Identifizierung und Charakterisierung weiterer neuraler PolySia-Träger im Zentrum dieses Vorhabens. Durch Kombination komplementärer Expertisen konnten die Gruppen in Gießen und Hannover drei weitere PolySia-Träger im perinatalen Maushirn identifizieren (SynCAM 1, ST8SiaIV und Neuropilin-2) und die molekularen Voraussetzungen für deren Polysialylierung erarbeiten. Im Falle des synaptischen Zelladhäsionsmoleküls SynCAM 1 wurde überraschend eine Zelltyp-spezifische Polysialylierung in NG2-positiven Polydendrozyten beobachtet, einer Klasse von multifunktionellen Vorläuferzellen, die einzigartige Synapsen mit Neuronen ausbilden. Wie bei NCAM, führte die Polysialylierung von SynCAM 1 zur vollständigen Blockierung der homophilen Bindung, was auf eine regulatorische Rolle bei der Integration von NG2 Zellen in neurale Netzwerke hindeutet. Intramolekulare Lokalisierung der PolySia-tragenden Glykane zeigte eine selektive Polysialylierung an nur einer von sechs N-Glykosylierungsstellen und es konnte der für die Akzeptorerkennung essentielle Proteinbereich bestimmt werden. Die Analyse ST8SiaII- bzw. ST8SiaIV-defizienter Mausmodelle ergab, dass SynCAM 1 in vivo ausschließlich durch ST8SiaII polysialyliert wird. Entsprechend enthielt Hirnmaterial aus Ncam-/-/St8sia2-/- Doppel-knock out Mäusen weder PolySia-NCAM noch PolySia-SynCAM 1 und wurde erfolgreich zur glykoproteomischen Identifizierung von ST8SiaIV als PolySia-Träger eingesetzt. Somit konnte die Autopolysialylierung dieses Enzyms, die bislang nur in vitro und in transfizierten Zellen gezeigt wurde, erstmals in vivo nachgewiesen werden. Mit Protein-spezifischen Antikörpern gelang schließlich der Nachweis von polysialyliertem Neuropilin-2 (NRP2), das als PolySia-Träger bisher nur im Immunsystem auf dendritischen Zellen beschrieben wurde. Die Analyse von Hirnmaterial aus Ncam-/-/St8sia2-/- und Ncam-/-/St8sia4-/- Mäusen sowie Co-Expressionsstudien zeigten eindeutig, dass NRP2 – im Gegensatz zu SynCAM 1 - nur durch ST8SiaIV polysialyliert wird. Mit Hilfe einer umfangreichen Mutagenese-Studie gelang die intramolekulare Lokalisierung der PolySia-Akzeptorstellen. Anders als bei NCAM und SynCAM 1, die beide an N-Glykanen polysialyliert werden, erfolgt die Polysialylierung des NRP2 selektiv an einem Cluster von O-Glykanen, die in einer Linkerregion des Proteins lokalisiert sind. Die in dieser Studie aufgedeckten Unterschiede in den Akzeptorspezifitäten von ST8SiaII und ST8SiaIV liefern einen möglichen Erklärungsansatz, warum sich in Vertebraten zwei, in ihren katalytischen Eigenschaften sehr ähnliche, Polysialyltransferasen ausgebildet haben.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2010). Mass spectrometric fragmentation analysis of oligosialic and polysialic acids. Anal. Chem. 82, 2059-2066
    Galuska,S.P., Geyer,H., Bleckmann,C., Röhrich,R.C., Maass,K., Bergfeld,A.K., Mühlenhoff,M., and Geyer,R.
  • (2010). Synaptic cell adhesion molecule SynCAM 1 is a target for polysialylation in postnatal mouse brain. Proc. Natl. Acad. Sci. U. S. A 107, 10250-10255
    Galuska,S.P., Rollenhagen,M., Kaup,M., Eggers,K., Oltmann-Norden,I., Schiff,M., Hartmann,M., Weinhold,B., Hildebrandt,H., Geyer,R., Mühlenhoff,M., and Geyer,H.
  • (2012). Glycomic strategy for efficient linkage analysis of di-, oligo- and polysialic acids. J. Proteomics 75, 5266-5278
    Galuska,S.P., Geyer,H., Mink,W., Kaese,P., Kühnhardt,S., Schäfer,B., Mühlenhoff,M., Freiberger,F., Gerardy-Schahn,R., and Geyer,R.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.jprot.2012.06.011)
  • (2012). Polysialylation of the synaptic cell adhesion molecule SynCAM 1 depends exclusively on the polysialyltransferase ST8SiaII in vivo. J. Biol. Chem. 287, 35170-35180
    Rollenhagen,M., Kuckuck,S., Ulm,C., Hartmann,M., Galuska,S.P., Geyer,R., Geyer,H., and Mühlenhoff,M.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1074/jbc.M112.375642)
 
 

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