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Comparative feeding ecology of mouse lemurs (Microcebus spp.) in northwestern Madagascar in view of species-specific biographic patterns

Fachliche Zuordnung Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Förderung Förderung von 2009 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 162120733
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Es war das Ziel dieses Projekts, durch die Integration einer Vielzahl von botanischen und zoologischen Datensätzen vier fundamentale biogeographische Hypothesen zur Erklärung der divergenten Verbreitungsmuster von madagassischen Endemiten am Modell des grauen und goldbraunen Mausmaki (Microcebus murinus und M. ravelobensis) zu testen. Die Hypothesen beinhalten die Rolle von divergenter Habitatplastizität, einer unterschiedlichen Breite des Nahrungsspektrums, eines unterschiedlichen kompetitiven Potentials und einer variierenden Dispersionsfähigkeit für das Verständnis der divergenten Ausbreitungsmuster. Zu diesem Zweck wurden weibliche Mausmakis beider Arten in drei Untersuchungsgebieten im Ankarafantsika Nationalpark in Nordwest-Madagaskar mit Hilfe von Fokusbeobachtungen über ein ganzes Jahr hinweg beobachtet. Parallel wurden systematisch phänologische, vegetationsstrukturelle und floristische Daten in den Studiengebieten erhoben. Zudem wurden stationäre Futterquellen direkt beobachtet und Konfrontationsexperimente mit je einem Weibchen beider Arten in kontrollierten Käfigexperimenten durchgeführt. Schließlich wurde das Dispersionsvermögen beider Arten genetisch charakterisiert und verglichen, sowie eine Studie zur Phylogeographie des grauen Mausmaki durchgeführt. Diese methodischen Ansätze ergaben keinen Nachweis dafür, dass Mausmakis mit divergenten Verbreitungsmustern eine unterschiedliche große Habitatplastizität aufweisen oder dass Mausmakis mit einer weiten Verbreitung plastischer in ihrer Nahrungswahl sind. Die Ergebnisse weisen zum Teil sogar in die entgegengesetzte Richtung. Graue Mausmakis (=weite Verbreitung) zeigten z.B. einen höheren Grad an Habitatspezialisierung als der goldbraune Mausmaki (=regionale Verbreitung). Ebenso besitzen beide Arten ein diverses omnivores Nahrungsspektrum, wobei es im Falle vom grauen Mausmaki gelang, drei wahrscheinliche pflanzliche Schlüsselressourcen zu identifizieren (Quellen von Früchten und Baumsäften), während dies aufgrund seiner hoch variablen Ernährungsweise beim goldbraunen Mausmaki nicht gelang. Somit erklären die beiden ersten Hypothesen vermutlich nicht die divergenten Verbreitungsmuster von Microcebus spp. Für die dritte und vierte Hypothese dagegen ergaben sich unterstützende Befunde. Es konnte gezeigt werden, dass der graue Mausmaki in der Tat über ein höheres kompetitives Potential verfügt als der goldbraune Mausmaki, so dass angenommen werden kann, dass diese Art sich bei Anwesenheit anderer Mausmaki-Arten den Zugang zu wichtigen Ressourcen sichern kann und damit seine Verbreitung relativ ungehindert erfolgen kann. Zudem ergaben die genetischen Analysen, dass der Genfluss zwischen Populationen des grauen Mausmaki vermutlich höher ist als der zwischen Populationen des goldbraunen Mausmaki. Diese Befunde sprechen für eine erhöhte Dispersionsfähigkeit bei dieser Art und könnte in Kombination mit dem hohen kompetitiven Potential zu einer relative schnellen Besiedelung neuer Lebensräume geführt haben. In Kombination mit den Ergebnissen einer von uns angefertigten Studie zur Besiedelungsgeschichte Nordwest-Madagaskars ergibt sich damit das folgende Bild: Der graue Mausmaki hat sich vermutlich in Süd-Madagaskar entwickelt und sich erst relativ rezent (spätes Pleistozän) über das Hochland nach Norden hin ausgebreitet. Bei der Besiedelung der verschiedenen durch größere Flüsse getrennten Tieflandregionen in West- und Nordwest-Madagaskar traf diese Art auf dort lebende regionale Endemiten, die an die heterogenen Habitatbedingungen in ihrer jeweiligen Tieflandregion angepasst waren, in die trockenen Hochlandregionen jedoch nicht vordringen konnten. Aufgrund eines guten Dispersionsvermögens und des hohen kompetitiven Potentials konnten sich die grauen Mausmakis trotz der Anwesenheit anderer Mausmakis dort ausbreiten und in den Habitaten ihrer Präferenz überlebensfähige Populationen etablieren. Dieses Projekt hat damit wichtige Hinweise auf ultimat wirksame biogeographische Faktoren erarbeitet, deren generelle Wirksamkeit als nächstes an weiteren Modellorganismen überprüft werden sollte. Eine weitere sinnvolle Forschungsperspektive liegt in dem tieferen Verständnis der proximaten Mechanismen und Eigenschaften, die zu der besonderen Ausbreitungsfähigkeit von weit verbreiteten Endemiten beitragen und die bisher nur ungenügend verstanden sind. Sind es z.B. thermoregulatorische, sinnesphysiologische, kognitive, morphologische oder reproduktionsbiologische Besonderheiten, die diese außergewöhnliche Dispersionsfähigkeit bedingen? Viele weitere Studien werden nötig sein, um diesen Fragenkomplex zufriedenstellend zu klären.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2009): Varying patterns of coexistence of two mouse lemur species (Microcebus ravelobensis and M. murinus) in a heterogeneous landscape. Am. J. Primatol. 71, 928-938
    Rakotondravony, R.; Radespiel, U.
  • (2010): Signals of recent spatial expansions in the grey mouse lemur (Microcebus murinus). BMC Evolutionary Biology 10, 105
    Schneider, N.; Chikhi, L.; Currat, M.; Radespiel, U.
  • (2010): Structural and floristic traits of habitats with different relative abundance of the lemurs Microcebus murinus and M. ravelobensis in northwest Madagascar. Ecotropica 16, 15-30
    Sehen, L.; Goetze, D.; Rajeriarison, C.; Roger, E.; Thorén, S.; Radespiel, U.
  • (2011) Explaining geographical variation in the isotope composition of mouse lemurs (Microcebus). J. Biogeogr. 38, 2106-2121
    Crowley, B.E.; Thorén, S.; Rasoazanabary, E.; Barrett, M.A.; Zohdy, S.; Blanco, M.B.; Mcgoogan, K.C.; Arrigo-Nelson, S.J.; Irwin, M.T.; Vogel, E.R.; W Right, P.C.; Radespiel, U.; Godfrey, L.R.; Koch, P.L.; Dominy, N.J.
  • (2011). Seasonal changes in feeding ecology and activity pattern in two sympatric mouse lemur species, the gray mouse lemur (Microcebus murinus) and the golden-brown mouse lemur (M. ravelobensis), in northwestern Madagascar. Int. J. Prim. 32, 566-586
    Thorén, S.; Quietzsch, F.; Schwochow , D.; Sehen, L.; Meusel, C.; Meares, K.; Radespiel, U.
  • (2011): Different competitive potential in two coexisting mouse lemur species in northwestern Madagascar. Am. J. Phys. Anthropol. 145, 156-162
    Thorén, S.; Linnenbrink, M.; Radespiel, U.
 
 

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