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Klima, Landwirtschaft und Gesellschaft - Zur Nachhaltigkeit früher landwirtschaftlicher Systeme im Vorderen Orient

Fachliche Zuordnung Klassische, Provinzialrömische, Christliche und Islamische Archäologie
Förderung Förderung von 2010 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 163597005
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Durch die Anwendung verschiedener Methoden der naturwissenschaftlichen Archäologie (Archäobotanik, stabile Kohlenstoffisotopie, Geoarchäologie) sowie der altorientalischen Philologie sollte mit diesem Projekt ein Beitrag zum Verständnis der Entwicklung früher komplexer Gesellschaftssysteme vom Neolithikum bis in die ausgehende Eisenzeit im Vorderen Orient geleistet werden. Dieses Ziel wurde durch die Erforschung der Nachhaltigkeit früher landwirtschaftlicher Systeme im Spannungsfeld zwischen Umweltdynamik und ökonomischer Anpassung umgesetzt. Als wesentlicher Beitrag des Projektes können die Ergebnisse zu den landwirtschaftlichen Bedingungen in Abhängigkeit von der Umweltentwicklung für einzelne Lokalitäten sowie für die gesamte Region des Fruchtbaren Halbmondes betrachtet werden. Weiterhin konnte mit den archäobotanischen Ergebnissen im Iran (akeramischer Fundplatz Chogha Golan) ein neuer Aspekt zum Grundverständnis der Entstehung der Landwirtschaft mit einem ähnlich frühen Beginn der Emmer-Domestikation im östlichen Fruchtbaren Halbmond wie im Westen erzielt werden. Beide Schlüsselerkenntnisse wurden jeweils in hochrangigen Fachzeitschriften (PNAS und Science) publiziert und zogen eine große Aufmerksamkeit in den Publikumsmedien auf sich. Über die Laufzeit des Projektes hinweg etablierte sich die Anwendung der stabilen Kohlenstoffisotopie auf archäobotanische Reste als Mittel der direkten Erfassung früher Wasserverfügbarkeit. Die Projektleiterin war an diesem Prozess maßgeblich durch zahlreiche Publikationen beteiligt. Weitere Beiträge zum wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn waren die Erfassung lokaler Klimaeffekte im Vorderen Orient vom Neolithikum bis in die Eisenzeit, die durch ihre Variabilität auch archäologisch feststellbare Unterschiede in den Veränderungen der Siedlungsmuster erklären können. Dementsprechend zeigen die stabilen Kohlenstoffisotopensignale in Pflanzenresten zwar in den Mittelwerten zunehmenden Wasserstress von der Früh- zur Mittelbronzezeit, weichen jedoch in den Minimalwerten für einzelne Lokalitäten deutlich voneinander ab. Dies verdeutlicht, dass die lokalen klimatischen Effekte im untersuchten Zeitraum häufig nicht einschneidend genug waren, um eine regionale oder überregionale Aufgabe von Siedlungen herbeizuführen. Aufschlussreiche Ergebnisse zur Transformierung landwirtschaftlicher Systeme wurden auch durch den Vergleich umweltarchäologischer Ergebnisse mit philologischen Quellen erzielt (die im Rahmen der altorientalischen Philologie angefertigte Dissertation wurde innerhalb der ersten drei Förderjahre abgeschlossen). Hier zeigte sich eine starke Verflechtung von Klimawandel, Umweltveränderung und wachsender sozialer, politischer und ökonomischer Komplexität, einschließlich Rückkopplungsmechanismen zwischen diesen Komponenten. Für den Übergang von der Spätbronzezeit zur Eisenzeit weisen scheinbar widersprüchliche Merkmale von lokal höherem Wasserstress der Pflanzen, bei ansteigender Präsenz von Arten mit höheren Ansprüchen an die Wasserversorgung auf eine zunehmende Bedeutung von Bewässerungstechniken. Die vorgelegten Forschungsergebnisse zeigten außerdem, dass der Begriff des Kollapses in vielen Fällen die beobachtbaren Transformationen nur unzureichend beschreibt und eher für zeitlich und räumlich sehr begrenzte Ereignisse angewendet werden kann. Alle im Projekt ausgewerteten Daten weisen auf kontinuierliche Anpassungsvorgänge und Entwicklungen, die zum Teil puffernd auf umweltbedingte Veränderungen wirken.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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