Die Hagiographie des tibetischen Gelehrten Shakya-mchog-Idan (1428-1507): Quellen und historischer Kontext.
Final Report Abstract
Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurde Leben und Wirken des Sa-skya-Meisters Shākya-mchog-ldan (1428–1507) umfassend erschlossen und dessen Person in den religiösen und politischen Milieus seiner Zeit verortet. Als Quellen dienten hagiographische Texte, zudem wurden systematisch Quellen aus Shākya-mchog-ldans eigener Hand herangezogen. Bemerkenswerterweise weicht das traditionelle Bild von Shākya-mchog-ldan, das uns aus diesen Quellen entgegentritt, auffallend von unserer aktuellen Wahrnehmung ab und stellt Aspekte in den Vordergrund, die von der modernen, stark ideen- und philosophiegeschichtlich geprägten Forschung bislang kaum thematisiert wurden. Demnach lässt sich die Person Shākya-mchog-ldan nicht allein auf die Rolle des brillanten scholastischen Gelehrten beschränken. Vielmehr galt Shākya-mchog-ldan der Tradition auch als ein profunder Vinayagelehrter und angesehener Tantrameister. Bei aller gebotenen Vorsicht den tibetischen Quellen gegenüber stellt diese traditionelle Wahrnehmung ein Korrektiv dar, das der Forschung helfen kann, ein ausgewogeneres Verständnis von Shākya-mchog-ldans Beitrag zur Kulturgeschichte Tibets zu entwickeln. Ein Anliegen des Forschungsvorhabens war es, die Mannigfaltigkeit der Einflüsse aufzuzeigen, die Shākya-mchog-ldan zeit seines Lebens in sich aufnahm. Neben einer Vielzahl kleinerer Überlieferungstraditionen waren für ihn in scholastischer Hinsicht hauptsächlich die Exegesetraditionen von gSang-phu und Sa-skya von Bedeutung, in Bezug auf die Tantras sah er die Ngor-Schule als seine Haupttradition an. Dem Forschungsvorhaben ist es zudem gelungen, das politische Umfeld sichtbar zu machen, das den Rahmen für Shākya-mchog-ldans vielfältige Aktivitäten abgab. Hier standen insbesondere die Verbindungen zu diversen Gabenherren wie z.B. der Adelsfamilie von Rinspungs sowie der Herrscherfamilie von Mustang im Fokus, die Shākya-mchog-ldan und die ihm unterstellten religiösen Institutionen materiell unterstützten. Es konnte des Weiteren gezeigt werden, dass die mit den religiösen und politischen Milieus verknüpften Bereiche, in denen Shākya-mchog-ldan tätig war, nicht isoliert voneinander betrachtet werden dürfen. Dies wird besonders deutlich an den Aktivitäten Shākya-mchog-ldans als Abt seines Klosters gSer-mdog-can in gTsang ab den 1470er Jahren. Hier ist Shākya-mchog-ldan in seiner Rolle als Verfasser scholastischer Texte oftmals nicht zu trennen von seiner Funktion als Lehrer der gSer-mdog-can-Mönche und Präzeptor seiner Gabenherren. Dabei ließ sich u.a. nachweisen, dass einige seiner später als kontrovers empfundenen Lehrwerke Bestandteil des Kloster-Curriculums waren. In Bezug auf Shākya-mchog-ldans Werk konnte anhand des tibetischen Quellenmaterials gezeigt werden, dass vor der (uns heute allein zugänglichen) "bhutanesischen" Ausgabe seiner gesammelten Werke aus dem 18. Jahrhundert zwei frühere tibetische Werksammlungen existierten. Der jeweilige Aufbau dieser frühen Sammlungen konnte anhand von alten Titellisten bestimmt werden, wobei zudem eine Reihe von Texten identifiziert wurden, die nicht in die "bhutanesische" Sammlung Aufnahme gefunden haben.
Publications
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Paṇ chen Shākya mchog ldan's Monastic Residence Thub bstan gSer mdog can: The History of its Foundation. In: Franz-Karl Ehrhard und Petra Maurer (Hrsg.). Nepalica-Tibetica: Festgabe für Christoph Cüppers. Andiast: International Institute for Tibetan and Buddhist Studies, Bd. 1. 2013, S. 65–88.
Caumanns, Volker
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Shākya-mchog-ldan, Mahāpaṇḍita des Klosters gSer-mdog-can: Leben und Werk nach den tibetischen Quellen. Contributions to Tibetan Studies, Bd. 11.2015, Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag.
Caumanns, Volker
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The Collected Works of gSer mdog Paṇ chen Shākya mchog ldan: The Formation and Early Transmission of a 15th-Century Literary Corpus. In: V. Caumanns und M. Sernesi (Hrsg.). 15th-Century Tibet: Cultural Blossoming and Political Unrest. Proceedings of a Conf. Held in Lumbini, Nepal, March 2015. Bhairahawa: Lumbini International Research Institute.
Caumanns, Volker