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Die Entwicklung von Servicerobotern und humanoiden Robotern im Kulturvergleich - Europa und Japan

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2010 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 164109953
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt untersuchte die Entwicklung von Servicerobotern und humanoiden Robotern in Europa und Japan. Gängigerweise wird angenommen, dass Roboter in Europa nicht als mögliche Personen gelten, während dies in Japan eher der Fall sei. Um derartige kulturelle Unterschiede genauer zu erfassen, wurden im Projekt die Konzepte „Dividualisierung“ und „Individualisierung“ adaptiert und heuristisch fruchtbar gemacht. Dies führte zu folgendem Ergebnis. In Europa steht der Aspekt der Individualisierung im Vordergrund. Dies bestimmt auch die Sicht auf den Roboter, der als Spiegelbild des menschlichen Ich entwickelt wird. Der Roboter wird als eine individuelle Entität verstanden, deren Status zu klären ist. In Japan dagegen wird der Status von Robotern nicht problematisiert. Die Rede ist vielmehr von der Zukunftsvision einer harmonischen Koexistenz mit Automaten, die zwar anthropomorph erscheinen, jedoch die Menschen – so das Selbstverständnis der Feldakteure – lediglich bei spezifischen Funktionen ersetzen können. Die Grenzziehung zwischen Mensch und Maschine wird implizit vollzogen. Dass die Grenzziehung derart implizit bleiben kann, liegt vor allem daran, dass weniger das Individuum im Vordergrund steht, als vielmehr die Beziehungen, in denen sich Menschen bzw. Menschen und Roboter begegnen. Damit Roboter in das Alltagsleben integriert werden können, müssen sie einerseits „autonomer“ und andererseits sicherer werden. Für die Robotikentwickler stellt sich dies als eine paradoxe Herausforderung dar. Ein Produkt ist nur dann sicher genug, wenn geklärt ist, wer im Schadensfall verantwortlich zu machen ist. Im Fall autonomer Maschinen gerät aber die institutionelle Produktsicherheit zunehmend ins Wanken. Vor dem Hintergrund der spezifischen Eigenständigkeit von Robotern (insb. der Unvorhersehbarkeit ihres Verhaltens) stellt sich heraus, dass die bisher geltenden Formen der Verantwortungszurechnung unzureichend sind. Die Institutionalisierung neuer Pfade der Verantwortungszurechnung gilt daher als notwendige Voraussetzung für die Einführung von Robotern in die Alltagswelt. Die Lösung dieses Problems erfolgt in Japan und Europa in je spezifischer Weise. Bei der Erfassung der unterschiedlichen Lösungsansätze für das Autonomie-Sicherheits-Paradox erwies sich der Bezug auf die Differenz zwischen Dividualisierung und Individualisierung ebenfalls als ausgesprochen fruchtbar. In der Analyse der Konstruktionsarbeit im Labor zeigte sich, dass Roboter in einer spezifischen Raum-Zeit-Ordnung existieren, der digitalen Raumzeit, die sich strukturell von der Raum-Zeit-Ordnung menschlicher Erfahrung unterscheidet. Dies führte zu der Einsicht, dass Roboter sich nicht von sich aus steuern, sondern dass sich am mechatronischen Körper Steuerungsprozesse ereignen. In der Konstruktionsarbeit wird aufgrund der Orientierung am biologischen Vorbild ein komplexer Übersetzungsprozess notwendig, in dem biologische Funktionen isoliert und additiv am mechatronischen Körper zusammengeführt werden. Gegenwärtig befinden sich Roboter an der Schwelle zur Alltagswelt. Dies motivierte in der Abschlussphase des Projekts zur Durchführung der internationalen Konferenz „Going Beyond The Laboratory – Ethical and Societal Challenges for Robotics“ (2014, Hanse-Wissenschaftskolleg Delmenhorst), deren Ergebnisse als ein Sonderheft der interdisziplinär orientierten Zeitschrift AI & Society publiziert wurden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2014. Constructing the robot’s position in time and space – the spatio-temporal preconditions of artificial social agency, in: Science, Technology & Innovation Studies, 10(1), „Of Social Robots and Artificial Companions. Contributions from the Social Sciences“, S. 85‒106
    Gesa Lindemann, Hironori Matsuzaki
  • 2014. Weltzugänge: Die mehrdimensionale Ordnung des Sozialen, Weilerswist: Velbrück Wissenschaft
    Gesa Lindemann
  • Special Issue „Going beyond the laboratory: Reconsidering the ELS implications of autonomous robots“, AI & Society: Knowledge, Culture and Communication, 2015
    Gesa Lindemann, Hironori Matsuzaki, Ilona Straub (eds.)
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00146-015-0623-6)
  • 2016. The Safety-Autonomy-Paradox of Service Robotics in Europe and Japan – A Comparative Analysis, AI & Society
    Gesa Lindemann, Hironori Matsuzaki
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1007/s00146-015-0630-7)
  • Social interaction with robots: three questions, AI & Society
    Gesa Lindemann
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1007/s00146-015-0633-4)
 
 

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