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Konstruktionswissen der frühen Moderne: V.G. Šuchov Strategien des sparsamen Eisenbaus

Mitantragstellerinnen / Mitantragsteller Professor Dr. Rainer Graefe; Professorin Dr.-Ing. Uta Hassler
Fachliche Zuordnung Architektur, Bau- und Konstruktionsgeschichte, Bauforschung, Ressourcenökonomie im Bauwesen
Förderung Förderung von 2010 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 164804874
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das aus vier Teilprojekten interdisziplinär zusammengesetzte Forschungsteam bearbeitete das Werk des großen russischen Ingenieurs Šuchov aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert von verschiedenen Standpunkten. Archivforschung, historische Bauforschung, Tragwerksplanung, Konstruktionsgeschichte und ingenieurwissenschaftliche Methoden kamen zum Einsatz, ergänzt durch die Fachkompetenz von Kollegen und Kolleginnen insbesondere aus Russland und der Ukraine. Der Schwerpunkt der Untersuchungen lag auf den besonders innovativen hyperbolischen Türmen aus netzartigen Gitterstrukturen. Diese wurden für eine Vielzahl unterschiedlichster Aufgaben von Wasser- über Leucht- und Funktürme bis zu Strommasten herangezogen und stets mit hohem Planaufwand individuell auf ihre Nutzung von der Großform bis zum detaillierten Knotenpunkt abgestimmt. Erarbeitet wurde durch das DACH-Team ein umfangreicher Bestandskatalog, basierend einerseits auf archivalischen Recherchen mit historischem Plan-, Foto- und Schriftmaterial, andererseits auf Recherchen vor Ort in verschiedenen Ländern der ehemaligen GUS-Staaten. Hierbei konnte eine ganze Reihe bisher unbekannter Neufunde noch bestehender Türme verzeichnet werden. Erstmals bei Objekten dieser Art und Zeitstellung wurden bei einer Vielzahl ausgesuchter Monumente genaue Bauuntersuchungen vor Ort mit Methoden der Bauforschung durchgeführt, die zu einer bisher unerreichten Detailkenntnis der Objekte führten. Auf dem gesammelten Material konnten statische Untersuchungen aufbauen, die bis zu Windkanaltests anhand von maßstabsgerechten Modellen reichen. Besonders herausragende Turmkonstruktionen wie der Moskauer Funkturm Sabolovka, die NiGRES Stromtürme am Ufer der Oka (alle Russland), ausgesuchte Wassertürme und die beiden Leuchttürme in der Dnjepr-Mündung (Ukraine) wurden besonders weitgehenden Untersuchungen unterzogen. Der Technologiestand und die technologische Entwicklung des späten russischen Kaiserreichs und der frühen Sowjetunion bildeten einen wichtigen Hintergrund, um die Leistung Šuchovs in die Zeit einbetten zu können. Herausgearbeitet wurden die internationalen Verflechtungen mit dem damaligen Stand der Rechen- und Entwurfsmethoden, die Verwendung moderner Materialprüfungen und die Probleme bei der Errichtung der Türme fernab von zivilisierten Standorten. Auch Probleme wie die Analyse zweier Einstürze während des Baufortgangs konnten anhand neuer Archivfunde und der Spuren vor Ort behandelt werden. Neu sind auch die Befunde verschiedener Veränderungen an den Türmen im Laufe ihrer Nutzung, die bis zu einzelnen Translozierungen reichen. Die Türme beeindruckten – und sollten dies bewusst – die damaligen Zeitgenossen in der aufstrebenden Sowjetunion, nachvollziehbar in den Darstellungen von bildender Kunst, fotografischen Darstellungen und schriftlichen Berichten. Insgesamt erfährt das Werk Šuchovs durch das abgeschlossene Forschungsprojekt eine neue umfassende Würdigung. Seine vollkommen eigenständigen und aus dem gesamten internationalen Umfeld herausragenden, innovativen Erfindungen und ihre Umsetzung in die Praxis können durch das Projekt – wie wir meinen – eindrucksvoll dargestellt werden. Sie sichern Šuchov einen herausragenden Rang im Rahmen der internationalen Geschichte des Konstruierens, die die des Ingenieurs Gustave Eiffel noch übertreffen dürfte. Die durchgeführten Studien zu Form und Tragverhalten mit variierenden Formparametern und unterschiedlichen Vernetzungsformen zeigen die große Effizienz der von Suchov entwickelten Bauweise für Gittertürme auf und verdeutlichen das große bautechnische und architektonische Potential, welches durchaus zu einer Renaissance dieser fast in Vergessenheit geratenen Bauweise führen kann. Durch die Vielzahl unvorhergesehener Ergebnisse in den Teilprojekten dauern die gemeinschaftlichen Auswertungen noch an. Geplant und bereits in Arbeit ist eine umfangreiche, abschließende Werkmonographie. Radioprogramm „Die eisernen Riesen von Wladimir Schuchow“ on SRF (Schweizer Radio und Fernsehen) am 26. November 2011 http://www.srf.ch/sendungen/wissenschaftsmagazin/was-foerster-von-der-klimaforschung-erwarten Fernsehbericht bei dem ukrainischen Nachrichtensender ICTV über das Schuchow-Projekt am 13.08.2011 http://fakty.ictv.ua/ua/index/read-news/id/1455415 Fernsehbericht bei dem ukrainischen Nachrichtensender ICTV über das Schuchow-Projekt am 26.05.12 http://fakty.ictv.ua/ua/index/read-news/id/1447146 Internet-Interview gegen Demontage des Schabolovskaya Turms: http://archi.ru/russia/53890/ekaterina-nozhova-ya-ubezhdena-chto-shukhovskaya-bashnya-mozhetbyt-otrestavrirovana-na-meste Fernsehprogramm Tem vremenem … [Damalige Zeit], Russischer Fernseh-Kanal „Kultura“, 28.04.2014 Susanne Gurschler: Ein Meister aus Russland, in: Zukunft Forschung, Magazin für Wissenschaft und Forschung der Universität Innsbruck, Ausg. 02/10, S. 26 – 28 (Interview mit Rainer Graefe zum Šuchov-Forschungsprojekt)

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Rettungsaktionen für Šuchov-Bauten in der Region Nižnij Novgorod, in: Stahlbau 2, 2008, S. 99 – 104
    Gappoev, Murat; Graefe, Rainer
  • Ein russischer Pionier des Leichtbaus, Vladimir G. Šuchov, in: Konstruktiv 278, Juli 2010, S. 36 – 37
    Graefe, Rainer
  • Metalličeskie konstrukcii V. G. Šuchova – problemy issledovanija i sochranenija. [V. G. Šuchovs Eisenbauten – Erforschung und Erhaltung], in: MARCHi Hrg.), Architektonika inženera V. G. Šuchova, Moskau 2013, S. 28-31 [russ.]
    Grefe, Rajner:
 
 

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