Detailseite
Projekt Druckansicht

Mineralisierbarkeit und Rückhalt aufgenommener Sprengstoffrückstände in absterbenden Nadelbaumkompartimenten

Fachliche Zuordnung Pflanzenzüchtung, Pflanzenpathologie
Förderung Förderung von 2010 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 165421969
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Sprengstofftypische Verbindungen (STV) wie 2,4,6-Trinitrotoluol (TNT) und Hexahydro-1,3,5-trinitro-1,3,5-triazin (RDX, Hexogen) gefährden weltweit in großflächigen Bodenkontaminationsbereichen durch Niederschlagsauswaschung die Grundwasservorräte. Waldbildende Nadelbäume, wie Kiefern und Fichten, die die Vegetation sprengstoffbelasteter Areale oftmals dominieren, sind für den STV-Rückhalt von herausragender Bedeutung, da Nadelwälder als einzige Vegetationsform nachweislich einen effektiven Ganzjahres-Niederschlagsrückhalt gewährleisten und gleichzeitig durch STV-Aufnahme und STV-Akkumulation einen aktiven STV-Bodenentzug (Dendroremediation) bewirken können. Da Dauerrückhalt, Remobilisierungsrisiko und Mineralisierbarkeit von STV zu CO2 drei wesentliche Faktoren sind, die die Nachhaltigkeit und die Zuverlässigkeit von Dendroremediationseffekten bzw. die Wirksamkeit von natürlichen Bodendekontaminationsvorgängen (Natural Attenuation) bestimmen, sollten diese Faktoren an absterbenden Gehölzteilen von Fichten und Kiefern, die zuvor mit Hilfe von C-markiertem TNT und RDX „beladen“ wurden, radioanalytisch bilanziert und Einflussnahmemöglichkeiten durch Bodenzuschlagstoffe und potentielle Klimawandeleffekte geprüft werden. Anknüpfend an bereits laufende Langzeit-Mineralisierungsversuche aus einem Vorprojekt (KORA-Verbund des BMBF) konnte mittels Rotte-Reaktoren und Dendro-Inkubatoren erstmalig ganzheitliche Massenbilanzen des Lebenszyklusses von TNT und RDX für den Bereich Boden/Pflanze/Atmosphäre erstellt werden. Für TNT ist in Nadelgehölzen die durch Bodenaufnahme bewirkte Wurzelakkumulation (ca. 95 %) und die durch intensive Metabolisierung nachfolgende, umfangreiche Bildung von nicht-extrahierbaren Rückständen (NER) von quantitativ bestimmendem Einfluss auf die Langzeitbilanz: Durch diesen hohen NER- Anteil (ca. 90 %) bleiben selbst nach dreijähriger Bodenrotte von TNT-„beladenen“ Wurzeln noch bis zu 66 % nicht-remobilisierbar im Rottematerial gebunden; nur geringe Massenanteile (max. 10 %) werden als CO2 an die Atmosphäre abgegeben und mit 0,6 % fällt das Restauswaschungsrisiko relativ gering aus. Aufgenommenes TNT findet somit in Nadelgehölzen einen nachhaltig zuverlässigen Rückhalt. Eine (direkte) Wurzelraum-Mineralisierung lebender Gehölze spielt beim TNT mit ca. 4 % nur eine untergeordnete Rolle und (indirekte) Mineralisierungen in verrottendem Holz und Nadeln bleiben quantitativ unbedeutend. RDX unterscheidet sich schon auffällig durch seine sehr hohe Wurzelraum-Mineralisierung (ca. 30 %) in seinem Verhalten von TNT. In Dendro-Inkubatoren kann eine direkte RDX-Mineralisierung sogar an oberirdischen Baumteilen als CO2-Abgabe gemessen werden. Neben dieser hohen direkten Mineralisierung ist auch die indirekte Mineralisierung aus RDX-tragenden, dreijährig verrotteten Baumkompartimenten ungleich intensiver (Wurzeln 54 %; Holz 63 %; Nadeln 83 %) als beim TNT. Die Ursachen für den hohen Mineralisierbarkeitsanteil liegen beim RDX vorzugsweise in der relativ hohen Pflanzenbeweglichkeit bis in die oberirdischen Baumteile (z.B. Wurzeln:Holz:Nadeln = 40:10:50 %), der geringfügigen Umwandlung zu Reduktionsmetaboliten (ca. 1 %) und in der schwachen, zudem oft reversiblen, RDX-Bindung in Nadelgehölz-NER (9-20 %). Die Auswirkungen der aus der geringen NER-Festlegung resultierenden Remobilisierungsrisiken durch Wiederauswaschung von aufgenommenem RDX, sowie die Möglichkeiten für Neuaufnahme und Streuschicht-Mineralisierungen müssten Folgeuntersuchungen abklären. Maßnahmen zur Förderung natürlicher Selbstreinigungsprozesse (Enhanced Natural Attenuation, ENA), wie Bodenveränderung (z. B. Bodenlockerung) und die Applikation von lignolytischen Pilzen und Bodenzuschlagstoffen (Maissilage-Biogasfermentions-Rückstand, Rindegülle, Harnstoff, gemahlenes Roggenstroh oder homogenisierte Nadelgehölzreste) hatten auf die (indirekte) STV-Mineralisierung und die Remobilisierbarkeit bzw. STV-Restrückhalt keine fördernden Effekte oder zeigten sogar mineralisierungshemmende Wirkungen (Nadelgehölzreste). Bodenzugaben leicht verfügbarer Kohlehydrate führten lediglich zu vorübergehender Mineralisierungssteigerungen von etwa einem Monat und waren somit nicht nachhaltig. Simulierte Klimawandeleffekte wie z.B. Temperaturerhöhung, Bodenvernässung, -austrocknung und -verdichtung bewirkten ebenfalls kaum nachhaltige Steigerungen der Effektivität der indirekten STV-Mineralisierung bei verrottenden Nadelgehölzteilen von Kiefern und Fichten.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2010: Fate of the explosive TNT in Scots pine (Pinus sylvestris). 7th International Phytotechnology Society Conference; “Phytotechnologies in the 21st Century: Challenges after Copenhagen 2009: Remediation - Energy - Health - Sustainability”; Session POPs III (energetics). University of Parma, Italy, September 26th - 29th, 2010
    Schoenmuth B, Scharnhorst T, Schenke D, Pestemer W, Büttner, C
  • 2011: Langzeit-Schicksal des Sprengstoffes 2,4,6-Trinitrotoluol im System Boden-Nadelbaum-Atmosphäre. Jahrestagung der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft an der Technischen Universität Berlin und dem Helmholtz-Zentrum Potsdam, „Böden verstehen - Böden nutzen - Böden fit machen“. 3.-9. 9. 2011 an der Technischen Universität Berlin
    Schoenmuth B, Schenke D, Scharnhorst T, Büttner C, Pestemer W
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung