Die geschenkte Stadt - ein Forschungsprojekt zum Mäzenatentum in der deutschen Stadtentwicklung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des Forschungsprojekts war es, den unterschiedlichen Stellenwert des Mäzenatentums in deutschen Städten hinsichtlich der Stadtentwicklung herauszuarbeiten und strategische Interaktionen zwischen den involvierten Akteuren zu analysieren. Ausgangspunkte der Untersuchung waren dabei die enger werdenden finanziellen Handlungsspielräume vieler deutscher Städte und Gemeinden sowie die steigende Ungleichverteilung des Reichtums in Deutschland bei wachsender Bereitschaft wohlhabender Einzelpersonen, Teile ihres Vermögens über Stiftungen oder andere Organisationsformen der Gesellschaft zurückzugeben. Vor diesem Hintergrund wurde gefragt, ob und wie die kommunale Politik und Verwaltung bei stadtentwicklungspolitisch relevanten Projekten von einem finanziellen Engagement aus ihrer Bürgerschaft profitieren kann. Die beiden zentralen Forschungsfragen beziehen sich auf die unterschiedliche räumliche Verteilung der Städte und Gemeinden in Deutschland, in denen Mäzenatentum eine Rolle spielt (Stadtspezifika), sowie die vielfältigen Auswirkungen auf das kommunale Handeln durch den Einsatz solcher privaten Finanzmittel (Projektspezifika). Im Rahmen der eigenen Empirie wurde eine Befragung aller 82 deutschen Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnern sowie aller 396 Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen zur Rolle des Mäzenatentums in den jeweiligen Städten durchgeführt. Für die beiden Arbeitsfelder der "Projekt- und Stadtspezifika" wurden zudem 24 qualitative Interviews mit verschiedenen Experten aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und der Zivilgesellschaft geführt. Hinzu kamen eine umfassende Zeitungsanalyse für ausgewählte Projekte, eine bundesweite schriftliche Befragung von rund 5.000 Stiftungen in 22 deutschen Großstädten sowie 16 qualitative Interviews mit Vertretern von Stiftungen. Als ein zentrales Ergebnis zur Erklärung regionaler Unterschiede bei der Verbreitung von Mäzenatentum in deutschen Städten zeigt sich, dass bis heute lange Traditionslinien in diesem Politikfeld wirksam sind. Die jahrzehntelange Prosperität mit entsprechenden Unternehmerbiografien und dem dazugehörigen Vermögensaufbau ist in einigen deutschen Städten die Basis eines wachsenden Mäzenatentums. Für eine erfolgreiche Kooperation ist ein sensibler Umgang der städtischen Akteure mit den Mäzenen erforderlich, da sich deren Engagement in einem sehr eigenen Spannungsverhältnis von Zurückhaltung, aber auch dem Bedürfnis nach gesellschaftlicher Anerkennung abspielt. Als eine zentrale Erkenntnis einzelner Projekte zeigt sich, dass es vielfach noch an eingespielten Routinen beim Umgang mit Mäzenen mangelt. In Einzelfällen kann es zu Konflikten bzgl. gesamtstädtischer Zielsetzungen führen, wenn Mäzene die Regeln kommunalen Handelns unzureichend berücksichtigen. Ein steigendes Engagement der Mäzene kann jedoch den Städten zugutekommen, wenn beide Seiten gegenseitige Vorbehalte zurückstellen. Die Ergebnisse zeigen, dass in der Konsequenz eines nur noch eingeschränkt leistungsfähigen oder -willigen Staates Freiräume und zugleich Anlässe für mäzenatisches Handeln entstanden sind. Dieses Engagement ist dabei im Kontext aktueller stadtentwicklungspolitischer Herausforderungen zu bewerten. Ausgehend von seiner spezifischen Handlungslogik und Leistungsfähigkeit wird sich das Mäzenatentum einen angemessenen Platz im aktuellen Geflecht der Akteure in der Stadtentwicklung suchen. Dieser Prozess wird nicht geradlinig, sondern vielmehr ein Erproben sein, bei dem Themen besetzt, Innovationen getestet und unterschiedliche Kooperationen mit verschiedenen Akteuren eingegangen werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Die gescheiterte Stadt. Mäzenatentum in der deutschen Stadtentwicklung. In: Forum Wohnen und Stadtentwicklung 11, H.6, S. 327-334
Faller, B., Wiegandt, C.-C.
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(2011): Die städtische Philanthropie auf dem Weg ins Politische. In: polis - Magazin für Urban Developement 18, s02, S.38-43
Faller, B.