Wasserbewirtschaftung, Hydrotechnik und Wasserarchitektur von Minturnae (Südlatium)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In einer Einführung, zehn Hauptkapiteln mit Unterteilungen sowie einer Schlußbetrachtung werden die Bauten und Befunde der Wasserbewirtschaftung (Versorgung und Verteilung – Nutzung – Entsorgung – weitere Aspekte) und der Wasserarchitektur von Minturnae beschrieben und analysiert und anschließend in einen größeren archäologischen, wassertechnischen und historischen Zusammenhang gestellt. Im Mittelpunkt stehen das Endstück der Fernleitung (‚Aquädukt‘) mit dem Verteilerbauwerk (castellum aquae), der Wasserturm am westlichen cardo, die Thermen am Forum, die beiden Nymphäen an der Südost- und der Südwestecke des ‚Foro Repubblicano‘ sowie drei domus als Vertreter des privaten Sektors; auch das System der Abwasserbeseitigung nimmt einen wichtigen Platz ein. Grundlagen sind die Bauaufnahme der Bauten und Befunde, ihre archäologische Untersuchung, der Beitrag der Ingenieurwissenschaften zu den technischen Aspekten sowie die Auswertung von textlichen, graphischen und photographischen Archivalien, die in einer Forschungssituation, die praktisch undokumentiert und unveröffentlicht ist, eine große Rolle spielen. Unbedingt zu berücksichtigen ist auch die Tatsache, daß das ausgegrabene Stadtgebiet nur einen geringen Teil der Bauten der Wasserarchitekur hat zutage treten lassen und daß weit mehr vorausgesetzt werden müssen. Die wasserwirtschaftlichen Einrichtungen der Stadt werden nicht isoliert gesehen, sondern einer vergleichenden Analyse unterzogen; hierbei spielen die Parallelen aus den Vesuvstädten eine große Rolle. Es ergibt sich ein Gesamtbild, das drei wasserwirtschaftliche Phasen im Leben der Stadt deutlich werden läßt: eine frühe Periode, in der der lebensnotwendige ‚Rohstoff‘ aus Tiefbrunnen und durch das Sammeln von Regenwasser mühsam gewonnen werden mußte. In augusteischer Zeit erfährt Minturnae durch den Bau der Fernleitung einen tiefgreifenden Wandel, der sich im Laufe der folgenden Jahrzehnte städtebaulich wie soziokulturell stark auswirkt, und zwar durch den Bau von monumentaler ‚Wasserarchitektur‘, die fortan aus dem Leben der Stadt nicht mehr fortzudenken ist. In der Spätphase fällt das Niveau von Wasserversorgung und –nutzung auf dasjenige der Frühphase zurück. Die Bauten der Wasserbewirtschaftung und der Wasserarchitektur sind unter technischen Aspekten gesehen dem Standard zuzurechnen, sie weisen nur wenige Besonderheiten auf. Architektur und dekorative Ausstattung sind vergleichsweise bescheiden zu nennen, lediglich einzelne Thermensäle scheinen davon abzuweichen. Die anhand dieser exemplarischen Analyse gewonnenen Erkenntnisse lassen sich zu einem Gesamtbild zusammenfügen, das den Stellenwert der ‚Wasserkultur‘ in der Urbanistik und in Bezug auf das soziale wie kulturelle Leben in einer Stadt wie Minturnae beispielhaft konkretisiert. Es wird jedoch auch deutlich, daß die römischen Ingenieure – und die spezialisierten Handwerker – in nicht geringem Maße zu dieser Entwicklung beigetragen haben. Es dürfte nicht übertrieben sein zu behaupten, daß ohne ihren Beitrag die römische Stadt generell ein anderes Gesicht gehabt hätte.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Wasser für Minturnae/Latium – Die Wasserversorgung der römischen Stadt an der tyrrhenischen Brücke, in: Wasser am Limes und im Hohenloher Land/Geschichte und Gegenwart des Mains und seiner Hochwasser, Schriften der Deutschen Wasserhistorischen Gesellschaft 14 (Siegburg 2010) 151‒161
Matthias Döring
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Die Ziegelmarken am Aquädukt von Minturnae, Bonner Jahrbücher Bd. 212 (Darmstadt 2012), S. 35-50
Klaus Grewe