Immobilienmärkte in Santiago de Chile: Akteure, Netzwerke und Macht
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Regionale Immobilienmärkte und implizit urbane Entwicklungsprozesse werden oft von wenigen Akteuren, wie Immobilienunternehmen, Organisationen der öffentlichen Verwaltung und einzelnen Personen dominiert. Zwar gibt es zahlreiche Studien zu regionalen Immobilienmärkten, diese widmen sich aber meist ökonometrischen Analysen, untersuchen Fragen des Immobilien- bzw. Projektmanagements oder diskutieren aus stadtgeographischer Perspektive die Suburbanisierungs- und Flächennutzungsmuster. Es fehlen aber bisher fundierte Analysen der Akteursnetzwerke im Markt; Verantwortungszuschreibungen für teilweise unerwünschte Entwicklung erfolgen oft pauschalisierend. Das vorliegende wirtschaftsgeographische Forschungsprojekt zeigt am Beispiel der Stadt Santiago de Chile die Bedeutung sowohl formeller als auch informeller Netzwerke im Immobilienmarkt und thematisiert deren Auswirkungen auf räumliche Entwicklungsprozesse. Die Wahl des Untersuchungsraumes ist durch strukturelle Merkmale wie massive Suburbanisierungsprozesse, die Dominanz von Großprojekten und hohe Marktkonzentration begründet. Die theoretische Basis des Projektes stellen netzwerk- und machttheoretische Zugänge dar, welche darauf abzielen, unterschiedliche Steuerungsmechanismen deutlich zu machen. Die Methodik greift auf eine neu entwickelte Datenbank zurück, welche es erlaubt, Akteuren und deren Verbindungen umfassend zu registrieren und zu analysieren. Ergänzend und zur verbesserten Interpretation aufgedeckter Zusammenhänge werden vier Fallstudien mit Verfahren qualitativer Sozialforschung ausgearbeitet. Das Projekt zeigt die Tragfähigkeit des entwickelten Tools zur Datensystematisierung, -aufbereitung und Visualisierung. Es ermöglicht, die relevanten Akteure zu identifizieren und zu Subgruppen zusammenzufassen, um auf diese Weise die entscheidenden Akteurskonstellationen und deren Ressourcenzugang zu analysieren. Es lassen sich einzelne Akteure in strategischen Positionen, zum Beispiel an entscheidenden Verbindungsstellen zwischen Teilnetzen erkennen. Dies weist auf die Kontrolle des Netzwerkzugangs sowie einen besseren Ressourcenzugriff hin. Anhand der Fallstudien konnten einzelne Konflikte detailliert untersucht sowie Machtakte isoliert und diskutiert werden. Zudem ermöglichten die Fallstudien es, die Instabilität von Macht und Aushandlungsprozesse aufzuzeigen. Gerade die Kombination aus Datenbankanalyse und Fallstudien ermöglicht ein systematisches Erfassen der Strukturen und verbessertes Verständnis für die Kausalitäten und die Bedeutung der Pfadabhängigkeit und der Kontextualität für die Erklärung aktueller Handlungen der Akteure. Es war wichtiges Ziel der Untersuchung ein innovatives, neues Instrumentarium zur Analyse von Machtstrukturen und Netzwerken in Märkten herauszuarbeiten. Zahlreiche technische und konzeptionelle Anpassungen der Datenbank im Verlauf der Arbeiten sind Ausdruck dieses innovativen Charakters. Sie manifestieren sich auch in einem Pflichtenheft für die Weiterentwicklung und fortlaufende Pflege des genannten Analysetools. Dies ist von besonderer Relevanz, da sich von Seiten privatwirtschaftlicher Unternehmen und öffentlicher Entscheidungsträger herausragendes Interesse an der entwickelten Datenbank zeigte. Ergebnisse der Arbeit werden demnächst in der führenden wirtschaftsorientierten Publikumszeitschrift präsentiert.