Elektrokinetisches Pumpen in Mikrokanälen mit superhydrophoben Oberflächen
Elektronische Halbleiter, Bauelemente und Schaltungen, Integrierte Systeme, Sensorik, Theoretische Elektrotechnik
Mikrosysteme
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Kommt Wasser in Kontakt mit einem festen Material, so entsteht eine 1-2 nm dicke Schicht (der sog. ”hydration layer”), in der sich die Kontinuumseigenschaften von Wasser deutlich verändern. Vor dem Hintergrund des mikrofluidischen Pumpens mit elektrischen Feldern (Elektroosmose) wurde zunächst die Reaktion des hydration layer auf externe elektrische Felder intensiv untersucht. Mit Hilfe von Molekulardynamik-Computersimulationen wurde die ortsabhängige Dielektrizitätskonstante e(z) als Funktion des Abstandes z von der Grenzfläche bestimmt. Darauf aufbauend konnten wir eine Vielzahl von experimentellen Messungen zur Kapazität des ionischen double-layers quantitativ erklären, was bis dato nur durch die ad hoc Einführung eines zusätzlichen Fit-Parameters (dem sog. ”Stern-layer”) in die theoretischen Modelle möglich war. In einem zweiten Teilprojekt konnten wir ein Design für eine neuartige mikrofluidische Pumpe entwickeln, welche im Gegensatz zur klassischen Elektroosmose keine Salz-Ionen benötigt. Das in unseren Simulationen betrachtete Beispielsystem besteht aus einer wassergefällten Kohlenstoffnanoröhre, an der zwei oder mehrere Nanoelektroden angebracht werden. An diese Elektroden wird eine zeitlich veränderliche Spannung angelegt, wobei die Phase sich von einer Elektrode zur nächsten um jeweils ca. 90° verschiebt. Das resultierende E-Feld hat die Struktur einer laufenden Welle, welche die Wasserdipole mit sich mitzieht. Ein theoretisches Modell dieses Mechanismus zeigt gute Übereinstimmung mit den Simulationsergebnissen. Ein wichtiger Parameter, der fär die Theorie zur Nanopumpe an Simulationsdaten gefittet wurde, ist hierbei die dielektrische Konstante des Wassers in der CNT. Zur direkten Berechnung dieses Wertes haben wir eine Methode entwickelt, die momentan auf entsprechende Simulationen angewandt wird. Befindet sich ein Material in einem zeitlich veränderlichen E-Feld, erwärmt es sich, indem es Energie aus dem E-Feld absorbiert. Neben dem projektbezogenen Hintergrund des Pumpens mit zeitlich veränderlichen Feldern (AC electroosmosis) stand in diesem Teilprojekt vor allem die Absorption elektromagnetischer Strahlung, wie sie in der Telekommunikation verwendet wird, durch biologische Materialien im Vordergrund. An planaren Modell-Grenzflächen konnten wir eine starke Anisotropie feststellen, d.h. die Menge an absorbierter Energie hängt ganz wesentlich davon ab, ob die elektromagnetische Welle senkrecht oder parallel zur Grenzfläache eingestrahlt wird. Besonders im senkrechten Fall unterscheidet sich das Absorptionsspektrum außerdem drastisch von Bulk-Wasser: so verschiebt sich das Absorptionsmaximum von 15GHz in bulk auf über 100GHz im hydration layer. Die bisher gültigen Grenzwerte für die elektromagnetische Strahlungbelastung, z.B. durch Sendemasten, bestimmen sich im Wesentlichen durch Experimente, in denen die räumlich gemittelte Erwärmung von biologischem Gewebe gemessen wird. Diese Messungen lassen eine mögliche lokale Erwärmung an neuralgischen Punkten innerhalb einer Zelle, also auf einer Längenskala von Nanometern, außer acht. Ein möglicher solcher Punkt sind Zellmembranen, in denen aufgrund des hohen Dipolmoments der Membranmoleküle (Lipid-Kopfgruppen) eine hohe Energieabsorption zu erwarten ist. Mit Hilfe der im vorherigen Schritt entwickelten Methodik haben wir das anisotrope, ortsaufgelöste Absorptionsspektrum in Zellmembranen bestehend aus Lipid-Molekuälen und dem angrenzenden hydration layer quantitativ bestimmt. Diese Ergebnisse wurden dann in ein analytisches Wärmeleitungs-Modell eingebracht, welches es uns erlaubte, die Temperaturerhöhung sowohl in einer einzelnen Zelle als auch einer Schicht von einigen hundert Modell-Zellen unter dem Einfluss elektromagnetischer Strahlung vorherzusagen. Ausgehend von der Strahlungsleitung handelsüblicher Mobiltelefone konnten wir eine maximale Erwärmung um einige micro-Kelvin feststellen, die somit keine physiologische Relevanz haben durfte. Als Nebenprojekt haben wir die Diffusion von Wassermolekülen in Zellmembranen untersucht.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Dielectric Profile of Interfacial Water and its Effect on Double-Layer Capacitance. Phys. Rev. Lett. 107, 166102 (2011)
Bonthuis, D. J., Gekle, S. & Netz, R. R.
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Anisotropy in the dielectric spectrum of hydration water and its relation to water dynamics. J. Chem. Phys. 137, 104704 (2012)
Gekle, S. & Netz, R. R.
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Nanoscale Pumping of Water by AC Electric Fields. Nano Lett. 12, 1780–1783 (2012)
Rinne, K. F., Gekle, S., Bonthuis, D. J. & Netz, R. R.
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Profile of the Static Permittivity Tensor of Water at Interfaces: Consequences for Capacitance, Hydration Interaction and Ion Adsorption. Langmuir 28, 7679–7694 (2012)
Bonthuis, D. J., Gekle, S. & Netz, R. R.
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Anomalous Anisotropic Diffusion Dynamics of Hydration Water at Lipid Membranes. Phys. Rev. Lett. 111, 118103 (2013)
von Hansen, Y., Gekle, S. & Netz, R. R.
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Comment on “Anomalous Dielectric Behavior of Nanoconfined Electrolytic Solutions”. Phys. Rev. Lett. 111, 089801 (2013)
Gekle, S. & Arnold, A.
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Nanometer-resolved radio-frequency absorption and heating in biomembrane hydration layers. J. Phys. Chem. B , 2014, 118, 18, 4963-4969
Gekle, S. & Netz, R. R.